-- er wäre es auch gar nicht mehr im Stande gewesen: -- sein Glück war, daß er ganz von selbst Freunde fand, daß der Protestantismus in seinem neuen Fortgang doch auch auf einen unerwarteten und unbesiegbaren Widerstand stieß. Es ist wohl der Mühe werth, bei diesem wichtigen Ereigniß einen Augenblick länger zu verweilen.
Einmal war es in den Provinzen keineswegs Jeder- mann angenehm, den Prinzen von Oranien so mächtig wer- den zu sehen, am wenigsten dem wallonischen Adel.
Unter der Regierung des Königs war dieser Adel be- sonders in den französischen Kriegen immer zuerst zu Pferd gestiegen: die namhaftern Anführer denen das Volk zu fol- gen gewohnt war, hatten dadurch eine gewisse Selbständig- keit und Macht erworben. Unter dem Regiment der Stände sah er sich zurückgesetzt; der Sold erfolgte nicht regelmä- ßig; die Armee der Stände bestand hauptsächlich aus Hol- ländern, Engländern, Deutschen, die als unzweifelhafte Protestanten das meiste Vertrauen genossen.
Als die Wallonen der Pacification von Gent beitra- ten, hatten sie sich geschmeichelt auf die allgemeinen Ange- legenheiten des Landes einen leitenden Einfluß zu erlangen. Aber vielmehr das Gegentheil erfolgte. Die Macht gelangte fast ausschließend an den Prinzen von Oranien und dessen Freunde aus Holland und Seeland.
Mit dem persönlichen Widerwillen, der sich hiedurch entwickelte, traten aber besonders religiöse Momente zusammen.
Worauf es auch immer beruhen mag, so ist gewiß, daß die protestantische Bewegung in den wallonischen Pro- vinzen nur wenig Anklang gefunden hatte.
Entſcheidung in den Niederlanden.
— er waͤre es auch gar nicht mehr im Stande geweſen: — ſein Gluͤck war, daß er ganz von ſelbſt Freunde fand, daß der Proteſtantismus in ſeinem neuen Fortgang doch auch auf einen unerwarteten und unbeſiegbaren Widerſtand ſtieß. Es iſt wohl der Muͤhe werth, bei dieſem wichtigen Ereigniß einen Augenblick laͤnger zu verweilen.
Einmal war es in den Provinzen keineswegs Jeder- mann angenehm, den Prinzen von Oranien ſo maͤchtig wer- den zu ſehen, am wenigſten dem walloniſchen Adel.
Unter der Regierung des Koͤnigs war dieſer Adel be- ſonders in den franzoͤſiſchen Kriegen immer zuerſt zu Pferd geſtiegen: die namhaftern Anfuͤhrer denen das Volk zu fol- gen gewohnt war, hatten dadurch eine gewiſſe Selbſtaͤndig- keit und Macht erworben. Unter dem Regiment der Staͤnde ſah er ſich zuruͤckgeſetzt; der Sold erfolgte nicht regelmaͤ- ßig; die Armee der Staͤnde beſtand hauptſaͤchlich aus Hol- laͤndern, Englaͤndern, Deutſchen, die als unzweifelhafte Proteſtanten das meiſte Vertrauen genoſſen.
Als die Wallonen der Pacification von Gent beitra- ten, hatten ſie ſich geſchmeichelt auf die allgemeinen Ange- legenheiten des Landes einen leitenden Einfluß zu erlangen. Aber vielmehr das Gegentheil erfolgte. Die Macht gelangte faſt ausſchließend an den Prinzen von Oranien und deſſen Freunde aus Holland und Seeland.
Mit dem perſoͤnlichen Widerwillen, der ſich hiedurch entwickelte, traten aber beſonders religioͤſe Momente zuſammen.
Worauf es auch immer beruhen mag, ſo iſt gewiß, daß die proteſtantiſche Bewegung in den walloniſchen Pro- vinzen nur wenig Anklang gefunden hatte.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0105"n="93"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Entſcheidung in den Niederlanden</hi>.</fw><lb/>— er waͤre es auch gar nicht mehr im Stande geweſen: —<lb/>ſein Gluͤck war, daß er ganz von ſelbſt Freunde fand, daß<lb/>
der Proteſtantismus in ſeinem neuen Fortgang doch auch auf<lb/>
einen unerwarteten und unbeſiegbaren Widerſtand ſtieß. Es<lb/>
iſt wohl der Muͤhe werth, bei dieſem wichtigen Ereigniß<lb/>
einen Augenblick laͤnger zu verweilen.</p><lb/><p>Einmal war es in den Provinzen keineswegs Jeder-<lb/>
mann angenehm, den Prinzen von Oranien ſo maͤchtig wer-<lb/>
den zu ſehen, am wenigſten dem walloniſchen Adel.</p><lb/><p>Unter der Regierung des Koͤnigs war dieſer Adel be-<lb/>ſonders in den franzoͤſiſchen Kriegen immer zuerſt zu Pferd<lb/>
geſtiegen: die namhaftern Anfuͤhrer denen das Volk zu fol-<lb/>
gen gewohnt war, hatten dadurch eine gewiſſe Selbſtaͤndig-<lb/>
keit und Macht erworben. Unter dem Regiment der Staͤnde<lb/>ſah er ſich zuruͤckgeſetzt; der Sold erfolgte nicht regelmaͤ-<lb/>
ßig; die Armee der Staͤnde beſtand hauptſaͤchlich aus Hol-<lb/>
laͤndern, Englaͤndern, Deutſchen, die als unzweifelhafte<lb/>
Proteſtanten das meiſte Vertrauen genoſſen.</p><lb/><p>Als die Wallonen der Pacification von Gent beitra-<lb/>
ten, hatten ſie ſich geſchmeichelt auf die allgemeinen Ange-<lb/>
legenheiten des Landes einen leitenden Einfluß zu erlangen.<lb/>
Aber vielmehr das Gegentheil erfolgte. Die Macht gelangte<lb/>
faſt ausſchließend an den Prinzen von Oranien und deſſen<lb/>
Freunde aus Holland und Seeland.</p><lb/><p>Mit dem perſoͤnlichen Widerwillen, der ſich hiedurch<lb/>
entwickelte, traten aber beſonders religioͤſe Momente zuſammen.</p><lb/><p>Worauf es auch immer beruhen mag, ſo iſt gewiß,<lb/>
daß die proteſtantiſche Bewegung in den walloniſchen Pro-<lb/>
vinzen nur wenig Anklang gefunden hatte.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[93/0105]
Entſcheidung in den Niederlanden.
— er waͤre es auch gar nicht mehr im Stande geweſen: —
ſein Gluͤck war, daß er ganz von ſelbſt Freunde fand, daß
der Proteſtantismus in ſeinem neuen Fortgang doch auch auf
einen unerwarteten und unbeſiegbaren Widerſtand ſtieß. Es
iſt wohl der Muͤhe werth, bei dieſem wichtigen Ereigniß
einen Augenblick laͤnger zu verweilen.
Einmal war es in den Provinzen keineswegs Jeder-
mann angenehm, den Prinzen von Oranien ſo maͤchtig wer-
den zu ſehen, am wenigſten dem walloniſchen Adel.
Unter der Regierung des Koͤnigs war dieſer Adel be-
ſonders in den franzoͤſiſchen Kriegen immer zuerſt zu Pferd
geſtiegen: die namhaftern Anfuͤhrer denen das Volk zu fol-
gen gewohnt war, hatten dadurch eine gewiſſe Selbſtaͤndig-
keit und Macht erworben. Unter dem Regiment der Staͤnde
ſah er ſich zuruͤckgeſetzt; der Sold erfolgte nicht regelmaͤ-
ßig; die Armee der Staͤnde beſtand hauptſaͤchlich aus Hol-
laͤndern, Englaͤndern, Deutſchen, die als unzweifelhafte
Proteſtanten das meiſte Vertrauen genoſſen.
Als die Wallonen der Pacification von Gent beitra-
ten, hatten ſie ſich geſchmeichelt auf die allgemeinen Ange-
legenheiten des Landes einen leitenden Einfluß zu erlangen.
Aber vielmehr das Gegentheil erfolgte. Die Macht gelangte
faſt ausſchließend an den Prinzen von Oranien und deſſen
Freunde aus Holland und Seeland.
Mit dem perſoͤnlichen Widerwillen, der ſich hiedurch
entwickelte, traten aber beſonders religioͤſe Momente zuſammen.
Worauf es auch immer beruhen mag, ſo iſt gewiß,
daß die proteſtantiſche Bewegung in den walloniſchen Pro-
vinzen nur wenig Anklang gefunden hatte.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/105>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.