Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.Das Christenthum in dem röm. Reiche. stenthums lag eine Befreiung der Religion von den poli-tischen Elementen. Es hängt damit zusammen, daß sich ein abgesonderter geistlicher Stand mit einer eigenthümli- chen Verfassung ausbildete. In dieser Trennung der Kirche von dem Staate besteht vielleicht die größte, am durch- greifendsten wirksame Eigenthümlichkeit der christlichen Zei- ten überhaupt. Die geistliche und weltliche Gewalt kön- nen einander nahe berühren, in der engsten Gemeinschaft stehen, völlig zusammenfallen können sie höchstens aus- nahmsweise und auf kurze Zeit. In ihrem Verhältniß, ihrer gegenseitigen Stellung zu einander beruht seitdem eines der wichtigsten Momente aller Geschichte. In dem römischen Reiche erhob sich die Hierar- 1) Casauboni Exercitationes ad annales ecclesiasticos Ba-
ronii p. 260. Das Chriſtenthum in dem roͤm. Reiche. ſtenthums lag eine Befreiung der Religion von den poli-tiſchen Elementen. Es haͤngt damit zuſammen, daß ſich ein abgeſonderter geiſtlicher Stand mit einer eigenthuͤmli- chen Verfaſſung ausbildete. In dieſer Trennung der Kirche von dem Staate beſteht vielleicht die groͤßte, am durch- greifendſten wirkſame Eigenthuͤmlichkeit der chriſtlichen Zei- ten uͤberhaupt. Die geiſtliche und weltliche Gewalt koͤn- nen einander nahe beruͤhren, in der engſten Gemeinſchaft ſtehen, voͤllig zuſammenfallen koͤnnen ſie hoͤchſtens aus- nahmsweiſe und auf kurze Zeit. In ihrem Verhaͤltniß, ihrer gegenſeitigen Stellung zu einander beruht ſeitdem eines der wichtigſten Momente aller Geſchichte. In dem roͤmiſchen Reiche erhob ſich die Hierar- 1) Casauboni Exercitationes ad annales ecclesiasticos Ba-
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Das Chriſtenthum in dem roͤm. Reiche.
ſtenthums lag eine Befreiung der Religion von den poli-
tiſchen Elementen. Es haͤngt damit zuſammen, daß ſich
ein abgeſonderter geiſtlicher Stand mit einer eigenthuͤmli-
chen Verfaſſung ausbildete. In dieſer Trennung der Kirche
von dem Staate beſteht vielleicht die groͤßte, am durch-
greifendſten wirkſame Eigenthuͤmlichkeit der chriſtlichen Zei-
ten uͤberhaupt. Die geiſtliche und weltliche Gewalt koͤn-
nen einander nahe beruͤhren, in der engſten Gemeinſchaft
ſtehen, voͤllig zuſammenfallen koͤnnen ſie hoͤchſtens aus-
nahmsweiſe und auf kurze Zeit. In ihrem Verhaͤltniß,
ihrer gegenſeitigen Stellung zu einander beruht ſeitdem eines
der wichtigſten Momente aller Geſchichte.
In dem roͤmiſchen Reiche erhob ſich die Hierar-
chie der Biſchoͤfe Metropolitane Patriarchen. Es dauerte
nicht lange, ſo nahmen die roͤmiſchen Biſchoͤfe den oberſten
Rang ein. Zwar iſt es ein eitles Vorgeben, daß denſel-
ben in den erſten Jahrhunderten und uͤberhaupt jemals ein
allgemeines von Oſten und Weſten anerkanntes Primat zu-
geſtanden habe; aber allerdings erlangten ſie ſehr bald ein
Anſehen, durch das ſie uͤber alle andere kirchliche Gewal-
ten hervorragten. Es kam Vieles zuſammen, um ihnen
ein ſolches zu verſchaffen. Wenn ſich ſchon allenthalben
aus der groͤßeren Bedeutung einer Provinzial-Hauptſtadt
ein beſonderes Uebergewicht fuͤr den Biſchof derſelben er-
gab, wie viel mehr mußte dieß bei der alten Hauptſtadt
des geſammten Reiches, die demſelben ſeinen Namen gege-
ben, der Fall ſeyn 1). Rom war einer der vornehmſten
1) Casauboni Exercitationes ad annales ecclesiasticos Ba-
ronii p. 260.
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