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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Buch III. Die Päpste um d. Mitte d. 16. Jahrh.
Aufsicht gestattete, begünstigt, die neuen Meinungen in
Frankreich und den Niederlanden gewaltig vordrangen.

Paul IV. bestieg den römischen Stuhl. Er hätte die-
sen Gang der Dinge ins Auge fassen, und vor allem den
Frieden herstellen sollen. Aber mit blinder Leidenschaft
stürzte er sich in die Bewegung. Und so mußte ihm, dem
heftigsten Zeloten, begegnen, daß er selber die Ausbreitung
des Protestantismus, den er haßte, verabscheute und ver-
folgte, mehr, als vielleicht irgend Einer seiner Vorgänger,
beförderte.

Erinnern wir uns nur seiner Einwirkung auf Eng-
land!

Der erste Sieg der neuen Meinungen in diesem Lande
war lange nicht vollkommen: es bedurfte nur eines Rück-
trittes der Staatsgewalt, nichts weiter brauchte es noch
als eine katholische Königin, um das Parlament zu einer
neuen Unterwerfung der Kirche unter den Papst zu bestim-
men. Aber freilich mußte Dieser nun mit Mäßigung ver-
fahren; den aus den Neuerungen hervorgegangenen Zustän-
den durfte er nicht geradezu den Krieg machen. Wohl sah
das Julius III. ein. Gleich der erste päpstliche Abgeord-
nete bemerkte 1), wie wirksam das Interesse der eingezo-
genen geistlichen Güter war: Julius faßte den großarti-
gen Entschluß, nicht auf ihre Rückgabe zu dringen. In
der That durfte der Legat England nicht eher betreten, als

1) Lettere di Mr. Henrico Nov. 1553. In einem Ms., be-
titelt Lettere e negotiati di Polo, welches noch manchen Moment
für diese Geschichte enthält. Ueber die Verhandlung Pallavicini
XIII, 9,
411.

Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh.
Aufſicht geſtattete, beguͤnſtigt, die neuen Meinungen in
Frankreich und den Niederlanden gewaltig vordrangen.

Paul IV. beſtieg den roͤmiſchen Stuhl. Er haͤtte die-
ſen Gang der Dinge ins Auge faſſen, und vor allem den
Frieden herſtellen ſollen. Aber mit blinder Leidenſchaft
ſtuͤrzte er ſich in die Bewegung. Und ſo mußte ihm, dem
heftigſten Zeloten, begegnen, daß er ſelber die Ausbreitung
des Proteſtantismus, den er haßte, verabſcheute und ver-
folgte, mehr, als vielleicht irgend Einer ſeiner Vorgaͤnger,
befoͤrderte.

Erinnern wir uns nur ſeiner Einwirkung auf Eng-
land!

Der erſte Sieg der neuen Meinungen in dieſem Lande
war lange nicht vollkommen: es bedurfte nur eines Ruͤck-
trittes der Staatsgewalt, nichts weiter brauchte es noch
als eine katholiſche Koͤnigin, um das Parlament zu einer
neuen Unterwerfung der Kirche unter den Papſt zu beſtim-
men. Aber freilich mußte Dieſer nun mit Maͤßigung ver-
fahren; den aus den Neuerungen hervorgegangenen Zuſtaͤn-
den durfte er nicht geradezu den Krieg machen. Wohl ſah
das Julius III. ein. Gleich der erſte paͤpſtliche Abgeord-
nete bemerkte 1), wie wirkſam das Intereſſe der eingezo-
genen geiſtlichen Guͤter war: Julius faßte den großarti-
gen Entſchluß, nicht auf ihre Ruͤckgabe zu dringen. In
der That durfte der Legat England nicht eher betreten, als

1) Lettere di Mr. Henrico Nov. 1553. In einem Ms., be-
titelt Lettere e negotiati di Polo, welches noch manchen Moment
fuͤr dieſe Geſchichte enthaͤlt. Ueber die Verhandlung Pallavicini
XIII, 9,
411.
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[308/0334] Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh. Aufſicht geſtattete, beguͤnſtigt, die neuen Meinungen in Frankreich und den Niederlanden gewaltig vordrangen. Paul IV. beſtieg den roͤmiſchen Stuhl. Er haͤtte die- ſen Gang der Dinge ins Auge faſſen, und vor allem den Frieden herſtellen ſollen. Aber mit blinder Leidenſchaft ſtuͤrzte er ſich in die Bewegung. Und ſo mußte ihm, dem heftigſten Zeloten, begegnen, daß er ſelber die Ausbreitung des Proteſtantismus, den er haßte, verabſcheute und ver- folgte, mehr, als vielleicht irgend Einer ſeiner Vorgaͤnger, befoͤrderte. Erinnern wir uns nur ſeiner Einwirkung auf Eng- land! Der erſte Sieg der neuen Meinungen in dieſem Lande war lange nicht vollkommen: es bedurfte nur eines Ruͤck- trittes der Staatsgewalt, nichts weiter brauchte es noch als eine katholiſche Koͤnigin, um das Parlament zu einer neuen Unterwerfung der Kirche unter den Papſt zu beſtim- men. Aber freilich mußte Dieſer nun mit Maͤßigung ver- fahren; den aus den Neuerungen hervorgegangenen Zuſtaͤn- den durfte er nicht geradezu den Krieg machen. Wohl ſah das Julius III. ein. Gleich der erſte paͤpſtliche Abgeord- nete bemerkte 1), wie wirkſam das Intereſſe der eingezo- genen geiſtlichen Guͤter war: Julius faßte den großarti- gen Entſchluß, nicht auf ihre Ruͤckgabe zu dringen. In der That durfte der Legat England nicht eher betreten, als 1) Lettere di Mr. Henrico Nov. 1553. In einem Ms., be- titelt Lettere e negotiati di Polo, welches noch manchen Moment fuͤr dieſe Geſchichte enthaͤlt. Ueber die Verhandlung Pallavicini XIII, 9, 411.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/334>, abgerufen am 24.11.2024.