Gott allein, behaupteten die Protestanten, setze dem Menschengeschlecht seine Fürsten: er habe sich vorbehalten zu erhöhen und zu erniedrigen, die Gewalt auszutheilen und zu ermäßigen. Wohl steige er nicht mehr vom Him- mel herab, um diejenigen mit dem Finger zu bezeichnen welchen die Herrschaft gebühre, aber durch seine ewige Vor- sehung seyen in jedem Reiche Gesetze, bestimmte Ordnun- gen eingeführt, nach denen ein Herrscher angenommen werde. Komme ein Fürst kraft dieser Ordnungen zur Gewalt, so sey das eben so gut, als sage Gottes Stimme: das soll euer König seyn. Wohl habe Gott einstmals seinem Volke Mosen, die Richter, die ersten Könige persönlich gewiesen, aber nachdem einmal eine feste Ordnung eingeführt worden, seyen die andern, die nach Jenen zum Throne gelangt, eben so gut die Gesalbten Gottes gewesen 1).
Von diesen Grundsätzen aus drangen nun die Pro- testanten auf die Nothwendigkeit sich auch ungerechten und tadelnswürdigen Fürsten zu unterwerfen. Vollkommen sey ohnehin Niemand. Werde das Gesetz nicht unverbrüchlich ge- handhabt, so würde man auch von geringern Fehlern An- laß nehmen sich eines Fürsten zu entledigen. Selbst die Ketzerei befreie nicht von dem Gehorsam überhaupt. Ei- nem gottlosen Vater dürfe der Sohn zwar nicht in dem gehorchen, was wider Gottes Gebot sey, aber übrigens
bleibe
1)Explicatio controversiarum quae a nonnullis moventur ex Henrici Borbonii regis in regnum Franciae constitutione, -- -- opus -- -- a Tossano Bercheto Lingonensi e Gallico in La- tinum sermonem conversum. Sedani 1590 Cap. II.
BuchVI. Innere Streitigkeiten.
Gott allein, behaupteten die Proteſtanten, ſetze dem Menſchengeſchlecht ſeine Fuͤrſten: er habe ſich vorbehalten zu erhoͤhen und zu erniedrigen, die Gewalt auszutheilen und zu ermaͤßigen. Wohl ſteige er nicht mehr vom Him- mel herab, um diejenigen mit dem Finger zu bezeichnen welchen die Herrſchaft gebuͤhre, aber durch ſeine ewige Vor- ſehung ſeyen in jedem Reiche Geſetze, beſtimmte Ordnun- gen eingefuͤhrt, nach denen ein Herrſcher angenommen werde. Komme ein Fuͤrſt kraft dieſer Ordnungen zur Gewalt, ſo ſey das eben ſo gut, als ſage Gottes Stimme: das ſoll euer Koͤnig ſeyn. Wohl habe Gott einſtmals ſeinem Volke Moſen, die Richter, die erſten Koͤnige perſoͤnlich gewieſen, aber nachdem einmal eine feſte Ordnung eingefuͤhrt worden, ſeyen die andern, die nach Jenen zum Throne gelangt, eben ſo gut die Geſalbten Gottes geweſen 1).
Von dieſen Grundſaͤtzen aus drangen nun die Pro- teſtanten auf die Nothwendigkeit ſich auch ungerechten und tadelnswuͤrdigen Fuͤrſten zu unterwerfen. Vollkommen ſey ohnehin Niemand. Werde das Geſetz nicht unverbruͤchlich ge- handhabt, ſo wuͤrde man auch von geringern Fehlern An- laß nehmen ſich eines Fuͤrſten zu entledigen. Selbſt die Ketzerei befreie nicht von dem Gehorſam uͤberhaupt. Ei- nem gottloſen Vater duͤrfe der Sohn zwar nicht in dem gehorchen, was wider Gottes Gebot ſey, aber uͤbrigens
bleibe
1)Explicatio controversiarum quae a nonnullis moventur ex Henrici Borbonii regis in regnum Franciae constitutione, — — opus — — a Tossano Bercheto Lingonensi e Gallico in La- tinum sermonem conversum. Sedani 1590 Cap. II.
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Buch VI. Innere Streitigkeiten.
Gott allein, behaupteten die Proteſtanten, ſetze dem
Menſchengeſchlecht ſeine Fuͤrſten: er habe ſich vorbehalten
zu erhoͤhen und zu erniedrigen, die Gewalt auszutheilen
und zu ermaͤßigen. Wohl ſteige er nicht mehr vom Him-
mel herab, um diejenigen mit dem Finger zu bezeichnen
welchen die Herrſchaft gebuͤhre, aber durch ſeine ewige Vor-
ſehung ſeyen in jedem Reiche Geſetze, beſtimmte Ordnun-
gen eingefuͤhrt, nach denen ein Herrſcher angenommen werde.
Komme ein Fuͤrſt kraft dieſer Ordnungen zur Gewalt, ſo
ſey das eben ſo gut, als ſage Gottes Stimme: das ſoll
euer Koͤnig ſeyn. Wohl habe Gott einſtmals ſeinem Volke
Moſen, die Richter, die erſten Koͤnige perſoͤnlich gewieſen,
aber nachdem einmal eine feſte Ordnung eingefuͤhrt worden,
ſeyen die andern, die nach Jenen zum Throne gelangt, eben
ſo gut die Geſalbten Gottes geweſen 1).
Von dieſen Grundſaͤtzen aus drangen nun die Pro-
teſtanten auf die Nothwendigkeit ſich auch ungerechten und
tadelnswuͤrdigen Fuͤrſten zu unterwerfen. Vollkommen ſey
ohnehin Niemand. Werde das Geſetz nicht unverbruͤchlich ge-
handhabt, ſo wuͤrde man auch von geringern Fehlern An-
laß nehmen ſich eines Fuͤrſten zu entledigen. Selbſt die
Ketzerei befreie nicht von dem Gehorſam uͤberhaupt. Ei-
nem gottloſen Vater duͤrfe der Sohn zwar nicht in dem
gehorchen, was wider Gottes Gebot ſey, aber uͤbrigens
bleibe
1) Explicatio controversiarum quae a nonnullis moventur
ex Henrici Borbonii regis in regnum Franciae constitutione, —
— opus — — a Tossano Bercheto Lingonensi e Gallico in La-
tinum sermonem conversum. Sedani 1590 Cap. II.
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/204>, abgerufen am 21.11.2024.
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