Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.Verwaltung des Kirchenstaates. leicht, welches sich erst wenige Jahre, ehe es an den Papstfiel, den Venezianern ergeben hatte, und mit beiden Capi- tulationen abschloß 1). Beide Male hatte es z. B. gefor- dert, daß nie eine neue Auflage eingeführt werden dürfe, ohne die Billigung der Mehrheit des großen Rathes von Faenza; die Venezianer hatten das ohne Bedenken zugege- ben: der Papst fügte die Clausel hinzu: "wofern es nicht ihm aus bedeutenden und vernünftigen Gründen anders ge- falle." Ich will diese Capitel nicht durchgehen: allenthal- ben zeigt sich ein ähnliches Verhältniß: es ist genug, wenn ich noch Einer Abweichung gedenke. Die Venezianer hat- ten ohne Weiteres zugestanden, daß alle Criminalurtheile von dem Podesta und dessen Curie gefällt werden sollten; der Papst gestattete das im Allgemeinen nicht minder: nur Eine Ausnahme setzte er fest. In Fällen der beleidigten Majestät oder ähnlicher Verbrechen, die ein öffentliches Aergerniß veranlassen könnten, soll die Autorität des Go- vernators eintreten. Man sieht, daß sich die päpstliche Regierung gleich von vorn herein eine viel stärkere Einwir- kung der souveränen Gewalt vorbehielt 2). Es ist nicht zu leugnen, daß man es ihr von der an- 1) Historie di Faenza, fatica di Giulio Cesare Tonduzzi Faenza 1675 enthalten die mit den Venezianern 1501 abgeschlossenen Capitel p. 569, die von Julius II. 1510 zugestandenen p. 587. 2) Welche Mittel sie brauchte deutet Paul III. an, wenn er sagt (1547) "ceux qui viennent nouvellement au papat viennent pauvres, obliges de promesses, et la depense, qu'ils font, pour s'asseurer dans les terres de l'eglise monte plus que le profit des premieres annees. Le Cl. de Guise au roy de France bei Ribier II. 77. 25*
Verwaltung des Kirchenſtaates. leicht, welches ſich erſt wenige Jahre, ehe es an den Papſtfiel, den Venezianern ergeben hatte, und mit beiden Capi- tulationen abſchloß 1). Beide Male hatte es z. B. gefor- dert, daß nie eine neue Auflage eingefuͤhrt werden duͤrfe, ohne die Billigung der Mehrheit des großen Rathes von Faenza; die Venezianer hatten das ohne Bedenken zugege- ben: der Papſt fuͤgte die Clauſel hinzu: „wofern es nicht ihm aus bedeutenden und vernuͤnftigen Gruͤnden anders ge- falle.“ Ich will dieſe Capitel nicht durchgehen: allenthal- ben zeigt ſich ein aͤhnliches Verhaͤltniß: es iſt genug, wenn ich noch Einer Abweichung gedenke. Die Venezianer hat- ten ohne Weiteres zugeſtanden, daß alle Criminalurtheile von dem Podeſta und deſſen Curie gefaͤllt werden ſollten; der Papſt geſtattete das im Allgemeinen nicht minder: nur Eine Ausnahme ſetzte er feſt. In Faͤllen der beleidigten Majeſtaͤt oder aͤhnlicher Verbrechen, die ein oͤffentliches Aergerniß veranlaſſen koͤnnten, ſoll die Autoritaͤt des Go- vernators eintreten. Man ſieht, daß ſich die paͤpſtliche Regierung gleich von vorn herein eine viel ſtaͤrkere Einwir- kung der ſouveraͤnen Gewalt vorbehielt 2). Es iſt nicht zu leugnen, daß man es ihr von der an- 1) Historie di Faenza, fatica di Giulio Cesare Tonduzzi Faenza 1675 enthalten die mit den Venezianern 1501 abgeſchloſſenen Capitel p. 569, die von Julius II. 1510 zugeſtandenen p. 587. 2) Welche Mittel ſie brauchte deutet Paul III. an, wenn er ſagt (1547) „ceux qui viennent nouvellement au papat viennent pauvres, obligés de promesses, et la dépense, qu’ils font, pour s’asseurer dans les terres de l’église monte plus que le profit des premières années. Le Cl. de Guise au roy de France bei Ribier II. 77. 25*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0413" n="387"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Verwaltung des Kirchenſtaates</hi>.</fw><lb/> leicht, welches ſich erſt wenige Jahre, ehe es an den Papſt<lb/> fiel, den Venezianern ergeben hatte, und mit beiden Capi-<lb/> tulationen abſchloß <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Historie di Faenza, fatica di Giulio Cesare Tonduzzi<lb/> Faenza 1675</hi> enthalten die mit den Venezianern 1501 abgeſchloſſenen<lb/> Capitel <hi rendition="#aq">p. 569,</hi> die von Julius <hi rendition="#aq">II. 1510</hi> zugeſtandenen <hi rendition="#aq">p. 587.</hi></note>. Beide Male hatte es z. B. gefor-<lb/> dert, daß nie eine neue Auflage eingefuͤhrt werden duͤrfe,<lb/> ohne die Billigung der Mehrheit des großen Rathes von<lb/> Faenza; die Venezianer hatten das ohne Bedenken zugege-<lb/> ben: der Papſt fuͤgte die Clauſel hinzu: „wofern es nicht<lb/> ihm aus bedeutenden und vernuͤnftigen Gruͤnden anders ge-<lb/> falle.“ Ich will dieſe Capitel nicht durchgehen: allenthal-<lb/> ben zeigt ſich ein aͤhnliches Verhaͤltniß: es iſt genug, wenn<lb/> ich noch Einer Abweichung gedenke. Die Venezianer hat-<lb/> ten ohne Weiteres zugeſtanden, daß alle Criminalurtheile<lb/> von dem Podeſta und deſſen Curie gefaͤllt werden ſollten;<lb/> der Papſt geſtattete das im Allgemeinen nicht minder: nur<lb/> Eine Ausnahme ſetzte er feſt. In Faͤllen der beleidigten<lb/> Majeſtaͤt oder aͤhnlicher Verbrechen, die ein oͤffentliches<lb/> Aergerniß veranlaſſen koͤnnten, ſoll die Autoritaͤt des Go-<lb/> vernators eintreten. Man ſieht, daß ſich die paͤpſtliche<lb/> Regierung gleich von vorn herein eine viel ſtaͤrkere Einwir-<lb/> kung der ſouveraͤnen Gewalt vorbehielt <note place="foot" n="2)">Welche Mittel ſie brauchte deutet Paul <hi rendition="#aq">III.</hi> an, wenn er<lb/> ſagt (1547) <hi rendition="#aq">„ceux qui viennent nouvellement au papat viennent<lb/> pauvres, obligés de promesses, et la dépense, qu’ils font, pour<lb/> s’asseurer dans les terres de l’église monte plus que le profit<lb/> des premières années. Le C<hi rendition="#sup">l.</hi> de Guise au roy de France</hi> bei<lb/><hi rendition="#aq">Ribier II. 77.</hi></note>.</p><lb/> <p>Es iſt nicht zu leugnen, daß man es ihr von der an-<lb/> dern Seite her ſehr erleichterte.</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">25*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [387/0413]
Verwaltung des Kirchenſtaates.
leicht, welches ſich erſt wenige Jahre, ehe es an den Papſt
fiel, den Venezianern ergeben hatte, und mit beiden Capi-
tulationen abſchloß 1). Beide Male hatte es z. B. gefor-
dert, daß nie eine neue Auflage eingefuͤhrt werden duͤrfe,
ohne die Billigung der Mehrheit des großen Rathes von
Faenza; die Venezianer hatten das ohne Bedenken zugege-
ben: der Papſt fuͤgte die Clauſel hinzu: „wofern es nicht
ihm aus bedeutenden und vernuͤnftigen Gruͤnden anders ge-
falle.“ Ich will dieſe Capitel nicht durchgehen: allenthal-
ben zeigt ſich ein aͤhnliches Verhaͤltniß: es iſt genug, wenn
ich noch Einer Abweichung gedenke. Die Venezianer hat-
ten ohne Weiteres zugeſtanden, daß alle Criminalurtheile
von dem Podeſta und deſſen Curie gefaͤllt werden ſollten;
der Papſt geſtattete das im Allgemeinen nicht minder: nur
Eine Ausnahme ſetzte er feſt. In Faͤllen der beleidigten
Majeſtaͤt oder aͤhnlicher Verbrechen, die ein oͤffentliches
Aergerniß veranlaſſen koͤnnten, ſoll die Autoritaͤt des Go-
vernators eintreten. Man ſieht, daß ſich die paͤpſtliche
Regierung gleich von vorn herein eine viel ſtaͤrkere Einwir-
kung der ſouveraͤnen Gewalt vorbehielt 2).
Es iſt nicht zu leugnen, daß man es ihr von der an-
dern Seite her ſehr erleichterte.
1) Historie di Faenza, fatica di Giulio Cesare Tonduzzi
Faenza 1675 enthalten die mit den Venezianern 1501 abgeſchloſſenen
Capitel p. 569, die von Julius II. 1510 zugeſtandenen p. 587.
2) Welche Mittel ſie brauchte deutet Paul III. an, wenn er
ſagt (1547) „ceux qui viennent nouvellement au papat viennent
pauvres, obligés de promesses, et la dépense, qu’ils font, pour
s’asseurer dans les terres de l’église monte plus que le profit
des premières années. Le Cl. de Guise au roy de France bei
Ribier II. 77.
25*
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |