Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite
Letzte Zeiten Sixtus V.

Aber man glaube nicht, daß er indessen die andere
Partei aufgegeben hätte. Zu derselben Zeit hatte er den
Agenten eines Oberhauptes der Hugenotten, des Lesdi-
guieres bei sich: ein Geschäftsträger des Landgrafen, ein
englischer Abgeordneter waren zugegen, und schon suchte
sich der kaiserliche Botschafter gegen die Einflüsterungen die
er von dem sächsischen Gesandten fürchtete, der aufs neue
erwartet wurde, sicher zu stellen: die Umtriebe des Kanz-
lers Crell drangen bis nach Rom 1).

So blieb der gewaltige Kirchenfürst, welcher der Mei-
nung lebte, daß ihm eine directe Gewalt über alle Erde
verliehen sey, welcher einen Schatz gesammelt, der ihm
wohl die Kraft verliehen hätte einen großen Ausschlag zu
geben, in dem Moment der Entscheidung unentschlossen,
schwankend.

Dürfte man ihm wohl ein Verbrechen daraus ma-
chen? Ich fürchte, wir würden ihm Unrecht thun. Er
durchschaute die Lage der Dinge: er sah die Gefahren auf
beiden Seiten: entgegengesetzten Ueberzeugungen gab er
Raum: ein Moment, der ihm eine endliche Entscheidung
abgenöthigt hätte, war nicht vorhanden. Bis in seine

star neutrale, laudando il consiglio risponde non poter restar a
far qualche cosa (Disp. 28 Luglio).
Indessen heißt es im Disp.
21 Luglio: Laodigeres haveva mandato un suo huomo a trattar
con S. Sa, il quale ha trattato lungamente seco.
1) Anders ist es nicht zu verstehn, daß der kaiserliche Bot-
schafter den Papst vor sächsischen Einflüsterungen warnt. L'amba-
sciatore dell' imperatore prega il pontefice di non voler ascoltare
quel huomo che vien detto esser mandato dal duca di Sassonia,
in quello che fusse di pregiuditio del suo patron e della casa
d'Austria: e cosi li vien promesso.
Letzte Zeiten Sixtus V.

Aber man glaube nicht, daß er indeſſen die andere
Partei aufgegeben haͤtte. Zu derſelben Zeit hatte er den
Agenten eines Oberhauptes der Hugenotten, des Lesdi-
guieres bei ſich: ein Geſchaͤftstraͤger des Landgrafen, ein
engliſcher Abgeordneter waren zugegen, und ſchon ſuchte
ſich der kaiſerliche Botſchafter gegen die Einfluͤſterungen die
er von dem ſaͤchſiſchen Geſandten fuͤrchtete, der aufs neue
erwartet wurde, ſicher zu ſtellen: die Umtriebe des Kanz-
lers Crell drangen bis nach Rom 1).

So blieb der gewaltige Kirchenfuͤrſt, welcher der Mei-
nung lebte, daß ihm eine directe Gewalt uͤber alle Erde
verliehen ſey, welcher einen Schatz geſammelt, der ihm
wohl die Kraft verliehen haͤtte einen großen Ausſchlag zu
geben, in dem Moment der Entſcheidung unentſchloſſen,
ſchwankend.

Duͤrfte man ihm wohl ein Verbrechen daraus ma-
chen? Ich fuͤrchte, wir wuͤrden ihm Unrecht thun. Er
durchſchaute die Lage der Dinge: er ſah die Gefahren auf
beiden Seiten: entgegengeſetzten Ueberzeugungen gab er
Raum: ein Moment, der ihm eine endliche Entſcheidung
abgenoͤthigt haͤtte, war nicht vorhanden. Bis in ſeine

star neutrale, laudando il consiglio risponde non poter restar a
far qualche cosa (Disp. 28 Luglio).
Indeſſen heißt es im Disp.
21 Luglio: Laodigeres haveva mandato un suo huomo a trattar
con S. Sà, il quale ha trattato lungamente seco.
1) Anders iſt es nicht zu verſtehn, daß der kaiſerliche Bot-
ſchafter den Papſt vor ſaͤchſiſchen Einfluͤſterungen warnt. L’amba-
sciatore dell’ imperatore prega il pontefice di non voler ascoltare
quel huomo che vien detto esser mandato dal duca di Sassonia,
in quello che fusse di pregiuditio del suo patron e della casa
d’Austria: e così li vien promesso.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0227" n="215"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#g">Letzte Zeiten Sixtus</hi> <hi rendition="#aq">V.</hi> </fw><lb/>
          <p>Aber man glaube nicht, daß er inde&#x017F;&#x017F;en die andere<lb/>
Partei aufgegeben ha&#x0364;tte. Zu der&#x017F;elben Zeit hatte er den<lb/>
Agenten eines Oberhauptes der Hugenotten, des Lesdi-<lb/>
guieres bei &#x017F;ich: ein Ge&#x017F;cha&#x0364;ftstra&#x0364;ger des Landgrafen, ein<lb/>
engli&#x017F;cher Abgeordneter waren zugegen, und &#x017F;chon &#x017F;uchte<lb/>
&#x017F;ich der kai&#x017F;erliche Bot&#x017F;chafter gegen die Einflu&#x0364;&#x017F;terungen die<lb/>
er von dem &#x017F;a&#x0364;ch&#x017F;i&#x017F;chen Ge&#x017F;andten fu&#x0364;rchtete, der aufs neue<lb/>
erwartet wurde, &#x017F;icher zu &#x017F;tellen: die Umtriebe des Kanz-<lb/>
lers Crell drangen bis nach Rom <note place="foot" n="1)">Anders i&#x017F;t es nicht zu ver&#x017F;tehn, daß der kai&#x017F;erliche Bot-<lb/>
&#x017F;chafter den Pap&#x017F;t vor &#x017F;a&#x0364;ch&#x017F;i&#x017F;chen Einflu&#x0364;&#x017F;terungen warnt. <hi rendition="#aq">L&#x2019;amba-<lb/>
sciatore dell&#x2019; imperatore prega il pontefice di non voler ascoltare<lb/>
quel huomo che vien detto esser mandato dal duca di Sassonia,<lb/>
in quello che fusse di pregiuditio del suo patron e della casa<lb/>
d&#x2019;Austria: e così li vien promesso.</hi></note>.</p><lb/>
          <p>So blieb der gewaltige Kirchenfu&#x0364;r&#x017F;t, welcher der Mei-<lb/>
nung lebte, daß ihm eine directe Gewalt u&#x0364;ber alle Erde<lb/>
verliehen &#x017F;ey, welcher einen Schatz ge&#x017F;ammelt, der ihm<lb/>
wohl die Kraft verliehen ha&#x0364;tte einen großen Aus&#x017F;chlag zu<lb/>
geben, in dem Moment der Ent&#x017F;cheidung unent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
&#x017F;chwankend.</p><lb/>
          <p>Du&#x0364;rfte man ihm wohl ein Verbrechen daraus ma-<lb/>
chen? Ich fu&#x0364;rchte, wir wu&#x0364;rden ihm Unrecht thun. Er<lb/>
durch&#x017F;chaute die Lage der Dinge: er &#x017F;ah die Gefahren auf<lb/>
beiden Seiten: entgegenge&#x017F;etzten Ueberzeugungen gab er<lb/>
Raum: ein Moment, der ihm eine endliche Ent&#x017F;cheidung<lb/>
abgeno&#x0364;thigt ha&#x0364;tte, war nicht vorhanden. Bis in &#x017F;eine<lb/><note xml:id="seg2pn_13_2" prev="#seg2pn_13_1" place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">star neutrale, laudando il consiglio risponde non poter restar a<lb/>
far qualche cosa (Disp. 28 Luglio).</hi> Inde&#x017F;&#x017F;en heißt es im <hi rendition="#aq">Disp.<lb/>
21 Luglio: Laodigeres haveva mandato un suo huomo a trattar<lb/>
con S. S<hi rendition="#sup">à</hi>, il quale ha trattato lungamente seco.</hi></note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[215/0227] Letzte Zeiten Sixtus V. Aber man glaube nicht, daß er indeſſen die andere Partei aufgegeben haͤtte. Zu derſelben Zeit hatte er den Agenten eines Oberhauptes der Hugenotten, des Lesdi- guieres bei ſich: ein Geſchaͤftstraͤger des Landgrafen, ein engliſcher Abgeordneter waren zugegen, und ſchon ſuchte ſich der kaiſerliche Botſchafter gegen die Einfluͤſterungen die er von dem ſaͤchſiſchen Geſandten fuͤrchtete, der aufs neue erwartet wurde, ſicher zu ſtellen: die Umtriebe des Kanz- lers Crell drangen bis nach Rom 1). So blieb der gewaltige Kirchenfuͤrſt, welcher der Mei- nung lebte, daß ihm eine directe Gewalt uͤber alle Erde verliehen ſey, welcher einen Schatz geſammelt, der ihm wohl die Kraft verliehen haͤtte einen großen Ausſchlag zu geben, in dem Moment der Entſcheidung unentſchloſſen, ſchwankend. Duͤrfte man ihm wohl ein Verbrechen daraus ma- chen? Ich fuͤrchte, wir wuͤrden ihm Unrecht thun. Er durchſchaute die Lage der Dinge: er ſah die Gefahren auf beiden Seiten: entgegengeſetzten Ueberzeugungen gab er Raum: ein Moment, der ihm eine endliche Entſcheidung abgenoͤthigt haͤtte, war nicht vorhanden. Bis in ſeine 2) 1) Anders iſt es nicht zu verſtehn, daß der kaiſerliche Bot- ſchafter den Papſt vor ſaͤchſiſchen Einfluͤſterungen warnt. L’amba- sciatore dell’ imperatore prega il pontefice di non voler ascoltare quel huomo che vien detto esser mandato dal duca di Sassonia, in quello che fusse di pregiuditio del suo patron e della casa d’Austria: e così li vien promesso. 2) star neutrale, laudando il consiglio risponde non poter restar a far qualche cosa (Disp. 28 Luglio). Indeſſen heißt es im Disp. 21 Luglio: Laodigeres haveva mandato un suo huomo a trattar con S. Sà, il quale ha trattato lungamente seco.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/227
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/227>, abgerufen am 21.11.2024.