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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Buch V. Gegenreformationen.
Concessionen verstehn müssen, als schon an so vielen Or-
ten die katholische Reaction im Gange war. Seine Stam-
mesvettern konnten es ihm nicht verzeihen. Sein Schwager
Herzog Albrecht von Baiern stellte ihm vor: daß ihn der
Religionsfriede berechtige seine Unterthanen zu der Re-
ligion zu nöthigen, die er selber bekenne. Er rieth dem
Erzherzog dreierlei: einmal alle seine Aemter vornehmlich
Hof und geheimen Rath nur mit Katholischen zu be-
setzen: sodann auf den Landtagen die verschiedenen Stände
von einander abzusondern, um mit den Einzelnen desto
besser fertig werden zu können: endlich mit dem Papst in
gutes Vernehmen zu treten, und sich einen Nuntius
von demselben auszubitten. Schon von selbst bot Gre-
gor XIII. die Hand hiezu. Da er sehr wohl wußte, daß
es hauptsächlich das Geldbedürfniß war, was den Erzher-
zog zu seinen Zugeständnissen bewogen hatte, so ergriff er
das beste Mittel ihn von seinen Landsassen unabhängiger
zu machen: er schickte ihm selber Geld: noch im Jahre
1580 die für jene Zeit ganz bedeutende Summe von 40000
Sc.: in Venedig legte er ein noch ansehnlicheres Capital
nieder, dessen sich der Erzherzog in dem Falle bedienen könne,
daß in Folge seiner katholischen Bestrebungen Unruhen in
dem Lande ausbrechen sollten.

Durch Beispiel, Anmahnung und wesentliche Hülfe
ermuthigt, nahm Erzherzog Carl seit dem Jahre 1580 eine
ganz andere Stellung an.

In diesem Jahre gab er seinen früheren Zugeständnis-
sen eine Erklärung, welche als ein Widerruf derselben betrach-
tet werden konnte. Die Stände thaten ihm einen Fußfall,

und

Buch V. Gegenreformationen.
Conceſſionen verſtehn muͤſſen, als ſchon an ſo vielen Or-
ten die katholiſche Reaction im Gange war. Seine Stam-
mesvettern konnten es ihm nicht verzeihen. Sein Schwager
Herzog Albrecht von Baiern ſtellte ihm vor: daß ihn der
Religionsfriede berechtige ſeine Unterthanen zu der Re-
ligion zu noͤthigen, die er ſelber bekenne. Er rieth dem
Erzherzog dreierlei: einmal alle ſeine Aemter vornehmlich
Hof und geheimen Rath nur mit Katholiſchen zu be-
ſetzen: ſodann auf den Landtagen die verſchiedenen Staͤnde
von einander abzuſondern, um mit den Einzelnen deſto
beſſer fertig werden zu koͤnnen: endlich mit dem Papſt in
gutes Vernehmen zu treten, und ſich einen Nuntius
von demſelben auszubitten. Schon von ſelbſt bot Gre-
gor XIII. die Hand hiezu. Da er ſehr wohl wußte, daß
es hauptſaͤchlich das Geldbeduͤrfniß war, was den Erzher-
zog zu ſeinen Zugeſtaͤndniſſen bewogen hatte, ſo ergriff er
das beſte Mittel ihn von ſeinen Landſaſſen unabhaͤngiger
zu machen: er ſchickte ihm ſelber Geld: noch im Jahre
1580 die fuͤr jene Zeit ganz bedeutende Summe von 40000
Sc.: in Venedig legte er ein noch anſehnlicheres Capital
nieder, deſſen ſich der Erzherzog in dem Falle bedienen koͤnne,
daß in Folge ſeiner katholiſchen Beſtrebungen Unruhen in
dem Lande ausbrechen ſollten.

Durch Beiſpiel, Anmahnung und weſentliche Huͤlfe
ermuthigt, nahm Erzherzog Carl ſeit dem Jahre 1580 eine
ganz andere Stellung an.

In dieſem Jahre gab er ſeinen fruͤheren Zugeſtaͤndniſ-
ſen eine Erklaͤrung, welche als ein Widerruf derſelben betrach-
tet werden konnte. Die Staͤnde thaten ihm einen Fußfall,

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[128/0140] Buch V. Gegenreformationen. Conceſſionen verſtehn muͤſſen, als ſchon an ſo vielen Or- ten die katholiſche Reaction im Gange war. Seine Stam- mesvettern konnten es ihm nicht verzeihen. Sein Schwager Herzog Albrecht von Baiern ſtellte ihm vor: daß ihn der Religionsfriede berechtige ſeine Unterthanen zu der Re- ligion zu noͤthigen, die er ſelber bekenne. Er rieth dem Erzherzog dreierlei: einmal alle ſeine Aemter vornehmlich Hof und geheimen Rath nur mit Katholiſchen zu be- ſetzen: ſodann auf den Landtagen die verſchiedenen Staͤnde von einander abzuſondern, um mit den Einzelnen deſto beſſer fertig werden zu koͤnnen: endlich mit dem Papſt in gutes Vernehmen zu treten, und ſich einen Nuntius von demſelben auszubitten. Schon von ſelbſt bot Gre- gor XIII. die Hand hiezu. Da er ſehr wohl wußte, daß es hauptſaͤchlich das Geldbeduͤrfniß war, was den Erzher- zog zu ſeinen Zugeſtaͤndniſſen bewogen hatte, ſo ergriff er das beſte Mittel ihn von ſeinen Landſaſſen unabhaͤngiger zu machen: er ſchickte ihm ſelber Geld: noch im Jahre 1580 die fuͤr jene Zeit ganz bedeutende Summe von 40000 Sc.: in Venedig legte er ein noch anſehnlicheres Capital nieder, deſſen ſich der Erzherzog in dem Falle bedienen koͤnne, daß in Folge ſeiner katholiſchen Beſtrebungen Unruhen in dem Lande ausbrechen ſollten. Durch Beiſpiel, Anmahnung und weſentliche Huͤlfe ermuthigt, nahm Erzherzog Carl ſeit dem Jahre 1580 eine ganz andere Stellung an. In dieſem Jahre gab er ſeinen fruͤheren Zugeſtaͤndniſ- ſen eine Erklaͤrung, welche als ein Widerruf derſelben betrach- tet werden konnte. Die Staͤnde thaten ihm einen Fußfall, und

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/140>, abgerufen am 26.05.2024.