Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite
Ausbildung des jesuitischen Institutes.

Mit der Idee dieser Gesellschaft hängt es sehr wohl
zusammen, daß keines ihrer Mitglieder eine geistliche Würde
bekleiden sollte. Es würde Pflichten zu erfüllen gehabt
haben, in Verhältnisse gerathen seyn, die nicht mehr zu
beaufsichtigen waren. Wenigstens im Anfange hielt man
auf das strengste darüber. Jay wollte und durfte das
Bisthum Triest nicht annehmen; -- als Ferdinand I., der
es ihm angetragen, auf ein Schreiben des Ignatius, von
seinem Wunsche abstand, ließ dieser feierliche Messen hal-
ten und ein Tedeum anstimmen 1).

Ein anderes Moment ist, daß so wie die Gesellschaft
sich im Ganzen beschwerlicher Gottesverehrungen überhob,
auch die Einzelnen angewiesen wurden, die religiösen Ue-
bungen nicht zu übertreiben. Mit Fasten, Nachtwachen
und Casteiungen soll man weder seinen Körper schwächen,
noch dem Dienste des Nächsten zu viel Zeit entziehen. Auch
in der Arbeit wird empfohlen, Maaß zu halten. Man soll
das muthige Roß nicht allein spornen, sondern auch zäh-
men: man soll sich nicht mit so viel Waffen beschweren,
daß man dieselben nicht anwenden könne: man soll sich
nicht dergestalt mit Arbeit überhäufen, daß die Freiheit des
Geistes darunter leide 2).

Es leuchtet ein, wie sehr die Gesellschaft alle ihre
Mitglieder gleichsam als ihr Eigenthum besitzen, aber da-

1) Excerpt aus dem liber memorialis des Ludovicus Consal-
vus: quod desistente rege S. Ignatius indixerit missas, et Te-
deum laudamus, in gratiarum actionem. Commentarius praevius
in AA. SS. Julii VII. nr.
412.
2) Constitutiones V, 3, 1. Epistola Ignatii ad fratres qui
sunt in Hispania. Corpus institutorum. II,
540.
Ausbildung des jeſuitiſchen Inſtitutes.

Mit der Idee dieſer Geſellſchaft haͤngt es ſehr wohl
zuſammen, daß keines ihrer Mitglieder eine geiſtliche Wuͤrde
bekleiden ſollte. Es wuͤrde Pflichten zu erfuͤllen gehabt
haben, in Verhaͤltniſſe gerathen ſeyn, die nicht mehr zu
beaufſichtigen waren. Wenigſtens im Anfange hielt man
auf das ſtrengſte daruͤber. Jay wollte und durfte das
Bisthum Trieſt nicht annehmen; — als Ferdinand I., der
es ihm angetragen, auf ein Schreiben des Ignatius, von
ſeinem Wunſche abſtand, ließ dieſer feierliche Meſſen hal-
ten und ein Tedeum anſtimmen 1).

Ein anderes Moment iſt, daß ſo wie die Geſellſchaft
ſich im Ganzen beſchwerlicher Gottesverehrungen uͤberhob,
auch die Einzelnen angewieſen wurden, die religioͤſen Ue-
bungen nicht zu uͤbertreiben. Mit Faſten, Nachtwachen
und Caſteiungen ſoll man weder ſeinen Koͤrper ſchwaͤchen,
noch dem Dienſte des Naͤchſten zu viel Zeit entziehen. Auch
in der Arbeit wird empfohlen, Maaß zu halten. Man ſoll
das muthige Roß nicht allein ſpornen, ſondern auch zaͤh-
men: man ſoll ſich nicht mit ſo viel Waffen beſchweren,
daß man dieſelben nicht anwenden koͤnne: man ſoll ſich
nicht dergeſtalt mit Arbeit uͤberhaͤufen, daß die Freiheit des
Geiſtes darunter leide 2).

Es leuchtet ein, wie ſehr die Geſellſchaft alle ihre
Mitglieder gleichſam als ihr Eigenthum beſitzen, aber da-

1) Excerpt aus dem liber memorialis des Ludovicus Conſal-
vus: quod desistente rege S. Ignatius indixerit missas, et Te-
deum laudamus, in gratiarum actionem. Commentarius praevius
in AA. SS. Julii VII. nr.
412.
2) Constitutiones V, 3, 1. Epistola Ignatii ad fratres qui
sunt in Hispania. Corpus institutorum. II,
540.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0249" n="223"/>
          <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ausbildung des je&#x017F;uiti&#x017F;chen In&#x017F;titutes</hi>.</fw><lb/>
          <p>Mit der Idee die&#x017F;er Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft ha&#x0364;ngt es &#x017F;ehr wohl<lb/>
zu&#x017F;ammen, daß keines ihrer Mitglieder eine gei&#x017F;tliche Wu&#x0364;rde<lb/>
bekleiden &#x017F;ollte. Es wu&#x0364;rde Pflichten zu erfu&#x0364;llen gehabt<lb/>
haben, in Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e gerathen &#x017F;eyn, die nicht mehr zu<lb/>
beauf&#x017F;ichtigen waren. Wenig&#x017F;tens im Anfange hielt man<lb/>
auf das &#x017F;treng&#x017F;te daru&#x0364;ber. Jay wollte und durfte das<lb/>
Bisthum Trie&#x017F;t nicht annehmen; &#x2014; als Ferdinand <hi rendition="#aq">I.</hi>, der<lb/>
es ihm angetragen, auf ein Schreiben des Ignatius, von<lb/>
&#x017F;einem Wun&#x017F;che ab&#x017F;tand, ließ die&#x017F;er feierliche Me&#x017F;&#x017F;en hal-<lb/>
ten und ein Tedeum an&#x017F;timmen <note place="foot" n="1)">Excerpt aus dem <hi rendition="#aq">liber memorialis</hi> des Ludovicus Con&#x017F;al-<lb/>
vus: <hi rendition="#aq">quod desistente rege S. Ignatius indixerit missas, et Te-<lb/>
deum laudamus, in gratiarum actionem. Commentarius praevius<lb/>
in AA. SS. Julii VII. nr.</hi> 412.</note>.</p><lb/>
          <p>Ein anderes Moment i&#x017F;t, daß &#x017F;o wie die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft<lb/>
&#x017F;ich im Ganzen be&#x017F;chwerlicher Gottesverehrungen u&#x0364;berhob,<lb/>
auch die Einzelnen angewie&#x017F;en wurden, die religio&#x0364;&#x017F;en Ue-<lb/>
bungen nicht zu u&#x0364;bertreiben. Mit Fa&#x017F;ten, Nachtwachen<lb/>
und Ca&#x017F;teiungen &#x017F;oll man weder &#x017F;einen Ko&#x0364;rper &#x017F;chwa&#x0364;chen,<lb/>
noch dem Dien&#x017F;te des Na&#x0364;ch&#x017F;ten zu viel Zeit entziehen. Auch<lb/>
in der Arbeit wird empfohlen, Maaß zu halten. Man &#x017F;oll<lb/>
das muthige Roß nicht allein &#x017F;pornen, &#x017F;ondern auch za&#x0364;h-<lb/>
men: man &#x017F;oll &#x017F;ich nicht mit &#x017F;o viel Waffen be&#x017F;chweren,<lb/>
daß man die&#x017F;elben nicht anwenden ko&#x0364;nne: man &#x017F;oll &#x017F;ich<lb/>
nicht derge&#x017F;talt mit Arbeit u&#x0364;berha&#x0364;ufen, daß die Freiheit des<lb/>
Gei&#x017F;tes darunter leide <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Constitutiones V, 3, 1. Epistola Ignatii ad fratres qui<lb/>
sunt in Hispania. Corpus institutorum. II,</hi> 540.</note>.</p><lb/>
          <p>Es leuchtet ein, wie &#x017F;ehr die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft alle ihre<lb/>
Mitglieder gleich&#x017F;am als ihr Eigenthum be&#x017F;itzen, aber da-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[223/0249] Ausbildung des jeſuitiſchen Inſtitutes. Mit der Idee dieſer Geſellſchaft haͤngt es ſehr wohl zuſammen, daß keines ihrer Mitglieder eine geiſtliche Wuͤrde bekleiden ſollte. Es wuͤrde Pflichten zu erfuͤllen gehabt haben, in Verhaͤltniſſe gerathen ſeyn, die nicht mehr zu beaufſichtigen waren. Wenigſtens im Anfange hielt man auf das ſtrengſte daruͤber. Jay wollte und durfte das Bisthum Trieſt nicht annehmen; — als Ferdinand I., der es ihm angetragen, auf ein Schreiben des Ignatius, von ſeinem Wunſche abſtand, ließ dieſer feierliche Meſſen hal- ten und ein Tedeum anſtimmen 1). Ein anderes Moment iſt, daß ſo wie die Geſellſchaft ſich im Ganzen beſchwerlicher Gottesverehrungen uͤberhob, auch die Einzelnen angewieſen wurden, die religioͤſen Ue- bungen nicht zu uͤbertreiben. Mit Faſten, Nachtwachen und Caſteiungen ſoll man weder ſeinen Koͤrper ſchwaͤchen, noch dem Dienſte des Naͤchſten zu viel Zeit entziehen. Auch in der Arbeit wird empfohlen, Maaß zu halten. Man ſoll das muthige Roß nicht allein ſpornen, ſondern auch zaͤh- men: man ſoll ſich nicht mit ſo viel Waffen beſchweren, daß man dieſelben nicht anwenden koͤnne: man ſoll ſich nicht dergeſtalt mit Arbeit uͤberhaͤufen, daß die Freiheit des Geiſtes darunter leide 2). Es leuchtet ein, wie ſehr die Geſellſchaft alle ihre Mitglieder gleichſam als ihr Eigenthum beſitzen, aber da- 1) Excerpt aus dem liber memorialis des Ludovicus Conſal- vus: quod desistente rege S. Ignatius indixerit missas, et Te- deum laudamus, in gratiarum actionem. Commentarius praevius in AA. SS. Julii VII. nr. 412. 2) Constitutiones V, 3, 1. Epistola Ignatii ad fratres qui sunt in Hispania. Corpus institutorum. II, 540.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/249
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/249>, abgerufen am 21.11.2024.