Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.Vorrede. man sich davon nicht blenden lassen: in Wahr-heit unterscheiden sich die Päpste der verschiede- nen Zeitalter nicht viel anders als die Dynastien eines Reiches. Für uns, die wir außerhalb stehen, ist gerade die Beobachtung dieser Umwandlungen von dem vornehmsten Interesse. Es erscheint in ihnen ein Theil der allgemeinen Geschichte, der ge- sammten Weltentwickelung. Nicht allein in den Pe- rioden einer unbezweifelten Herrschaft, sondern viel- leicht noch mehr alsdann, wenn Wirkung und Ge- genwirkung auf einander stoßen, wie in den Zei- ten, die das gegenwärtige Buch umfassen soll, in dem sechszehnten und siebzehnten Jahrhundert, wo wir das Papstthum gefährdet, erschüttert, sich dennoch behaupten und befestigen, ja aufs neue ausbreiten, eine Zeitlang vordringen, endlich aber wieder einhalten, und einem abermaligen Verfalle zuneigen sehen: Zeiten, in denen sich der Geist der abendländischen Nationen vorzugsweise mit kirchlichen Fragen beschäftigte und jene Gewalt, die von den einen verlassen und angegriffen, von den andern festgehalten und mit frischem Eifer ver- theidigt wurde, nothwendig eine erhöhte allgemeine Bedeutung bekam. Sie von diesem Gesichtspunct aus zu fassen, fordert uns unsre natürliche Stellung auf und will ich nun versuchen. * * Vorrede. man ſich davon nicht blenden laſſen: in Wahr-heit unterſcheiden ſich die Päpſte der verſchiede- nen Zeitalter nicht viel anders als die Dynaſtien eines Reiches. Für uns, die wir außerhalb ſtehen, iſt gerade die Beobachtung dieſer Umwandlungen von dem vornehmſten Intereſſe. Es erſcheint in ihnen ein Theil der allgemeinen Geſchichte, der ge- ſammten Weltentwickelung. Nicht allein in den Pe- rioden einer unbezweifelten Herrſchaft, ſondern viel- leicht noch mehr alsdann, wenn Wirkung und Ge- genwirkung auf einander ſtoßen, wie in den Zei- ten, die das gegenwärtige Buch umfaſſen ſoll, in dem ſechszehnten und ſiebzehnten Jahrhundert, wo wir das Papſtthum gefährdet, erſchüttert, ſich dennoch behaupten und befeſtigen, ja aufs neue ausbreiten, eine Zeitlang vordringen, endlich aber wieder einhalten, und einem abermaligen Verfalle zuneigen ſehen: Zeiten, in denen ſich der Geiſt der abendländiſchen Nationen vorzugsweiſe mit kirchlichen Fragen beſchäftigte und jene Gewalt, die von den einen verlaſſen und angegriffen, von den andern feſtgehalten und mit friſchem Eifer ver- theidigt wurde, nothwendig eine erhöhte allgemeine Bedeutung bekam. Sie von dieſem Geſichtspunct aus zu faſſen, fordert uns unſre natürliche Stellung auf und will ich nun verſuchen. * * <TEI> <text> <front> <div n="1"> <p><pb facs="#f0023" n="XVII"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Vorrede</hi>.</fw><lb/> man ſich davon nicht blenden laſſen: in Wahr-<lb/> heit unterſcheiden ſich die Päpſte der verſchiede-<lb/> nen Zeitalter nicht viel anders als die Dynaſtien<lb/> eines Reiches. Für uns, die wir außerhalb ſtehen,<lb/> iſt gerade die Beobachtung dieſer Umwandlungen<lb/> von dem vornehmſten Intereſſe. Es erſcheint in<lb/> ihnen ein Theil der allgemeinen Geſchichte, der ge-<lb/> ſammten Weltentwickelung. Nicht allein in den Pe-<lb/> rioden einer unbezweifelten Herrſchaft, ſondern viel-<lb/> leicht noch mehr alsdann, wenn Wirkung und Ge-<lb/> genwirkung auf einander ſtoßen, wie in den Zei-<lb/> ten, die das gegenwärtige Buch umfaſſen ſoll, in<lb/> dem ſechszehnten und ſiebzehnten Jahrhundert, wo<lb/> wir das Papſtthum gefährdet, erſchüttert, ſich<lb/> dennoch behaupten und befeſtigen, ja aufs neue<lb/> ausbreiten, eine Zeitlang vordringen, endlich aber<lb/> wieder einhalten, und einem abermaligen Verfalle<lb/> zuneigen ſehen: Zeiten, in denen ſich der Geiſt<lb/> der abendländiſchen Nationen vorzugsweiſe mit<lb/> kirchlichen Fragen beſchäftigte und jene Gewalt,<lb/> die von den einen verlaſſen und angegriffen, von<lb/> den andern feſtgehalten und mit friſchem Eifer ver-<lb/> theidigt wurde, nothwendig eine erhöhte allgemeine<lb/> Bedeutung bekam. Sie von dieſem Geſichtspunct<lb/> aus zu faſſen, fordert uns unſre natürliche Stellung<lb/> auf und will ich nun verſuchen.</p><lb/> <p> <hi rendition="#et">* *</hi> </p><lb/> </div> </front> </text> </TEI> [XVII/0023]
Vorrede.
man ſich davon nicht blenden laſſen: in Wahr-
heit unterſcheiden ſich die Päpſte der verſchiede-
nen Zeitalter nicht viel anders als die Dynaſtien
eines Reiches. Für uns, die wir außerhalb ſtehen,
iſt gerade die Beobachtung dieſer Umwandlungen
von dem vornehmſten Intereſſe. Es erſcheint in
ihnen ein Theil der allgemeinen Geſchichte, der ge-
ſammten Weltentwickelung. Nicht allein in den Pe-
rioden einer unbezweifelten Herrſchaft, ſondern viel-
leicht noch mehr alsdann, wenn Wirkung und Ge-
genwirkung auf einander ſtoßen, wie in den Zei-
ten, die das gegenwärtige Buch umfaſſen ſoll, in
dem ſechszehnten und ſiebzehnten Jahrhundert, wo
wir das Papſtthum gefährdet, erſchüttert, ſich
dennoch behaupten und befeſtigen, ja aufs neue
ausbreiten, eine Zeitlang vordringen, endlich aber
wieder einhalten, und einem abermaligen Verfalle
zuneigen ſehen: Zeiten, in denen ſich der Geiſt
der abendländiſchen Nationen vorzugsweiſe mit
kirchlichen Fragen beſchäftigte und jene Gewalt,
die von den einen verlaſſen und angegriffen, von
den andern feſtgehalten und mit friſchem Eifer ver-
theidigt wurde, nothwendig eine erhöhte allgemeine
Bedeutung bekam. Sie von dieſem Geſichtspunct
aus zu faſſen, fordert uns unſre natürliche Stellung
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