Welch eine Stellung nahm nun der Prinz von Ora- nien ein: vor kurzem noch exilirt und der Begnadigung bedürftig: jetzt im Besitz einer wohlgegründeten Gewalt in den nördlichen Provinzen, Ruwart in Brabant, allmächtig in der Versammlung der Stände: von einer großen kirch- lich politischen Partei, die im Vordringen begriffen war, als ihr Haupt und Führer anerkannt: mit allen Protestan- ten in Europa in engem Bunde: zunächst mit seinen Nach- barn, den deutschen.
Denn auch in Deutschland trat den Angriffen der Katholiken von protestantischer Seite ein Widerstand ent- gegen, der noch immer große Aussichten hatte.
Wir finden ihn in den allgemeinen Verhandlungen, bei den Versammlungen der Churfürsten, auf den Reichstagen: doch bringt er es hier der Natur der deutschen Geschäfte gemäß zu keinem rechten Erfolge: hauptsächlich wirft er sich, wie auch der Angriff, in die Territorien, die beson- dern Landschaften.
Da kam es nun jetzt, wie wir sahen, am meisten auf die geistlichen Gebiete an. Es gab beinahe keins, wo nicht der Fürst einen Versuch gemacht hätte das katholische Princip wieder zur Herrschaft zu erheben. Der Protestan- tismus, der sich auch noch fühlte, antwortete mit dem nicht minder weitaussehenden Beginnen das geistliche Fürsten- thum selbst an sich zu bringen.
Im Jahre 1577 bestieg Gebhard Truchseß den erz- bischöflichen Stuhl zu Cöln. Es geschah hauptsächlich
Widerſtand der Proteſtanten in Deutſchland.
Welch eine Stellung nahm nun der Prinz von Ora- nien ein: vor kurzem noch exilirt und der Begnadigung beduͤrftig: jetzt im Beſitz einer wohlgegruͤndeten Gewalt in den noͤrdlichen Provinzen, Ruwart in Brabant, allmaͤchtig in der Verſammlung der Staͤnde: von einer großen kirch- lich politiſchen Partei, die im Vordringen begriffen war, als ihr Haupt und Fuͤhrer anerkannt: mit allen Proteſtan- ten in Europa in engem Bunde: zunaͤchſt mit ſeinen Nach- barn, den deutſchen.
Denn auch in Deutſchland trat den Angriffen der Katholiken von proteſtantiſcher Seite ein Widerſtand ent- gegen, der noch immer große Ausſichten hatte.
Wir finden ihn in den allgemeinen Verhandlungen, bei den Verſammlungen der Churfuͤrſten, auf den Reichstagen: doch bringt er es hier der Natur der deutſchen Geſchaͤfte gemaͤß zu keinem rechten Erfolge: hauptſaͤchlich wirft er ſich, wie auch der Angriff, in die Territorien, die beſon- dern Landſchaften.
Da kam es nun jetzt, wie wir ſahen, am meiſten auf die geiſtlichen Gebiete an. Es gab beinahe keins, wo nicht der Fuͤrſt einen Verſuch gemacht haͤtte das katholiſche Princip wieder zur Herrſchaft zu erheben. Der Proteſtan- tismus, der ſich auch noch fuͤhlte, antwortete mit dem nicht minder weitausſehenden Beginnen das geiſtliche Fuͤrſten- thum ſelbſt an ſich zu bringen.
Im Jahre 1577 beſtieg Gebhard Truchſeß den erz- biſchoͤflichen Stuhl zu Coͤln. Es geſchah hauptſaͤchlich
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Widerſtand der Proteſtanten in Deutſchland.
Welch eine Stellung nahm nun der Prinz von Ora-
nien ein: vor kurzem noch exilirt und der Begnadigung
beduͤrftig: jetzt im Beſitz einer wohlgegruͤndeten Gewalt in
den noͤrdlichen Provinzen, Ruwart in Brabant, allmaͤchtig
in der Verſammlung der Staͤnde: von einer großen kirch-
lich politiſchen Partei, die im Vordringen begriffen war,
als ihr Haupt und Fuͤhrer anerkannt: mit allen Proteſtan-
ten in Europa in engem Bunde: zunaͤchſt mit ſeinen Nach-
barn, den deutſchen.
Denn auch in Deutſchland trat den Angriffen der
Katholiken von proteſtantiſcher Seite ein Widerſtand ent-
gegen, der noch immer große Ausſichten hatte.
Wir finden ihn in den allgemeinen Verhandlungen, bei
den Verſammlungen der Churfuͤrſten, auf den Reichstagen:
doch bringt er es hier der Natur der deutſchen Geſchaͤfte
gemaͤß zu keinem rechten Erfolge: hauptſaͤchlich wirft er
ſich, wie auch der Angriff, in die Territorien, die beſon-
dern Landſchaften.
Da kam es nun jetzt, wie wir ſahen, am meiſten auf
die geiſtlichen Gebiete an. Es gab beinahe keins, wo nicht
der Fuͤrſt einen Verſuch gemacht haͤtte das katholiſche
Princip wieder zur Herrſchaft zu erheben. Der Proteſtan-
tismus, der ſich auch noch fuͤhlte, antwortete mit dem nicht
minder weitausſehenden Beginnen das geiſtliche Fuͤrſten-
thum ſelbſt an ſich zu bringen.
Im Jahre 1577 beſtieg Gebhard Truchſeß den erz-
biſchoͤflichen Stuhl zu Coͤln. Es geſchah hauptſaͤchlich
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/85>, abgerufen am 24.11.2024.
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