Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Die ersten Jesuitenschulen in Deutschland.
tern viel Einfluß gehabt. Von Würzburg aus durchzogen
sie Franken.

Mittlerweile war ihnen auf einer andern Seite Tyrol
eröffnet worden. Auf den Wunsch der Töchter des Kaisers
siedelten sie sich zu Insbruck und dann zu Hall in deren
Nähe an. In Baiern drangen sie immer weiter vor. In
München, wohin sie 1559 gelangten, fanden sie es selbst
bequemer als in Ingolstadt: sie erklärten es für das deutsche
Rom. Und schon erhob sich unfern von Ingolstadt eine neue
große Colonie. Um seine Universität Dillingen auf ihren ur-
sprünglichen Zweck zurückzuführen, entschloß sich der Cardinal
Truchseß, alle Lehrer, die noch daselbst docirten, zu verabschie-
den, und die Stiftung völlig den Jesuiten anzuvertrauen.
Zwischen deutschen und italienischen Commissarien, des Car-
dinals und des Ordens, ward hierüber zu Botzen ein förm-
liches Abkommen geschlossen. Im Jahre 1563 langten die
Jesuiten in Dillingen an, und nahmen die Lehrstühle in
Besitz. Mit großem Wohlgefallen erzählen sie, wie der
Cardinal, der bald darauf von einer Reise zurückkommend
einen feierlichen Einzug in Dillingen hielt, sich unter allen
denen, die sich zu seinem Empfange aufgestellt hatten, vor-
zugsweise an die Jesuiten wandte, ihnen die Hand zum
Kuß reichte, sie als seine Brüder begrüßte, ihre Zellen
selbst untersuchte und mit ihnen speiste. Er beförderte sie
nach besten Kräften: bald richtete er ihnen eine Mission in
Augsburg ein 1).

Ein ungemeiner Fortgang der Gesellschaft in so kur-
zer Zeit. Im Jahre 1551 hatten sie noch keine feste

1) Sacchinus pars II, lib. VIII, n. 108.

Die erſten Jeſuitenſchulen in Deutſchland.
tern viel Einfluß gehabt. Von Wuͤrzburg aus durchzogen
ſie Franken.

Mittlerweile war ihnen auf einer andern Seite Tyrol
eroͤffnet worden. Auf den Wunſch der Toͤchter des Kaiſers
ſiedelten ſie ſich zu Insbruck und dann zu Hall in deren
Naͤhe an. In Baiern drangen ſie immer weiter vor. In
Muͤnchen, wohin ſie 1559 gelangten, fanden ſie es ſelbſt
bequemer als in Ingolſtadt: ſie erklaͤrten es fuͤr das deutſche
Rom. Und ſchon erhob ſich unfern von Ingolſtadt eine neue
große Colonie. Um ſeine Univerſitaͤt Dillingen auf ihren ur-
ſpruͤnglichen Zweck zuruͤckzufuͤhren, entſchloß ſich der Cardinal
Truchſeß, alle Lehrer, die noch daſelbſt docirten, zu verabſchie-
den, und die Stiftung voͤllig den Jeſuiten anzuvertrauen.
Zwiſchen deutſchen und italieniſchen Commiſſarien, des Car-
dinals und des Ordens, ward hieruͤber zu Botzen ein foͤrm-
liches Abkommen geſchloſſen. Im Jahre 1563 langten die
Jeſuiten in Dillingen an, und nahmen die Lehrſtuͤhle in
Beſitz. Mit großem Wohlgefallen erzaͤhlen ſie, wie der
Cardinal, der bald darauf von einer Reiſe zuruͤckkommend
einen feierlichen Einzug in Dillingen hielt, ſich unter allen
denen, die ſich zu ſeinem Empfange aufgeſtellt hatten, vor-
zugsweiſe an die Jeſuiten wandte, ihnen die Hand zum
Kuß reichte, ſie als ſeine Bruͤder begruͤßte, ihre Zellen
ſelbſt unterſuchte und mit ihnen ſpeiſte. Er befoͤrderte ſie
nach beſten Kraͤften: bald richtete er ihnen eine Miſſion in
Augsburg ein 1).

Ein ungemeiner Fortgang der Geſellſchaft in ſo kur-
zer Zeit. Im Jahre 1551 hatten ſie noch keine feſte

1) Sacchinus pars II, lib. VIII, n. 108.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0043" n="31"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die er&#x017F;ten Je&#x017F;uiten&#x017F;chulen</hi> in <hi rendition="#g">Deut&#x017F;chland</hi>.</fw><lb/>
tern viel Einfluß gehabt. Von Wu&#x0364;rzburg aus durchzogen<lb/>
&#x017F;ie Franken.</p><lb/>
          <p>Mittlerweile war ihnen auf einer andern Seite Tyrol<lb/>
ero&#x0364;ffnet worden. Auf den Wun&#x017F;ch der To&#x0364;chter des Kai&#x017F;ers<lb/>
&#x017F;iedelten &#x017F;ie &#x017F;ich zu Insbruck und dann zu Hall in deren<lb/>
Na&#x0364;he an. In Baiern drangen &#x017F;ie immer weiter vor. In<lb/>
Mu&#x0364;nchen, wohin &#x017F;ie 1559 gelangten, fanden &#x017F;ie es &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
bequemer als in Ingol&#x017F;tadt: &#x017F;ie erkla&#x0364;rten es fu&#x0364;r das deut&#x017F;che<lb/>
Rom. Und &#x017F;chon erhob &#x017F;ich unfern von Ingol&#x017F;tadt eine neue<lb/>
große Colonie. Um &#x017F;eine Univer&#x017F;ita&#x0364;t Dillingen auf ihren ur-<lb/>
&#x017F;pru&#x0364;nglichen Zweck zuru&#x0364;ckzufu&#x0364;hren, ent&#x017F;chloß &#x017F;ich der Cardinal<lb/>
Truch&#x017F;eß, alle Lehrer, die noch da&#x017F;elb&#x017F;t docirten, zu verab&#x017F;chie-<lb/>
den, und die Stiftung vo&#x0364;llig den Je&#x017F;uiten anzuvertrauen.<lb/>
Zwi&#x017F;chen deut&#x017F;chen und italieni&#x017F;chen Commi&#x017F;&#x017F;arien, des Car-<lb/>
dinals und des Ordens, ward hieru&#x0364;ber zu Botzen ein fo&#x0364;rm-<lb/>
liches Abkommen ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en. Im Jahre 1563 langten die<lb/>
Je&#x017F;uiten in Dillingen an, und nahmen die Lehr&#x017F;tu&#x0364;hle in<lb/>
Be&#x017F;itz. Mit großem Wohlgefallen erza&#x0364;hlen &#x017F;ie, wie der<lb/>
Cardinal, der bald darauf von einer Rei&#x017F;e zuru&#x0364;ckkommend<lb/>
einen feierlichen Einzug in Dillingen hielt, &#x017F;ich unter allen<lb/>
denen, die &#x017F;ich zu &#x017F;einem Empfange aufge&#x017F;tellt hatten, vor-<lb/>
zugswei&#x017F;e an die Je&#x017F;uiten wandte, ihnen die Hand zum<lb/>
Kuß reichte, &#x017F;ie als &#x017F;eine Bru&#x0364;der begru&#x0364;ßte, ihre Zellen<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t unter&#x017F;uchte und mit ihnen &#x017F;pei&#x017F;te. Er befo&#x0364;rderte &#x017F;ie<lb/>
nach be&#x017F;ten Kra&#x0364;ften: bald richtete er ihnen eine Mi&#x017F;&#x017F;ion in<lb/>
Augsburg ein <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Sacchinus pars II, lib. VIII, n.</hi> 108.</note>.</p><lb/>
          <p>Ein ungemeiner Fortgang der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft in &#x017F;o kur-<lb/>
zer Zeit. Im Jahre 1551 hatten &#x017F;ie noch keine fe&#x017F;te<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[31/0043] Die erſten Jeſuitenſchulen in Deutſchland. tern viel Einfluß gehabt. Von Wuͤrzburg aus durchzogen ſie Franken. Mittlerweile war ihnen auf einer andern Seite Tyrol eroͤffnet worden. Auf den Wunſch der Toͤchter des Kaiſers ſiedelten ſie ſich zu Insbruck und dann zu Hall in deren Naͤhe an. In Baiern drangen ſie immer weiter vor. In Muͤnchen, wohin ſie 1559 gelangten, fanden ſie es ſelbſt bequemer als in Ingolſtadt: ſie erklaͤrten es fuͤr das deutſche Rom. Und ſchon erhob ſich unfern von Ingolſtadt eine neue große Colonie. Um ſeine Univerſitaͤt Dillingen auf ihren ur- ſpruͤnglichen Zweck zuruͤckzufuͤhren, entſchloß ſich der Cardinal Truchſeß, alle Lehrer, die noch daſelbſt docirten, zu verabſchie- den, und die Stiftung voͤllig den Jeſuiten anzuvertrauen. Zwiſchen deutſchen und italieniſchen Commiſſarien, des Car- dinals und des Ordens, ward hieruͤber zu Botzen ein foͤrm- liches Abkommen geſchloſſen. Im Jahre 1563 langten die Jeſuiten in Dillingen an, und nahmen die Lehrſtuͤhle in Beſitz. Mit großem Wohlgefallen erzaͤhlen ſie, wie der Cardinal, der bald darauf von einer Reiſe zuruͤckkommend einen feierlichen Einzug in Dillingen hielt, ſich unter allen denen, die ſich zu ſeinem Empfange aufgeſtellt hatten, vor- zugsweiſe an die Jeſuiten wandte, ihnen die Hand zum Kuß reichte, ſie als ſeine Bruͤder begruͤßte, ihre Zellen ſelbſt unterſuchte und mit ihnen ſpeiſte. Er befoͤrderte ſie nach beſten Kraͤften: bald richtete er ihnen eine Miſſion in Augsburg ein 1). Ein ungemeiner Fortgang der Geſellſchaft in ſo kur- zer Zeit. Im Jahre 1551 hatten ſie noch keine feſte 1) Sacchinus pars II, lib. VIII, n. 108.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/43
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/43>, abgerufen am 21.11.2024.