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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Kap. I. Epochen des Papstthums.
eine Schwäche und Verwirrung gerieth, welche den welt-
lichen Gewalten, die sich bis jetzt nur zu sichern gesucht,
sogar eine Rückwirkung auf dasselbe möglich machte.

Das Schisma trat ein. Man bemerke welche Fol-
gen es hatte. Lange Zeit stand es bei den Fürsten, nach
ihrer politischen Convenienz dem einen oder dem andern
Papste anzuhangen; -- in sich selbst fand die geistliche
Macht kein Mittel, die Spaltung zu heben, nur die welt-
liche Gewalt vermochte dieß -- als man sich zu diesem
Zwecke in Costnitz versammelte, stimmte man nicht mehr,
wie bisher, nach Köpfen, sondern nach den vier Nationen:
jeder Nation blieb es überlassen, in vorbereitenden Ver-
sammlungen über das Votum zu berathschlagen, das sie
zu geben hatte -- in Gemeinschaft setzten sie einen Papst
ab; -- der neugewählte mußte sich zu Concordaten mit
den einzelnen verstehen, die wenigstens durch das Bei-
spiel, das sie gaben, viel bedeuteten -- während des Base-
ler Conciliums und der neuen Spaltung hielten sich einige
Reiche sogar neutral -- nur die unmittelbare Bemühung
der Fürsten vermochte diese zweite Kirchentrennung beizu-
legen 1). Es konnte nichts geben, was das Uebergewicht
der weltlichen Gewalt und die Selbstständigkeit der einzel-
nen Reiche kräftiger befördert hätte.

Und nun war zwar der Papst neuerdings in gro-
ßem Ansehen, er hatte die allgemeine Obedienz; der Kai-
ser führte ihm noch immer den Zelter: es gab Bischöfe
nicht allein in Ungarn, sondern auch in Deutschland, die

1) Erklärung des Papstes Felix bei Georgius Vita Nicolai V.
p.
65.

Kap. I. Epochen des Papſtthums.
eine Schwaͤche und Verwirrung gerieth, welche den welt-
lichen Gewalten, die ſich bis jetzt nur zu ſichern geſucht,
ſogar eine Ruͤckwirkung auf daſſelbe moͤglich machte.

Das Schisma trat ein. Man bemerke welche Fol-
gen es hatte. Lange Zeit ſtand es bei den Fuͤrſten, nach
ihrer politiſchen Convenienz dem einen oder dem andern
Papſte anzuhangen; — in ſich ſelbſt fand die geiſtliche
Macht kein Mittel, die Spaltung zu heben, nur die welt-
liche Gewalt vermochte dieß — als man ſich zu dieſem
Zwecke in Coſtnitz verſammelte, ſtimmte man nicht mehr,
wie bisher, nach Koͤpfen, ſondern nach den vier Nationen:
jeder Nation blieb es uͤberlaſſen, in vorbereitenden Ver-
ſammlungen uͤber das Votum zu berathſchlagen, das ſie
zu geben hatte — in Gemeinſchaft ſetzten ſie einen Papſt
ab; — der neugewaͤhlte mußte ſich zu Concordaten mit
den einzelnen verſtehen, die wenigſtens durch das Bei-
ſpiel, das ſie gaben, viel bedeuteten — waͤhrend des Baſe-
ler Conciliums und der neuen Spaltung hielten ſich einige
Reiche ſogar neutral — nur die unmittelbare Bemuͤhung
der Fuͤrſten vermochte dieſe zweite Kirchentrennung beizu-
legen 1). Es konnte nichts geben, was das Uebergewicht
der weltlichen Gewalt und die Selbſtſtaͤndigkeit der einzel-
nen Reiche kraͤftiger befoͤrdert haͤtte.

Und nun war zwar der Papſt neuerdings in gro-
ßem Anſehen, er hatte die allgemeine Obedienz; der Kai-
ſer fuͤhrte ihm noch immer den Zelter: es gab Biſchoͤfe
nicht allein in Ungarn, ſondern auch in Deutſchland, die

1) Erklaͤrung des Papſtes Felix bei Georgius Vita Nicolai V.
p.
65.
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[36/0062] Kap. I. Epochen des Papſtthums. eine Schwaͤche und Verwirrung gerieth, welche den welt- lichen Gewalten, die ſich bis jetzt nur zu ſichern geſucht, ſogar eine Ruͤckwirkung auf daſſelbe moͤglich machte. Das Schisma trat ein. Man bemerke welche Fol- gen es hatte. Lange Zeit ſtand es bei den Fuͤrſten, nach ihrer politiſchen Convenienz dem einen oder dem andern Papſte anzuhangen; — in ſich ſelbſt fand die geiſtliche Macht kein Mittel, die Spaltung zu heben, nur die welt- liche Gewalt vermochte dieß — als man ſich zu dieſem Zwecke in Coſtnitz verſammelte, ſtimmte man nicht mehr, wie bisher, nach Koͤpfen, ſondern nach den vier Nationen: jeder Nation blieb es uͤberlaſſen, in vorbereitenden Ver- ſammlungen uͤber das Votum zu berathſchlagen, das ſie zu geben hatte — in Gemeinſchaft ſetzten ſie einen Papſt ab; — der neugewaͤhlte mußte ſich zu Concordaten mit den einzelnen verſtehen, die wenigſtens durch das Bei- ſpiel, das ſie gaben, viel bedeuteten — waͤhrend des Baſe- ler Conciliums und der neuen Spaltung hielten ſich einige Reiche ſogar neutral — nur die unmittelbare Bemuͤhung der Fuͤrſten vermochte dieſe zweite Kirchentrennung beizu- legen 1). Es konnte nichts geben, was das Uebergewicht der weltlichen Gewalt und die Selbſtſtaͤndigkeit der einzel- nen Reiche kraͤftiger befoͤrdert haͤtte. Und nun war zwar der Papſt neuerdings in gro- ßem Anſehen, er hatte die allgemeine Obedienz; der Kai- ſer fuͤhrte ihm noch immer den Zelter: es gab Biſchoͤfe nicht allein in Ungarn, ſondern auch in Deutſchland, die 1) Erklaͤrung des Papſtes Felix bei Georgius Vita Nicolai V. p. 65.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/62>, abgerufen am 04.12.2024.