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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Buch VI. Innere Streitigkeiten.
genscheinlich sey 1). Hiedurch war ein großer Schritt ge-
schehen. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß wenn man ge-
eilt und sogleich eine neue Investitur auf einen bestimm-
ten Namen ausgefertigt hätte, die Sache zu dem erwünsch-
ten Ziele gebracht worden wäre. Jedoch Alfonso wollte
seinen Erben nicht nennen. Auch war er hierüber mit den
Sfondrati nicht ganz einerlei Meinung: sie hätten Mar-
chese Filippo von Este vorgezogen: ihm war sein näherer
Vetter Cesare lieber. Hierüber verging die Zeit, und auch
Gregor starb, ehe etwas festgesetzt worden 2).

Indessen hatte man auch die Unterhandlungen mit dem
kaiserlichen Hofe eröffnet. Ferrara zwar war ein päpstliches,
Modena und Reggio aber waren kaiserliche Lehen. Hier
nun kam dem Herzog seine bisherige Politik zu Statten:
mit dem leitenden Minister des Kaisers, Wolf Rumpf, stand
er im besten Vernehmen. In der That gewährte ihm Ru-
dolf II. die Erneuerung der Belehnung, und gestand ihm
selbst eine Frist zu, innerhalb deren es ihm frei stehn solle,
wen er selbst wünsche als seinen Nachfolger zu ernennen.

Desto hartnäckiger aber zeigte sich der nunmehrige Papst

1) Dispaccio Donato: "quando ci fusse evidentissima uti-
lita et urgente necessita -- -- il che fu fatto per aprire la strada
all' intentione del Sr duca.
Der Cardinal S Severina behaup-
tet, daß er es vorzüglich gewesen der die Absicht rückgängig gemacht
habe, obwohl mit großer Schwierigkeit und unter vielem Wider-
spruch: auch habe der Papst jenen Zusatz endlich bereut.
2) Cronica di Ferrara Ms. der Bibl. Albani berichtet auch,
es sey kein Zweifel, daß Gregor XIV. etwas für Ferrara gethan
haben würde. Aus der Congregation sey er entrüstet weggegangen,
und darüber sey er krank geworden. Alfonso geht nach einer Villa
des Cardinal Farnese "aspettando o vita o morte di questo papa.
Venne la morte. Il duca ritorno."

Buch VI. Innere Streitigkeiten.
genſcheinlich ſey 1). Hiedurch war ein großer Schritt ge-
ſchehen. Es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß wenn man ge-
eilt und ſogleich eine neue Inveſtitur auf einen beſtimm-
ten Namen ausgefertigt haͤtte, die Sache zu dem erwuͤnſch-
ten Ziele gebracht worden waͤre. Jedoch Alfonſo wollte
ſeinen Erben nicht nennen. Auch war er hieruͤber mit den
Sfondrati nicht ganz einerlei Meinung: ſie haͤtten Mar-
cheſe Filippo von Eſte vorgezogen: ihm war ſein naͤherer
Vetter Ceſare lieber. Hieruͤber verging die Zeit, und auch
Gregor ſtarb, ehe etwas feſtgeſetzt worden 2).

Indeſſen hatte man auch die Unterhandlungen mit dem
kaiſerlichen Hofe eroͤffnet. Ferrara zwar war ein paͤpſtliches,
Modena und Reggio aber waren kaiſerliche Lehen. Hier
nun kam dem Herzog ſeine bisherige Politik zu Statten:
mit dem leitenden Miniſter des Kaiſers, Wolf Rumpf, ſtand
er im beſten Vernehmen. In der That gewaͤhrte ihm Ru-
dolf II. die Erneuerung der Belehnung, und geſtand ihm
ſelbſt eine Friſt zu, innerhalb deren es ihm frei ſtehn ſolle,
wen er ſelbſt wuͤnſche als ſeinen Nachfolger zu ernennen.

Deſto hartnaͤckiger aber zeigte ſich der nunmehrige Papſt

1) Dispaccio Donato: „quando ci fusse evidentissima uti-
lità et urgente necessità — — il che fu fatto per aprire la strada
all’ intentione del Sr duca.
Der Cardinal S Severina behaup-
tet, daß er es vorzuͤglich geweſen der die Abſicht ruͤckgaͤngig gemacht
habe, obwohl mit großer Schwierigkeit und unter vielem Wider-
ſpruch: auch habe der Papſt jenen Zuſatz endlich bereut.
2) Cronica di Ferrara Ms. der Bibl. Albani berichtet auch,
es ſey kein Zweifel, daß Gregor XIV. etwas fuͤr Ferrara gethan
haben wuͤrde. Aus der Congregation ſey er entruͤſtet weggegangen,
und daruͤber ſey er krank geworden. Alfonſo geht nach einer Villa
des Cardinal Farneſe „aspettando o vita o morte di questo papa.
Venne la morte. Il duca ritornò.“
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[266/0278] Buch VI. Innere Streitigkeiten. genſcheinlich ſey 1). Hiedurch war ein großer Schritt ge- ſchehen. Es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß wenn man ge- eilt und ſogleich eine neue Inveſtitur auf einen beſtimm- ten Namen ausgefertigt haͤtte, die Sache zu dem erwuͤnſch- ten Ziele gebracht worden waͤre. Jedoch Alfonſo wollte ſeinen Erben nicht nennen. Auch war er hieruͤber mit den Sfondrati nicht ganz einerlei Meinung: ſie haͤtten Mar- cheſe Filippo von Eſte vorgezogen: ihm war ſein naͤherer Vetter Ceſare lieber. Hieruͤber verging die Zeit, und auch Gregor ſtarb, ehe etwas feſtgeſetzt worden 2). Indeſſen hatte man auch die Unterhandlungen mit dem kaiſerlichen Hofe eroͤffnet. Ferrara zwar war ein paͤpſtliches, Modena und Reggio aber waren kaiſerliche Lehen. Hier nun kam dem Herzog ſeine bisherige Politik zu Statten: mit dem leitenden Miniſter des Kaiſers, Wolf Rumpf, ſtand er im beſten Vernehmen. In der That gewaͤhrte ihm Ru- dolf II. die Erneuerung der Belehnung, und geſtand ihm ſelbſt eine Friſt zu, innerhalb deren es ihm frei ſtehn ſolle, wen er ſelbſt wuͤnſche als ſeinen Nachfolger zu ernennen. Deſto hartnaͤckiger aber zeigte ſich der nunmehrige Papſt 1) Dispaccio Donato: „quando ci fusse evidentissima uti- lità et urgente necessità — — il che fu fatto per aprire la strada all’ intentione del Sr duca. Der Cardinal S Severina behaup- tet, daß er es vorzuͤglich geweſen der die Abſicht ruͤckgaͤngig gemacht habe, obwohl mit großer Schwierigkeit und unter vielem Wider- ſpruch: auch habe der Papſt jenen Zuſatz endlich bereut. 2) Cronica di Ferrara Ms. der Bibl. Albani berichtet auch, es ſey kein Zweifel, daß Gregor XIV. etwas fuͤr Ferrara gethan haben wuͤrde. Aus der Congregation ſey er entruͤſtet weggegangen, und daruͤber ſey er krank geworden. Alfonſo geht nach einer Villa des Cardinal Farneſe „aspettando o vita o morte di questo papa. Venne la morte. Il duca ritornò.“

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/278>, abgerufen am 20.05.2024.