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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Buch VII. Kap. 3. Gegensatz
sich der Zusammenhang dar -- den Ausbruch der Feindse-
ligkeiten zu verhindern.

Noch war das Ansehen des päpstlichen Stuhles, oder
vielmehr das Gefühl der Einheit der katholischen Welt so
lebendig, daß sowohl Spanien als Frankreich erklärten, die
Entscheidung dieser Sache dem Papste überlassen zu wollen.
Ja ihn selbst ging man an, bis zu völliger Ausgleichung
die festen Plätze, die so viel eifersüchtige Besorgniß rege
machten, als ein Depositum in seine Hand zu nehmen und
mit seinen Truppen zu besetzen 1).

Einen Augenblick bedachte sich Papst Gregor, ob er
auf diese thätige und ohne Zweifel auch kostspielige Theil-
nahme an entfernten Händeln eingehn solle: da es aber
am Tage lag, wie viel davon für den Frieden der katho-
lischen Welt abhing, so ließ er endlich ein paar Compa-
gnien werben, und schickte sie unter seinem Bruder Herzog
von Fiano nach Graubündten. Die Spanier hatten wenig-
stens Riva und Chiavenna zu behalten gewünscht: auch diese
überlieferten sie jetzt den päpstlichen Truppen 2). Erzher-
zog Leopold von Tyrol ließ sich endlich auch bereit finden,
ihnen die Landschaften und Plätze zu übergeben, auf welche
er nicht etwa Ansprüche eigenen Besitzes erhob.

Und hiedurch schien nun in der That die Gefahr besei-
tigt, welche die italienischen Staaten zunächst in Bewegung
gesetzt hatte. Hauptsächlich kam es noch darauf an, bei den

1) Dispaccio Sillery 28 Nov. 1622. Corsini 13. 21 Genn.
1623,
bei Siri: Memorie recondite tom. V, p. 435. 442. Scrit-
tura del deposito della Valtellina, ib.
459.
2) Siri: Memorie recondite V, 519.

Buch VII. Kap. 3. Gegenſatz
ſich der Zuſammenhang dar — den Ausbruch der Feindſe-
ligkeiten zu verhindern.

Noch war das Anſehen des paͤpſtlichen Stuhles, oder
vielmehr das Gefuͤhl der Einheit der katholiſchen Welt ſo
lebendig, daß ſowohl Spanien als Frankreich erklaͤrten, die
Entſcheidung dieſer Sache dem Papſte uͤberlaſſen zu wollen.
Ja ihn ſelbſt ging man an, bis zu voͤlliger Ausgleichung
die feſten Plaͤtze, die ſo viel eiferſuͤchtige Beſorgniß rege
machten, als ein Depoſitum in ſeine Hand zu nehmen und
mit ſeinen Truppen zu beſetzen 1).

Einen Augenblick bedachte ſich Papſt Gregor, ob er
auf dieſe thaͤtige und ohne Zweifel auch koſtſpielige Theil-
nahme an entfernten Haͤndeln eingehn ſolle: da es aber
am Tage lag, wie viel davon fuͤr den Frieden der katho-
liſchen Welt abhing, ſo ließ er endlich ein paar Compa-
gnien werben, und ſchickte ſie unter ſeinem Bruder Herzog
von Fiano nach Graubuͤndten. Die Spanier hatten wenig-
ſtens Riva und Chiavenna zu behalten gewuͤnſcht: auch dieſe
uͤberlieferten ſie jetzt den paͤpſtlichen Truppen 2). Erzher-
zog Leopold von Tyrol ließ ſich endlich auch bereit finden,
ihnen die Landſchaften und Plaͤtze zu uͤbergeben, auf welche
er nicht etwa Anſpruͤche eigenen Beſitzes erhob.

Und hiedurch ſchien nun in der That die Gefahr beſei-
tigt, welche die italieniſchen Staaten zunaͤchſt in Bewegung
geſetzt hatte. Hauptſaͤchlich kam es noch darauf an, bei den

1) Dispaccio Sillery 28 Nov. 1622. Corsini 13. 21 Genn.
1623,
bei Siri: Memorie recondite tom. V, p. 435. 442. Scrit-
tura del deposito della Valtellina, ib.
459.
2) Siri: Memorie recondite V, 519.
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[504/0516] Buch VII. Kap. 3. Gegenſatz ſich der Zuſammenhang dar — den Ausbruch der Feindſe- ligkeiten zu verhindern. Noch war das Anſehen des paͤpſtlichen Stuhles, oder vielmehr das Gefuͤhl der Einheit der katholiſchen Welt ſo lebendig, daß ſowohl Spanien als Frankreich erklaͤrten, die Entſcheidung dieſer Sache dem Papſte uͤberlaſſen zu wollen. Ja ihn ſelbſt ging man an, bis zu voͤlliger Ausgleichung die feſten Plaͤtze, die ſo viel eiferſuͤchtige Beſorgniß rege machten, als ein Depoſitum in ſeine Hand zu nehmen und mit ſeinen Truppen zu beſetzen 1). Einen Augenblick bedachte ſich Papſt Gregor, ob er auf dieſe thaͤtige und ohne Zweifel auch koſtſpielige Theil- nahme an entfernten Haͤndeln eingehn ſolle: da es aber am Tage lag, wie viel davon fuͤr den Frieden der katho- liſchen Welt abhing, ſo ließ er endlich ein paar Compa- gnien werben, und ſchickte ſie unter ſeinem Bruder Herzog von Fiano nach Graubuͤndten. Die Spanier hatten wenig- ſtens Riva und Chiavenna zu behalten gewuͤnſcht: auch dieſe uͤberlieferten ſie jetzt den paͤpſtlichen Truppen 2). Erzher- zog Leopold von Tyrol ließ ſich endlich auch bereit finden, ihnen die Landſchaften und Plaͤtze zu uͤbergeben, auf welche er nicht etwa Anſpruͤche eigenen Beſitzes erhob. Und hiedurch ſchien nun in der That die Gefahr beſei- tigt, welche die italieniſchen Staaten zunaͤchſt in Bewegung geſetzt hatte. Hauptſaͤchlich kam es noch darauf an, bei den 1) Dispaccio Sillery 28 Nov. 1622. Corsini 13. 21 Genn. 1623, bei Siri: Memorie recondite tom. V, p. 435. 442. Scrit- tura del deposito della Valtellina, ib. 459. 2) Siri: Memorie recondite V, 519.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/516>, abgerufen am 25.11.2024.