Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.Buch III. Die Päpste um d. Mitte d. 16. Jahrh. nigung der beiden Seemächte entgegenstanden: die übrigenKräfte Italiens gesellte er ihnen zu: er selbst, obwohl er anfangs weder Geld noch Schiffe noch Waffen hatte, fand doch Mittel, auch päpstliche Galeeren zu der Flotte stoßen zu lassen: an der Wahl des Anführers Don Johann von Oestreich hatte er Antheil: dessen Ehrgeiz und Devotion wußte er zugleich zu entflammen. Und so kam es zu dem glücklichsten Schlachttag -- bei Lepanto -- den die Chri- sten je gehalten. So sehr lebte der Papst in diesem Un- ternehmen, daß er an dem Tage der Schlacht in einer Art von Entzückung den Sieg zu sehen meinte. Daß dieser er- fochten ward, erfüllte ihn mit hohem Selbstvertrauen und den kühnsten Entwürfen. In ein paar Jahren hoffte er die Osmanen ganz erniedrigt zu haben. Nicht allein aber zu so unbedenklich ruhmwürdigen Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh. nigung der beiden Seemaͤchte entgegenſtanden: die uͤbrigenKraͤfte Italiens geſellte er ihnen zu: er ſelbſt, obwohl er anfangs weder Geld noch Schiffe noch Waffen hatte, fand doch Mittel, auch paͤpſtliche Galeeren zu der Flotte ſtoßen zu laſſen: an der Wahl des Anfuͤhrers Don Johann von Oeſtreich hatte er Antheil: deſſen Ehrgeiz und Devotion wußte er zugleich zu entflammen. Und ſo kam es zu dem gluͤcklichſten Schlachttag — bei Lepanto — den die Chri- ſten je gehalten. So ſehr lebte der Papſt in dieſem Un- ternehmen, daß er an dem Tage der Schlacht in einer Art von Entzuͤckung den Sieg zu ſehen meinte. Daß dieſer er- fochten ward, erfuͤllte ihn mit hohem Selbſtvertrauen und den kuͤhnſten Entwuͤrfen. In ein paar Jahren hoffte er die Osmanen ganz erniedrigt zu haben. Nicht allein aber zu ſo unbedenklich ruhmwuͤrdigen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0398" n="372"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">III.</hi><hi rendition="#g">Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh</hi>.</fw><lb/> nigung der beiden Seemaͤchte entgegenſtanden: die uͤbrigen<lb/> Kraͤfte Italiens geſellte er ihnen zu: er ſelbſt, obwohl er<lb/> anfangs weder Geld noch Schiffe noch Waffen hatte, fand<lb/> doch Mittel, auch paͤpſtliche Galeeren zu der Flotte ſtoßen<lb/> zu laſſen: an der Wahl des Anfuͤhrers Don Johann von<lb/> Oeſtreich hatte er Antheil: deſſen Ehrgeiz und Devotion<lb/> wußte er zugleich zu entflammen. Und ſo kam es zu dem<lb/> gluͤcklichſten Schlachttag — bei Lepanto — den die Chri-<lb/> ſten je gehalten. So ſehr lebte der Papſt in dieſem Un-<lb/> ternehmen, daß er an dem Tage der Schlacht in einer Art<lb/> von Entzuͤckung den Sieg zu ſehen meinte. Daß dieſer er-<lb/> fochten ward, erfuͤllte ihn mit hohem Selbſtvertrauen und<lb/> den kuͤhnſten Entwuͤrfen. In ein paar Jahren hoffte er<lb/> die Osmanen ganz erniedrigt zu haben.</p><lb/> <p>Nicht allein aber zu ſo unbedenklich ruhmwuͤrdigen<lb/> Unternehmungen benutzte er ſeine Vermittelung. Seine<lb/> Religioſitaͤt war von einer ſo ausſchließenden und gebiete-<lb/> riſchen Art, daß er den andersglaͤubigen Chriſten den bit-<lb/> terſten Haß widmete. Daß die Religion der Unſchuld und<lb/> der Demuth, daß wahre Froͤmmigkeit verfolge, welch ein<lb/> Widerſpruch! Pius <hi rendition="#aq">V.</hi>, hergekommen bei der Inquiſition,<lb/> in ihren Ideen alt geworden, fand darin keinen. Suchte<lb/> er die Reſte abweichender Regungen, die es in den katho-<lb/> liſchen Laͤndern gab, mit unermuͤdlichem Eifer zu vertilgen,<lb/> ſo verfolgte er die eigentlichen, frei gewordenen oder noch<lb/> im Kampf begriffenen Proteſtanten mit noch wilderem In-<lb/> grimm. Den franzoͤſiſchen Katholiken kam er nicht allein<lb/> ſelbſt mit einer kleinen Kriegsmacht zu Huͤlfe: dem Anfuͤh-<lb/> rer derſelben, dem Grafen Santafiore, gab er die unerhoͤrte<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [372/0398]
Buch III. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 16. Jahrh.
nigung der beiden Seemaͤchte entgegenſtanden: die uͤbrigen
Kraͤfte Italiens geſellte er ihnen zu: er ſelbſt, obwohl er
anfangs weder Geld noch Schiffe noch Waffen hatte, fand
doch Mittel, auch paͤpſtliche Galeeren zu der Flotte ſtoßen
zu laſſen: an der Wahl des Anfuͤhrers Don Johann von
Oeſtreich hatte er Antheil: deſſen Ehrgeiz und Devotion
wußte er zugleich zu entflammen. Und ſo kam es zu dem
gluͤcklichſten Schlachttag — bei Lepanto — den die Chri-
ſten je gehalten. So ſehr lebte der Papſt in dieſem Un-
ternehmen, daß er an dem Tage der Schlacht in einer Art
von Entzuͤckung den Sieg zu ſehen meinte. Daß dieſer er-
fochten ward, erfuͤllte ihn mit hohem Selbſtvertrauen und
den kuͤhnſten Entwuͤrfen. In ein paar Jahren hoffte er
die Osmanen ganz erniedrigt zu haben.
Nicht allein aber zu ſo unbedenklich ruhmwuͤrdigen
Unternehmungen benutzte er ſeine Vermittelung. Seine
Religioſitaͤt war von einer ſo ausſchließenden und gebiete-
riſchen Art, daß er den andersglaͤubigen Chriſten den bit-
terſten Haß widmete. Daß die Religion der Unſchuld und
der Demuth, daß wahre Froͤmmigkeit verfolge, welch ein
Widerſpruch! Pius V., hergekommen bei der Inquiſition,
in ihren Ideen alt geworden, fand darin keinen. Suchte
er die Reſte abweichender Regungen, die es in den katho-
liſchen Laͤndern gab, mit unermuͤdlichem Eifer zu vertilgen,
ſo verfolgte er die eigentlichen, frei gewordenen oder noch
im Kampf begriffenen Proteſtanten mit noch wilderem In-
grimm. Den franzoͤſiſchen Katholiken kam er nicht allein
ſelbſt mit einer kleinen Kriegsmacht zu Huͤlfe: dem Anfuͤh-
rer derſelben, dem Grafen Santafiore, gab er die unerhoͤrte
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |