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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Jesuitische Bewegungen.
um dem König mit theuern Eidschwüren die Treue der
Gesellschaft zuzusichern. "Ergebe es sich anders, so solle
man ihn und seine Mitbrüder für die schwärzesten Verrä-
ther halten" 1). Dem König schien es rathsamer ihre
Freundschaft als ihre Feindseligkeiten zu erproben. Er sah
ein, daß er sich ihrer zu seinem eigenen Vortheil gegen Spa-
nien werde bedienen können 2).

Durch so viel Motive äußerer Politik und innerer
Nothwendigkeit bewogen erklärte sich der König schon im
Jahre 1600 bei den Unterhandlungen von Lyon bereit den
Orden wieder aufzunehmen. Er selbst wählte sich den Je-
suiten Cotton zu seinem Beichtvater. Nachdem manche an-
dere Gunstbezeugung vorhergegangen, erfolgte im Septem-
ber 1603 das Edict, durch welches die Jesuiten in Frank-
reich wiederhergestellt wurden. Es wurden ihnen einige
Bedingungen gemacht: von denen die wichtigste ist, daß
so die Vorsteher wie die Mitglieder der Gesellschaft in Frank-
reich in Zukunft nur Franzosen seyn dürften 3). Heinrich
zweifelte nicht, daß er alles auf eine Weise angeordnet
habe, die ihn zu vollkommenem Zutrauen berechtige.

Unbedenklich wandte er ihnen seine Gunst zu. In ih-

1) Sully lib. XVII, p. 307.
2) Riconobbe chiaramente d'esserne per ritrarre servigio
e contentamento in varie occorrenze a pro proprio e de' suoi
amici contra gli Spagnoli stessi. (Dispaccio
bei Siri.)
3) Edictum regium bei Juvencius p. V, lib. XII, n. 59.
Bei Juvencius findet man alles zu Gunsten der Jesuiten, in des
Ludovicus Lucius Historia Jesuitica Basileae 1627 lib. II, c. II
was damals gegen die Jesuiten gesagt wurde. Die entscheidenden
Momente findet man weder hier noch dort: bei dem Vertheidiger
sind sie aber doch noch mehr angedeutet als bei dem Ankläger.

Jeſuitiſche Bewegungen.
um dem Koͤnig mit theuern Eidſchwuͤren die Treue der
Geſellſchaft zuzuſichern. „Ergebe es ſich anders, ſo ſolle
man ihn und ſeine Mitbruͤder fuͤr die ſchwaͤrzeſten Verraͤ-
ther halten“ 1). Dem Koͤnig ſchien es rathſamer ihre
Freundſchaft als ihre Feindſeligkeiten zu erproben. Er ſah
ein, daß er ſich ihrer zu ſeinem eigenen Vortheil gegen Spa-
nien werde bedienen koͤnnen 2).

Durch ſo viel Motive aͤußerer Politik und innerer
Nothwendigkeit bewogen erklaͤrte ſich der Koͤnig ſchon im
Jahre 1600 bei den Unterhandlungen von Lyon bereit den
Orden wieder aufzunehmen. Er ſelbſt waͤhlte ſich den Je-
ſuiten Cotton zu ſeinem Beichtvater. Nachdem manche an-
dere Gunſtbezeugung vorhergegangen, erfolgte im Septem-
ber 1603 das Edict, durch welches die Jeſuiten in Frank-
reich wiederhergeſtellt wurden. Es wurden ihnen einige
Bedingungen gemacht: von denen die wichtigſte iſt, daß
ſo die Vorſteher wie die Mitglieder der Geſellſchaft in Frank-
reich in Zukunft nur Franzoſen ſeyn duͤrften 3). Heinrich
zweifelte nicht, daß er alles auf eine Weiſe angeordnet
habe, die ihn zu vollkommenem Zutrauen berechtige.

Unbedenklich wandte er ihnen ſeine Gunſt zu. In ih-

1) Sully lib. XVII, p. 307.
2) Riconobbe chiaramente d’esserne per ritrarre servigio
e contentamento in varie occorrenze a prò proprio e de’ suoi
amici contra gli Spagnoli stessi. (Dispaccio
bei Siri.)
3) Edictum regium bei Juvencius p. V, lib. XII, n. 59.
Bei Juvencius findet man alles zu Gunſten der Jeſuiten, in des
Ludovicus Lucius Historia Jesuitica Basileae 1627 lib. II, c. II
was damals gegen die Jeſuiten geſagt wurde. Die entſcheidenden
Momente findet man weder hier noch dort: bei dem Vertheidiger
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[303/0315] Jeſuitiſche Bewegungen. um dem Koͤnig mit theuern Eidſchwuͤren die Treue der Geſellſchaft zuzuſichern. „Ergebe es ſich anders, ſo ſolle man ihn und ſeine Mitbruͤder fuͤr die ſchwaͤrzeſten Verraͤ- ther halten“ 1). Dem Koͤnig ſchien es rathſamer ihre Freundſchaft als ihre Feindſeligkeiten zu erproben. Er ſah ein, daß er ſich ihrer zu ſeinem eigenen Vortheil gegen Spa- nien werde bedienen koͤnnen 2). Durch ſo viel Motive aͤußerer Politik und innerer Nothwendigkeit bewogen erklaͤrte ſich der Koͤnig ſchon im Jahre 1600 bei den Unterhandlungen von Lyon bereit den Orden wieder aufzunehmen. Er ſelbſt waͤhlte ſich den Je- ſuiten Cotton zu ſeinem Beichtvater. Nachdem manche an- dere Gunſtbezeugung vorhergegangen, erfolgte im Septem- ber 1603 das Edict, durch welches die Jeſuiten in Frank- reich wiederhergeſtellt wurden. Es wurden ihnen einige Bedingungen gemacht: von denen die wichtigſte iſt, daß ſo die Vorſteher wie die Mitglieder der Geſellſchaft in Frank- reich in Zukunft nur Franzoſen ſeyn duͤrften 3). Heinrich zweifelte nicht, daß er alles auf eine Weiſe angeordnet habe, die ihn zu vollkommenem Zutrauen berechtige. Unbedenklich wandte er ihnen ſeine Gunſt zu. In ih- 1) Sully lib. XVII, p. 307. 2) Riconobbe chiaramente d’esserne per ritrarre servigio e contentamento in varie occorrenze a prò proprio e de’ suoi amici contra gli Spagnoli stessi. (Dispaccio bei Siri.) 3) Edictum regium bei Juvencius p. V, lib. XII, n. 59. Bei Juvencius findet man alles zu Gunſten der Jeſuiten, in des Ludovicus Lucius Historia Jesuitica Basileae 1627 lib. II, c. II was damals gegen die Jeſuiten geſagt wurde. Die entſcheidenden Momente findet man weder hier noch dort: bei dem Vertheidiger ſind ſie aber doch noch mehr angedeutet als bei dem Anklaͤger.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/315>, abgerufen am 26.11.2024.