Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Gleichgewichtes der beiden Bekenntnisse.
stantischen Welt überhaupt hervorgebracht, sich in den eng-
lischen Puritanern concentrire. Vergebens suchte sich Ir-
land ihrer Herrschaft zu entziehen, und im katholischen Sinne
zu organisiren: es wurde um so schwerer unterworfen. In
der Aristokratie und den Gemeinen von England bildete sich
eine Weltmacht aus, deren Erhebung die Wiederaufnahme
des Protestantismus in Europa überhaupt bezeichnet.

Hiedurch sind nun aber dem Katholicismus auf ewig
Schranken gesetzt. Er ist in bestimmte Grenzen gewiesen:
an eine Welteroberung, wie er sie vorhatte, kann er nie-
mals wieder im Ernste denken.



Ja die geistige Entwickelung selbst hat eine Wendung
genommen die dieß unmöglich macht.

Jene die höhere Einheit gefährdenden Triebe haben
das Uebergewicht bekommen: das religiöse Element ist zu-
rück getreten: die politischen Rücksichten beherrschen die
Welt.

Denn nicht durch sich selbst retteten sich die Prote-
stanten. Vor allem war es eine Spaltung im Schooße des
Katholicismus, durch die es ihnen gelang sich wiederher-
zustellen. Im Jahre 1631 finden wir die beiden großen
katholischen Mächte im Bunde mit den Protestanten:
Frankreich unverholen, Spanien wenigstens insgeheim. Es
ist gewiß, daß die Spanier in dieser Zeit ein Verständniß
mit den französischen Hugenotten angeknüpft hatten.

Aber eben so wenig hielten die Protestanten zusam-
men. Nicht daß sich nur Lutheraner und Reformirte be-

Päpste* 37

Gleichgewichtes der beiden Bekenntniſſe.
ſtantiſchen Welt uͤberhaupt hervorgebracht, ſich in den eng-
liſchen Puritanern concentrire. Vergebens ſuchte ſich Ir-
land ihrer Herrſchaft zu entziehen, und im katholiſchen Sinne
zu organiſiren: es wurde um ſo ſchwerer unterworfen. In
der Ariſtokratie und den Gemeinen von England bildete ſich
eine Weltmacht aus, deren Erhebung die Wiederaufnahme
des Proteſtantismus in Europa uͤberhaupt bezeichnet.

Hiedurch ſind nun aber dem Katholicismus auf ewig
Schranken geſetzt. Er iſt in beſtimmte Grenzen gewieſen:
an eine Welteroberung, wie er ſie vorhatte, kann er nie-
mals wieder im Ernſte denken.



Ja die geiſtige Entwickelung ſelbſt hat eine Wendung
genommen die dieß unmoͤglich macht.

Jene die hoͤhere Einheit gefaͤhrdenden Triebe haben
das Uebergewicht bekommen: das religioͤſe Element iſt zu-
ruͤck getreten: die politiſchen Ruͤckſichten beherrſchen die
Welt.

Denn nicht durch ſich ſelbſt retteten ſich die Prote-
ſtanten. Vor allem war es eine Spaltung im Schooße des
Katholicismus, durch die es ihnen gelang ſich wiederher-
zuſtellen. Im Jahre 1631 finden wir die beiden großen
katholiſchen Maͤchte im Bunde mit den Proteſtanten:
Frankreich unverholen, Spanien wenigſtens insgeheim. Es
iſt gewiß, daß die Spanier in dieſer Zeit ein Verſtaͤndniß
mit den franzoͤſiſchen Hugenotten angeknuͤpft hatten.

Aber eben ſo wenig hielten die Proteſtanten zuſam-
men. Nicht daß ſich nur Lutheraner und Reformirte be-

Päpſte* 37
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0585" n="573"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Gleichgewichtes der beiden Bekenntni&#x017F;&#x017F;e</hi>.</fw><lb/>
&#x017F;tanti&#x017F;chen Welt u&#x0364;berhaupt hervorgebracht, &#x017F;ich in den eng-<lb/>
li&#x017F;chen Puritanern concentrire. Vergebens &#x017F;uchte &#x017F;ich Ir-<lb/>
land ihrer Herr&#x017F;chaft zu entziehen, und im katholi&#x017F;chen Sinne<lb/>
zu organi&#x017F;iren: es wurde um &#x017F;o &#x017F;chwerer unterworfen. In<lb/>
der Ari&#x017F;tokratie und den Gemeinen von England bildete &#x017F;ich<lb/>
eine Weltmacht aus, deren Erhebung die Wiederaufnahme<lb/>
des Prote&#x017F;tantismus in Europa u&#x0364;berhaupt bezeichnet.</p><lb/>
            <p>Hiedurch &#x017F;ind nun aber dem Katholicismus auf ewig<lb/>
Schranken ge&#x017F;etzt. Er i&#x017F;t in be&#x017F;timmte Grenzen gewie&#x017F;en:<lb/>
an eine Welteroberung, wie er &#x017F;ie vorhatte, kann er nie-<lb/>
mals wieder im Ern&#x017F;te denken.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <p>Ja die gei&#x017F;tige Entwickelung &#x017F;elb&#x017F;t hat eine Wendung<lb/>
genommen die dieß unmo&#x0364;glich macht.</p><lb/>
            <p>Jene die ho&#x0364;here Einheit gefa&#x0364;hrdenden Triebe haben<lb/>
das Uebergewicht bekommen: das religio&#x0364;&#x017F;e Element i&#x017F;t zu-<lb/>
ru&#x0364;ck getreten: die politi&#x017F;chen Ru&#x0364;ck&#x017F;ichten beherr&#x017F;chen die<lb/>
Welt.</p><lb/>
            <p>Denn nicht durch &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t retteten &#x017F;ich die Prote-<lb/>
&#x017F;tanten. Vor allem war es eine Spaltung im Schooße des<lb/>
Katholicismus, durch die es ihnen gelang &#x017F;ich wiederher-<lb/>
zu&#x017F;tellen. Im Jahre 1631 finden wir die beiden großen<lb/>
katholi&#x017F;chen Ma&#x0364;chte im Bunde mit den Prote&#x017F;tanten:<lb/>
Frankreich unverholen, Spanien wenig&#x017F;tens insgeheim. Es<lb/>
i&#x017F;t gewiß, daß die Spanier in die&#x017F;er Zeit ein Ver&#x017F;ta&#x0364;ndniß<lb/>
mit den franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Hugenotten angeknu&#x0364;pft hatten.</p><lb/>
            <p>Aber eben &#x017F;o wenig hielten die Prote&#x017F;tanten zu&#x017F;am-<lb/>
men. Nicht daß &#x017F;ich nur Lutheraner und Reformirte be-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Päp&#x017F;te* 37</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[573/0585] Gleichgewichtes der beiden Bekenntniſſe. ſtantiſchen Welt uͤberhaupt hervorgebracht, ſich in den eng- liſchen Puritanern concentrire. Vergebens ſuchte ſich Ir- land ihrer Herrſchaft zu entziehen, und im katholiſchen Sinne zu organiſiren: es wurde um ſo ſchwerer unterworfen. In der Ariſtokratie und den Gemeinen von England bildete ſich eine Weltmacht aus, deren Erhebung die Wiederaufnahme des Proteſtantismus in Europa uͤberhaupt bezeichnet. Hiedurch ſind nun aber dem Katholicismus auf ewig Schranken geſetzt. Er iſt in beſtimmte Grenzen gewieſen: an eine Welteroberung, wie er ſie vorhatte, kann er nie- mals wieder im Ernſte denken. Ja die geiſtige Entwickelung ſelbſt hat eine Wendung genommen die dieß unmoͤglich macht. Jene die hoͤhere Einheit gefaͤhrdenden Triebe haben das Uebergewicht bekommen: das religioͤſe Element iſt zu- ruͤck getreten: die politiſchen Ruͤckſichten beherrſchen die Welt. Denn nicht durch ſich ſelbſt retteten ſich die Prote- ſtanten. Vor allem war es eine Spaltung im Schooße des Katholicismus, durch die es ihnen gelang ſich wiederher- zuſtellen. Im Jahre 1631 finden wir die beiden großen katholiſchen Maͤchte im Bunde mit den Proteſtanten: Frankreich unverholen, Spanien wenigſtens insgeheim. Es iſt gewiß, daß die Spanier in dieſer Zeit ein Verſtaͤndniß mit den franzoͤſiſchen Hugenotten angeknuͤpft hatten. Aber eben ſo wenig hielten die Proteſtanten zuſam- men. Nicht daß ſich nur Lutheraner und Reformirte be- Päpſte* 37

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/585
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 573. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/585>, abgerufen am 21.11.2024.