Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.Buch V. Gegenreformationen. Juni 1578 erließ der Kaiser einen Befehl an Opitz, sammtseinen Gehülfen an Kirche und Schule noch an dem nem- lichen Tag, "bei scheinender Sonne", die Stadt, und bin- nen 14 Tagen die gesammten Erblande des Kaisers zu räu- men. Der Kaiser fürchtete fast einen Aufruhr: für den Nothfall hielt er eine Anzahl zuverlässiger Leute in den Waffen. Allein wie hätte man sich wider den Fürsten er- heben sollen, der den Buchstaben des Rechtes für sich hatte? Man begnügte sich den Verwiesenen mit schmerzlichem Bei- leid das Geleite zu geben 1). Von diesem Tage an nun begann in Oestreich eine Es ward der Plan gefaßt, den Protestantismus zu- 1) Sacchinus pars IV, lib. VI, nr. 78. "pudet referre,
quam exeuntes sacrilegos omnique execratione dignissimos pro- secuta sit numerosa multitudo quotque benevolentiae documen- tis, ut vel inde mali gravitas aestimari possit." Buch V. Gegenreformationen. Juni 1578 erließ der Kaiſer einen Befehl an Opitz, ſammtſeinen Gehuͤlfen an Kirche und Schule noch an dem nem- lichen Tag, „bei ſcheinender Sonne“, die Stadt, und bin- nen 14 Tagen die geſammten Erblande des Kaiſers zu raͤu- men. Der Kaiſer fuͤrchtete faſt einen Aufruhr: fuͤr den Nothfall hielt er eine Anzahl zuverlaͤſſiger Leute in den Waffen. Allein wie haͤtte man ſich wider den Fuͤrſten er- heben ſollen, der den Buchſtaben des Rechtes fuͤr ſich hatte? Man begnuͤgte ſich den Verwieſenen mit ſchmerzlichem Bei- leid das Geleite zu geben 1). Von dieſem Tage an nun begann in Oeſtreich eine Es ward der Plan gefaßt, den Proteſtantismus zu- 1) Sacchinus pars IV, lib. VI, nr. 78. „pudet referre,
quam exeuntes sacrilegos omnique execratione dignissimos pro- secuta sit numerosa multitudo quotque benevolentiae documen- tis, ut vel inde mali gravitas aestimari possit.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0138" n="126"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch <hi rendition="#aq">V.</hi> Gegenreformationen</hi>.</fw><lb/> Juni 1578 erließ der Kaiſer einen Befehl an Opitz, ſammt<lb/> ſeinen Gehuͤlfen an Kirche und Schule noch an dem nem-<lb/> lichen Tag, „bei ſcheinender Sonne“, die Stadt, und bin-<lb/> nen 14 Tagen die geſammten Erblande des Kaiſers zu raͤu-<lb/> men. Der Kaiſer fuͤrchtete faſt einen Aufruhr: fuͤr den<lb/> Nothfall hielt er eine Anzahl zuverlaͤſſiger Leute in den<lb/> Waffen. Allein wie haͤtte man ſich wider den Fuͤrſten er-<lb/> heben ſollen, der den Buchſtaben des Rechtes fuͤr ſich hatte?<lb/> Man begnuͤgte ſich den Verwieſenen mit ſchmerzlichem Bei-<lb/> leid das Geleite zu geben <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Sacchinus pars IV, lib. VI, nr. 78. „pudet referre,<lb/> quam exeuntes sacrilegos omnique execratione dignissimos pro-<lb/> secuta sit numerosa multitudo quotque benevolentiae documen-<lb/> tis, ut vel inde mali gravitas aestimari possit.“</hi></note>.</p><lb/> <p>Von dieſem Tage an nun begann in Oeſtreich eine<lb/> katholiſche Reaction, welche von Jahr zu Jahr mehr Kraft<lb/> und Wirkſamkeit bekam.</p><lb/> <p>Es ward der Plan gefaßt, den Proteſtantismus zu-<lb/> naͤchſt aus den kaiſerlichen Staͤdten zu verdraͤngen. Die<lb/> Staͤdte unter der Enns, die ſich 20 Jahre fruͤher von dem<lb/> Herrn- und Ritterſtande hatten abſondern laſſen, konnten<lb/> in der That keinen Widerſtand entgegenſetzen. Die evan-<lb/> geliſchen Geiſtlichen wurden an vielen Orten verwieſen: ka-<lb/> tholiſche traten an ihre Stelle, uͤber die Privatleute ward<lb/> eine ſtrenge Unterſuchung verhaͤngt. Wir haben eine For-<lb/> mel nach der man die Verdaͤchtigen pruͤfte. Glaubſt du,<lb/> lautet ein Artikel, daß alles wahr iſt, was die roͤmiſche<lb/> Kirche in Lehre und Leben feſtſetzt? Glaubſt du, fuͤgt ein<lb/> anderer hinzu, daß der Papſt das Haupt der Einigen apoſto-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [126/0138]
Buch V. Gegenreformationen.
Juni 1578 erließ der Kaiſer einen Befehl an Opitz, ſammt
ſeinen Gehuͤlfen an Kirche und Schule noch an dem nem-
lichen Tag, „bei ſcheinender Sonne“, die Stadt, und bin-
nen 14 Tagen die geſammten Erblande des Kaiſers zu raͤu-
men. Der Kaiſer fuͤrchtete faſt einen Aufruhr: fuͤr den
Nothfall hielt er eine Anzahl zuverlaͤſſiger Leute in den
Waffen. Allein wie haͤtte man ſich wider den Fuͤrſten er-
heben ſollen, der den Buchſtaben des Rechtes fuͤr ſich hatte?
Man begnuͤgte ſich den Verwieſenen mit ſchmerzlichem Bei-
leid das Geleite zu geben 1).
Von dieſem Tage an nun begann in Oeſtreich eine
katholiſche Reaction, welche von Jahr zu Jahr mehr Kraft
und Wirkſamkeit bekam.
Es ward der Plan gefaßt, den Proteſtantismus zu-
naͤchſt aus den kaiſerlichen Staͤdten zu verdraͤngen. Die
Staͤdte unter der Enns, die ſich 20 Jahre fruͤher von dem
Herrn- und Ritterſtande hatten abſondern laſſen, konnten
in der That keinen Widerſtand entgegenſetzen. Die evan-
geliſchen Geiſtlichen wurden an vielen Orten verwieſen: ka-
tholiſche traten an ihre Stelle, uͤber die Privatleute ward
eine ſtrenge Unterſuchung verhaͤngt. Wir haben eine For-
mel nach der man die Verdaͤchtigen pruͤfte. Glaubſt du,
lautet ein Artikel, daß alles wahr iſt, was die roͤmiſche
Kirche in Lehre und Leben feſtſetzt? Glaubſt du, fuͤgt ein
anderer hinzu, daß der Papſt das Haupt der Einigen apoſto-
1) Sacchinus pars IV, lib. VI, nr. 78. „pudet referre,
quam exeuntes sacrilegos omnique execratione dignissimos pro-
secuta sit numerosa multitudo quotque benevolentiae documen-
tis, ut vel inde mali gravitas aestimari possit.“
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