Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.Buch V. Gegenreformationen. Meinungen angenommen: was am merkwürdigsten ist, selbstder geistliche Stand: nicht allein Priester, Mönche und Nonnen -- es möchte wohl wenig Klöster geben, welche sich unberührt gehalten -- sondern die Bischöfe selbst und viele von den vornehmsten Prälaten." "Ew. Herrlichkeit," sagt er seinem Doge, "sey überzeugt, daß das gemeine Volk ausgenommen, welches die Kirchen noch immer eifrig besucht, alle Andern abgefallen sind, besonders die Adlichen, die jüngern Männer unter 40 Jahr fast ohne Ausnahme. Denn wiewohl Viele von ihnen noch zur Messe gehn, so geschieht es doch nur zum Schein und aus Furcht: wenn sie sich unbeobachtet wissen, fliehen sie Messe und Kirche." Als Micheli nach Genf kam, vernahm er, daß unmittel- bar nach dem Tode Franz II. 50 Prediger von hier nach verschiedenen Städten in Frankreich ausgegangen; er er- staunt, in welchem Ansehen Calvin steht, wie viel Geld ihm zufließt zu Gunsten der Tausende, die sich nach Genf zu- rückgezogen 1). Er findet es unerläßlich, daß den franzö- sischen Protestanten Religionsfreiheit, wenigstens ein In- terim 1) Micheli: Relatione delle cose di Francia l'anno 1561.
Dapoi che fu conosciuto che col mettere in prigione e col ca- stigare e con l'abbrucciare non solo non si emendavano, ma si disordinavano piu, fu deliberato che non si procedesse piu contra alcuno, eccetto che contra quelli che andavano predi- cando seducendo e facendo publicamente le congregationi e le assemblee, e gli altri si lassassero vivere: onde ne furono libe- rati e cavati di prigione di Parigi e di tutte le altre terre del regno un grandissimo numero, che rimasero poi nel regno pra- ticando liberamente e parlando con ogn'uno e gloriandosi che aveano guadagnato la lite contra i Papisti, cosi chiamavano e chiamano li loro adversarii. Buch V. Gegenreformationen. Meinungen angenommen: was am merkwuͤrdigſten iſt, ſelbſtder geiſtliche Stand: nicht allein Prieſter, Moͤnche und Nonnen — es moͤchte wohl wenig Kloͤſter geben, welche ſich unberuͤhrt gehalten — ſondern die Biſchoͤfe ſelbſt und viele von den vornehmſten Praͤlaten.“ „Ew. Herrlichkeit,“ ſagt er ſeinem Doge, „ſey uͤberzeugt, daß das gemeine Volk ausgenommen, welches die Kirchen noch immer eifrig beſucht, alle Andern abgefallen ſind, beſonders die Adlichen, die juͤngern Maͤnner unter 40 Jahr faſt ohne Ausnahme. Denn wiewohl Viele von ihnen noch zur Meſſe gehn, ſo geſchieht es doch nur zum Schein und aus Furcht: wenn ſie ſich unbeobachtet wiſſen, fliehen ſie Meſſe und Kirche.“ Als Micheli nach Genf kam, vernahm er, daß unmittel- bar nach dem Tode Franz II. 50 Prediger von hier nach verſchiedenen Staͤdten in Frankreich ausgegangen; er er- ſtaunt, in welchem Anſehen Calvin ſteht, wie viel Geld ihm zufließt zu Gunſten der Tauſende, die ſich nach Genf zu- ruͤckgezogen 1). Er findet es unerlaͤßlich, daß den franzoͤ- ſiſchen Proteſtanten Religionsfreiheit, wenigſtens ein In- terim 1) Micheli: Relatione delle cose di Francia l’anno 1561.
Dapoi che fu conosciuto che col mettere in prigione e col ca- stigare e con l’abbrucciare non solo non si emendavano, ma si disordinavano più, fu deliberato che non si procedesse più contra alcuno, eccetto che contra quelli che andavano predi- cando seducendo e facendo publicamente le congregationi e le assemblee, e gli altri si lassassero vivere: onde ne furono libe- rati e cavati di prigione di Parigi e di tutte le altre terre del regno un grandissimo numero, che rimasero poi nel regno pra- ticando liberamente e parlando con ogn’uno e gloriandosi che aveano guadagnato la lite contra i Papisti, così chiamavano e chiamano li loro adversarii. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0028" n="16"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch <hi rendition="#aq">V.</hi> Gegenreformationen</hi>.</fw><lb/> Meinungen angenommen: was am merkwuͤrdigſten iſt, ſelbſt<lb/> der geiſtliche Stand: nicht allein Prieſter, Moͤnche und<lb/> Nonnen — es moͤchte wohl wenig Kloͤſter geben, welche<lb/> ſich unberuͤhrt gehalten — ſondern die Biſchoͤfe ſelbſt und<lb/> viele von den vornehmſten Praͤlaten.“ „Ew. Herrlichkeit,“<lb/> ſagt er ſeinem Doge, „ſey uͤberzeugt, daß das gemeine<lb/> Volk ausgenommen, welches die Kirchen noch immer eifrig<lb/> beſucht, alle Andern abgefallen ſind, beſonders die Adlichen,<lb/> die juͤngern Maͤnner unter 40 Jahr faſt ohne Ausnahme.<lb/> Denn wiewohl Viele von ihnen noch zur Meſſe gehn, ſo<lb/> geſchieht es doch nur zum Schein und aus Furcht: wenn<lb/> ſie ſich unbeobachtet wiſſen, fliehen ſie Meſſe und Kirche.“<lb/> Als Micheli nach Genf kam, vernahm er, daß unmittel-<lb/> bar nach dem Tode Franz <hi rendition="#aq">II.</hi> 50 Prediger von hier nach<lb/> verſchiedenen Staͤdten in Frankreich ausgegangen; er er-<lb/> ſtaunt, in welchem Anſehen Calvin ſteht, wie viel Geld ihm<lb/> zufließt zu Gunſten der Tauſende, die ſich nach Genf zu-<lb/> ruͤckgezogen <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Micheli: Relatione delle cose di Francia l’anno 1561.<lb/> Dapoi che fu conosciuto che col mettere in prigione e col ca-<lb/> stigare e con l’abbrucciare non solo non si emendavano, ma si<lb/> disordinavano più, fu deliberato che non si procedesse più<lb/> contra alcuno, eccetto che contra quelli che andavano predi-<lb/> cando seducendo e facendo publicamente le congregationi e le<lb/> assemblee, e gli altri si lassassero vivere: onde ne furono libe-<lb/> rati e cavati di prigione di Parigi e di tutte le altre terre del<lb/> regno un grandissimo numero, che rimasero poi nel regno pra-<lb/> ticando liberamente e parlando con ogn’uno e gloriandosi che<lb/> aveano guadagnato la lite contra i Papisti, così chiamavano e<lb/> chiamano li loro adversarii.</hi></note>. Er findet es unerlaͤßlich, daß den franzoͤ-<lb/> ſiſchen Proteſtanten Religionsfreiheit, wenigſtens ein In-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">terim</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [16/0028]
Buch V. Gegenreformationen.
Meinungen angenommen: was am merkwuͤrdigſten iſt, ſelbſt
der geiſtliche Stand: nicht allein Prieſter, Moͤnche und
Nonnen — es moͤchte wohl wenig Kloͤſter geben, welche
ſich unberuͤhrt gehalten — ſondern die Biſchoͤfe ſelbſt und
viele von den vornehmſten Praͤlaten.“ „Ew. Herrlichkeit,“
ſagt er ſeinem Doge, „ſey uͤberzeugt, daß das gemeine
Volk ausgenommen, welches die Kirchen noch immer eifrig
beſucht, alle Andern abgefallen ſind, beſonders die Adlichen,
die juͤngern Maͤnner unter 40 Jahr faſt ohne Ausnahme.
Denn wiewohl Viele von ihnen noch zur Meſſe gehn, ſo
geſchieht es doch nur zum Schein und aus Furcht: wenn
ſie ſich unbeobachtet wiſſen, fliehen ſie Meſſe und Kirche.“
Als Micheli nach Genf kam, vernahm er, daß unmittel-
bar nach dem Tode Franz II. 50 Prediger von hier nach
verſchiedenen Staͤdten in Frankreich ausgegangen; er er-
ſtaunt, in welchem Anſehen Calvin ſteht, wie viel Geld ihm
zufließt zu Gunſten der Tauſende, die ſich nach Genf zu-
ruͤckgezogen 1). Er findet es unerlaͤßlich, daß den franzoͤ-
ſiſchen Proteſtanten Religionsfreiheit, wenigſtens ein In-
terim
1) Micheli: Relatione delle cose di Francia l’anno 1561.
Dapoi che fu conosciuto che col mettere in prigione e col ca-
stigare e con l’abbrucciare non solo non si emendavano, ma si
disordinavano più, fu deliberato che non si procedesse più
contra alcuno, eccetto che contra quelli che andavano predi-
cando seducendo e facendo publicamente le congregationi e le
assemblee, e gli altri si lassassero vivere: onde ne furono libe-
rati e cavati di prigione di Parigi e di tutte le altre terre del
regno un grandissimo numero, che rimasero poi nel regno pra-
ticando liberamente e parlando con ogn’uno e gloriandosi che
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