an keine Aussöhnung, an keine vermittelnde Abkunft zu den- ken. Noch im Februar 1563 schienen die Sachen verzwei- felt zu stehen: alles war in Hader: jede Partei hielt hart- näckig ihre Meinungen fest.
So wie man aber einmal die Lage der Dinge rein wie sie war ins Auge faßte, so zeigte sich auch eine Möglich- keit, aus diesem Labyrinth zu entkommen.
In Trient trafen und bekämpften sich nur die Mei- nungen: ihren Ursprung hatten sie zu Rom und bei den verschiedenen Fürsten. Wollte man die Mißhelligkeiten he- ben, so mußte man sie an ihren Quellen aufsuchen. Wenn Pius IV. schon sonst gesagt, das Papstthum könne sich ohne eine Vereinigung mit den Fürsten nicht mehr halten, so war jetzt der Moment, diese Maxime in Ausführung zu bringen. Er hatte einmal den Gedanken, sich die For- derungen der Höfe einreichen zu lassen, und sie ohne das Concilium zu erfüllen. Aber es wäre eine halbe Maaßre- gel gewesen. Die Aufgabe war, im Einverständniß mit den größeren Mächten das Concilium zu Ende zu bringen: ein anderes Mittel gab es nicht.
Paul IV. entschloß sich es zu versuchen. Sein ge- schicktester staatskundigster Cardinal, Morone, stand ihm darin zur Seite.
Zunächst kam es auf Kaiser Ferdinand an: an wel- chen sich die Franzosen, wie gesagt, anschlossen: auf den auch Philipp II., als auf seinen Oheim, nicht wenig Rück- sicht nahm.
Morone, vor Kurzem zum Präsidenten des Conci- liums ernannt, aber sofort überzeugt, daß sich in Trient
PiusIV.Spaͤtere Sitzungen d. Concil. v. Trient.
an keine Ausſoͤhnung, an keine vermittelnde Abkunft zu den- ken. Noch im Februar 1563 ſchienen die Sachen verzwei- felt zu ſtehen: alles war in Hader: jede Partei hielt hart- naͤckig ihre Meinungen fest.
So wie man aber einmal die Lage der Dinge rein wie ſie war ins Auge faßte, ſo zeigte ſich auch eine Moͤglich- keit, aus dieſem Labyrinth zu entkommen.
In Trient trafen und bekaͤmpften ſich nur die Mei- nungen: ihren Urſprung hatten ſie zu Rom und bei den verſchiedenen Fuͤrſten. Wollte man die Mißhelligkeiten he- ben, ſo mußte man ſie an ihren Quellen aufſuchen. Wenn Pius IV. ſchon ſonſt geſagt, das Papſtthum koͤnne ſich ohne eine Vereinigung mit den Fuͤrſten nicht mehr halten, ſo war jetzt der Moment, dieſe Maxime in Ausfuͤhrung zu bringen. Er hatte einmal den Gedanken, ſich die For- derungen der Hoͤfe einreichen zu laſſen, und ſie ohne das Concilium zu erfuͤllen. Aber es waͤre eine halbe Maaßre- gel geweſen. Die Aufgabe war, im Einverſtaͤndniß mit den groͤßeren Maͤchten das Concilium zu Ende zu bringen: ein anderes Mittel gab es nicht.
Paul IV. entſchloß ſich es zu verſuchen. Sein ge- ſchickteſter ſtaatskundigſter Cardinal, Morone, ſtand ihm darin zur Seite.
Zunaͤchſt kam es auf Kaiſer Ferdinand an: an wel- chen ſich die Franzoſen, wie geſagt, anſchloſſen: auf den auch Philipp II., als auf ſeinen Oheim, nicht wenig Ruͤck- ſicht nahm.
Morone, vor Kurzem zum Praͤſidenten des Conci- liums ernannt, aber ſofort uͤberzeugt, daß ſich in Trient
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Pius IV. Spaͤtere Sitzungen d. Concil. v. Trient.
an keine Ausſoͤhnung, an keine vermittelnde Abkunft zu den-
ken. Noch im Februar 1563 ſchienen die Sachen verzwei-
felt zu ſtehen: alles war in Hader: jede Partei hielt hart-
naͤckig ihre Meinungen fest.
So wie man aber einmal die Lage der Dinge rein wie
ſie war ins Auge faßte, ſo zeigte ſich auch eine Moͤglich-
keit, aus dieſem Labyrinth zu entkommen.
In Trient trafen und bekaͤmpften ſich nur die Mei-
nungen: ihren Urſprung hatten ſie zu Rom und bei den
verſchiedenen Fuͤrſten. Wollte man die Mißhelligkeiten he-
ben, ſo mußte man ſie an ihren Quellen aufſuchen. Wenn
Pius IV. ſchon ſonſt geſagt, das Papſtthum koͤnne ſich
ohne eine Vereinigung mit den Fuͤrſten nicht mehr halten,
ſo war jetzt der Moment, dieſe Maxime in Ausfuͤhrung
zu bringen. Er hatte einmal den Gedanken, ſich die For-
derungen der Hoͤfe einreichen zu laſſen, und ſie ohne das
Concilium zu erfuͤllen. Aber es waͤre eine halbe Maaßre-
gel geweſen. Die Aufgabe war, im Einverſtaͤndniß mit
den groͤßeren Maͤchten das Concilium zu Ende zu bringen:
ein anderes Mittel gab es nicht.
Paul IV. entſchloß ſich es zu verſuchen. Sein ge-
ſchickteſter ſtaatskundigſter Cardinal, Morone, ſtand ihm
darin zur Seite.
Zunaͤchſt kam es auf Kaiſer Ferdinand an: an wel-
chen ſich die Franzoſen, wie geſagt, anſchloſſen: auf den
auch Philipp II., als auf ſeinen Oheim, nicht wenig Ruͤck-
ſicht nahm.
Morone, vor Kurzem zum Praͤſidenten des Conci-
liums ernannt, aber ſofort uͤberzeugt, daß ſich in Trient
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/359>, abgerufen am 24.11.2024.
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