nicht davon abhängig machten. Vielleicht auch aus Wider- willen gegen die Protestanten in der Umgebung des Königs drangen sie immer ernstlicher darauf: die Prinzen von Ge- blüt, die angesehensten Staatsmänner, der größte Theil des Hofes vereinigten sich zu jenem Tiers-parti, dessen unterscheidender Charakter in dieser Forderung lag 1).
Sobald die Sachen diese Gestalt angenommen hatten, sah Jedermann, und die Protestanten selbst läugneten es nicht, daß Heinrich, wenn er König seyn wolle, katholisch werden müsse. Es ist nicht nöthig die Ansprüche Derje- nigen zu untersuchen, die den letzten Anstoß dazu gegeben zu haben behaupten. Das Meiste that die große Combi- nation: die Nothwendigkeit der Dinge 2). Indem Hein- rich jetzt den Act vollzog, durch welchen er zum Katholi- cismus übertrat, gesellte er sich jener nationalfranzösischen katholischen Gesinnung zu, welche sich im Tiers-parti und der politischen Partei darstellte, und welche jetzt die Aussicht hatte die Herrschaft in Frankreich zu behaupten.
Es war dieß aber im Grunde doch nur eben jene katholische Opposition, die sich den kirchlich-spanischen Unternehmungen gegenüber um die Fahne der Legitimität und der nationalen Unabhängigkeit gesammelt hatte. Wie gewaltig war sie nun in Macht und Ansehen gewachsen! In der Meinung bes Landes hatte sie ohne Zweifel das Uebergewicht: über ganz Frankreich hin bekannte man sich,
1) So wird er bei Sully geschildert V, 249.
2) Daß Heinrich im April 1593 dazu entschlossen war, beweist sein Schreiben an den Großherzog von Toscana vom 26sten d. M. Galluzzi: Storia del granducato s. V p. 160.
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Abſolution HeinrichsIV.
nicht davon abhaͤngig machten. Vielleicht auch aus Wider- willen gegen die Proteſtanten in der Umgebung des Koͤnigs drangen ſie immer ernſtlicher darauf: die Prinzen von Ge- bluͤt, die angeſehenſten Staatsmaͤnner, der groͤßte Theil des Hofes vereinigten ſich zu jenem Tiers-parti, deſſen unterſcheidender Charakter in dieſer Forderung lag 1).
Sobald die Sachen dieſe Geſtalt angenommen hatten, ſah Jedermann, und die Proteſtanten ſelbſt laͤugneten es nicht, daß Heinrich, wenn er Koͤnig ſeyn wolle, katholiſch werden muͤſſe. Es iſt nicht noͤthig die Anſpruͤche Derje- nigen zu unterſuchen, die den letzten Anſtoß dazu gegeben zu haben behaupten. Das Meiſte that die große Combi- nation: die Nothwendigkeit der Dinge 2). Indem Hein- rich jetzt den Act vollzog, durch welchen er zum Katholi- cismus uͤbertrat, geſellte er ſich jener nationalfranzoͤſiſchen katholiſchen Geſinnung zu, welche ſich im Tiers-parti und der politiſchen Partei darſtellte, und welche jetzt die Ausſicht hatte die Herrſchaft in Frankreich zu behaupten.
Es war dieß aber im Grunde doch nur eben jene katholiſche Oppoſition, die ſich den kirchlich-ſpaniſchen Unternehmungen gegenuͤber um die Fahne der Legitimitaͤt und der nationalen Unabhaͤngigkeit geſammelt hatte. Wie gewaltig war ſie nun in Macht und Anſehen gewachſen! In der Meinung bes Landes hatte ſie ohne Zweifel das Uebergewicht: uͤber ganz Frankreich hin bekannte man ſich,
1) So wird er bei Sully geſchildert V, 249.
2) Daß Heinrich im April 1593 dazu entſchloſſen war, beweiſt ſein Schreiben an den Großherzog von Toscana vom 26ſten d. M. Galluzzi: Storia del granducato s. V p. 160.
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Abſolution Heinrichs IV.
nicht davon abhaͤngig machten. Vielleicht auch aus Wider-
willen gegen die Proteſtanten in der Umgebung des Koͤnigs
drangen ſie immer ernſtlicher darauf: die Prinzen von Ge-
bluͤt, die angeſehenſten Staatsmaͤnner, der groͤßte Theil
des Hofes vereinigten ſich zu jenem Tiers-parti, deſſen
unterſcheidender Charakter in dieſer Forderung lag 1).
Sobald die Sachen dieſe Geſtalt angenommen hatten,
ſah Jedermann, und die Proteſtanten ſelbſt laͤugneten es
nicht, daß Heinrich, wenn er Koͤnig ſeyn wolle, katholiſch
werden muͤſſe. Es iſt nicht noͤthig die Anſpruͤche Derje-
nigen zu unterſuchen, die den letzten Anſtoß dazu gegeben
zu haben behaupten. Das Meiſte that die große Combi-
nation: die Nothwendigkeit der Dinge 2). Indem Hein-
rich jetzt den Act vollzog, durch welchen er zum Katholi-
cismus uͤbertrat, geſellte er ſich jener nationalfranzoͤſiſchen
katholiſchen Geſinnung zu, welche ſich im Tiers-parti und
der politiſchen Partei darſtellte, und welche jetzt die Ausſicht
hatte die Herrſchaft in Frankreich zu behaupten.
Es war dieß aber im Grunde doch nur eben jene
katholiſche Oppoſition, die ſich den kirchlich-ſpaniſchen
Unternehmungen gegenuͤber um die Fahne der Legitimitaͤt
und der nationalen Unabhaͤngigkeit geſammelt hatte. Wie
gewaltig war ſie nun in Macht und Anſehen gewachſen!
In der Meinung bes Landes hatte ſie ohne Zweifel das
Uebergewicht: uͤber ganz Frankreich hin bekannte man ſich,
1) So wird er bei Sully geſchildert V, 249.
2) Daß Heinrich im April 1593 dazu entſchloſſen war, beweiſt
ſein Schreiben an den Großherzog von Toscana vom 26ſten d. M.
Galluzzi: Storia del granducato s. V p. 160.
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/255>, abgerufen am 22.11.2024.
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