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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Gregor XIII.
noch den König von Spanien schonte er, auf seine
Nachbarn nahm er keine Rücksicht. Nicht allein mit Ve-
nedig lag er in tausend Zwistigkeiten, über die Sache
von Aquileja, über die Visitation ihrer Kirchen und an-
dere Punkte: -- die Gesandten können nicht beschreiben, wie
er bei jeder Berührung dieser Angelegenheiten auffährt,
welch eine innere Bitterkeit er zeigt; -- eben so ging es in
Toskana und Neapel; Ferrara fand keine Gunst: Parma
hatte vor kurzem in seinen Streithändeln bedeutende Sum-
men verloren. Alle diese Nachbarn sahen den Papst mit
Vergnügen in so unangenehmen Verwickelungen: ohne wei-
teres nahmen sie die Banditen in ihrem Lande auf, die
dann, sobald es die Gelegenheit gab, wieder nach dem
Kirchenstaat zurückkehrten. Der Papst bat sie nur ver-
gebens dieß nicht ferner zu thun. Sie fanden es beson-
ders, daß man sich zu Rom aus Niemand etwas mache,
und hernach von Jedermann Rücksichten verlange 1).

Und so vermochte denn Gregor seiner Ausgetrete-
nen niemals Herr zu werden. Es ward keine Auflage be-
zahlt; das Sussidio blieb aus. In dem Lande griff ein
allgemeines Mißvergnügen um sich. Selbst Cardinäle war-

giunta al mancamento, ch'e in lui di certe offici grati et accetti
per la difficulta massimam. naturale, che ha nel parlar e per le
pochissime parole che in ciascuna occasione usa, fa, ch' egli
in gran parte manca di quella gratia appresso le persone.
1) Dispaccio Donato 10 Sett. 1581. E una cosa grande
che con non dar mai satisfatione nissuna si pretende d'avere
da altri in quello che tocca alla liberta dello stato suo corren-
temente ogni sorte d'ossequio.
28*

Gregor XIII.
noch den Koͤnig von Spanien ſchonte er, auf ſeine
Nachbarn nahm er keine Ruͤckſicht. Nicht allein mit Ve-
nedig lag er in tauſend Zwiſtigkeiten, uͤber die Sache
von Aquileja, uͤber die Viſitation ihrer Kirchen und an-
dere Punkte: — die Geſandten koͤnnen nicht beſchreiben, wie
er bei jeder Beruͤhrung dieſer Angelegenheiten auffaͤhrt,
welch eine innere Bitterkeit er zeigt; — eben ſo ging es in
Toskana und Neapel; Ferrara fand keine Gunſt: Parma
hatte vor kurzem in ſeinen Streithaͤndeln bedeutende Sum-
men verloren. Alle dieſe Nachbarn ſahen den Papſt mit
Vergnuͤgen in ſo unangenehmen Verwickelungen: ohne wei-
teres nahmen ſie die Banditen in ihrem Lande auf, die
dann, ſobald es die Gelegenheit gab, wieder nach dem
Kirchenſtaat zuruͤckkehrten. Der Papſt bat ſie nur ver-
gebens dieß nicht ferner zu thun. Sie fanden es beſon-
ders, daß man ſich zu Rom aus Niemand etwas mache,
und hernach von Jedermann Ruͤckſichten verlange 1).

Und ſo vermochte denn Gregor ſeiner Ausgetrete-
nen niemals Herr zu werden. Es ward keine Auflage be-
zahlt; das Suſſidio blieb aus. In dem Lande griff ein
allgemeines Mißvergnuͤgen um ſich. Selbſt Cardinaͤle war-

giunta al mancamento, ch’è in lui di certe offici grati et accetti
per la difficultà massimam. naturale, che ha nel parlar e per le
pochissime parole che in ciascuna occasione usa, fa, ch’ egli
in gran parte manca di quella gratia appresso le persone.
1) Dispaccio Donato 10 Sett. 1581. È una cosa grande
che con non dar mai satisfatione nissuna si pretende d’avere
da altri in quello che tocca alla libertà dello stato suo corren-
temente ogni sorte d’ossequio.
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[435/0461] Gregor XIII. noch den Koͤnig von Spanien ſchonte er, auf ſeine Nachbarn nahm er keine Ruͤckſicht. Nicht allein mit Ve- nedig lag er in tauſend Zwiſtigkeiten, uͤber die Sache von Aquileja, uͤber die Viſitation ihrer Kirchen und an- dere Punkte: — die Geſandten koͤnnen nicht beſchreiben, wie er bei jeder Beruͤhrung dieſer Angelegenheiten auffaͤhrt, welch eine innere Bitterkeit er zeigt; — eben ſo ging es in Toskana und Neapel; Ferrara fand keine Gunſt: Parma hatte vor kurzem in ſeinen Streithaͤndeln bedeutende Sum- men verloren. Alle dieſe Nachbarn ſahen den Papſt mit Vergnuͤgen in ſo unangenehmen Verwickelungen: ohne wei- teres nahmen ſie die Banditen in ihrem Lande auf, die dann, ſobald es die Gelegenheit gab, wieder nach dem Kirchenſtaat zuruͤckkehrten. Der Papſt bat ſie nur ver- gebens dieß nicht ferner zu thun. Sie fanden es beſon- ders, daß man ſich zu Rom aus Niemand etwas mache, und hernach von Jedermann Ruͤckſichten verlange 1). Und ſo vermochte denn Gregor ſeiner Ausgetrete- nen niemals Herr zu werden. Es ward keine Auflage be- zahlt; das Suſſidio blieb aus. In dem Lande griff ein allgemeines Mißvergnuͤgen um ſich. Selbſt Cardinaͤle war- 3) 1) Dispaccio Donato 10 Sett. 1581. È una cosa grande che con non dar mai satisfatione nissuna si pretende d’avere da altri in quello che tocca alla libertà dello stato suo corren- temente ogni sorte d’ossequio. 3) giunta al mancamento, ch’è in lui di certe offici grati et accetti per la difficultà massimam. naturale, che ha nel parlar e per le pochissime parole che in ciascuna occasione usa, fa, ch’ egli in gran parte manca di quella gratia appresso le persone. 28*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/461>, abgerufen am 22.11.2024.