Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.Buch VIII. Die Päpste um d. Mitte d. 17. Jahrh. einen so unmittelbaren Einfluß auf das Innerste der Per-sönlichkeiten ausübten, gaben sie eine Wendung die auf alle Zeiten merkwürdig ist. Wir haben hierüber unzweifelhafte Documente. In Bei der Beichte wird aber ohnfehlbar alles davon ab- Sie erklären die Sünde für die freiwillige Abweichung Und worin, fragen wir weiter, besteht nun diese Frei- Diesen Grundsatz ergreifen sie mit dem Ehrgeiz etwas 1) Definition von Fr. Toledo: "voluntarius recessus a regula divina." 2) Busembaum: Medulla theologiae moralis lib. V, c. II,
dub. III drückt sich so aus: Tria requiruntur ad peccatum mor- tale (quod gratiam et amicitiam cum deo solvit), quorum si unum desit, fit veniale (quod ob suam levitatem gratiam et amicitiam non tollit): 1. ex parte intellectus, plena advertentia et delibe- ratio, 2. ex parte voluntatis, perfectus consensus, 3. gravitas materiae. Buch VIII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh. einen ſo unmittelbaren Einfluß auf das Innerſte der Per-ſoͤnlichkeiten ausuͤbten, gaben ſie eine Wendung die auf alle Zeiten merkwuͤrdig iſt. Wir haben hieruͤber unzweifelhafte Documente. In Bei der Beichte wird aber ohnfehlbar alles davon ab- Sie erklaͤren die Suͤnde fuͤr die freiwillige Abweichung Und worin, fragen wir weiter, beſteht nun dieſe Frei- Dieſen Grundſatz ergreifen ſie mit dem Ehrgeiz etwas 1) Definition von Fr. Toledo: „voluntarius recessus a regula divina.“ 2) Busembaum: Medulla theologiae moralis lib. V, c. II,
dub. III druͤckt ſich ſo aus: Tria requiruntur ad peccatum mor- tale (quod gratiam et amicitiam cum deo solvit), quorum si unum desit, fit veniale (quod ob suam levitatem gratiam et amicitiam non tollit): 1. ex parte intellectus, plena advertentia et delibe- ratio, 2. ex parte voluntatis, perfectus consensus, 3. gravitas materiae. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0144" n="132"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">VIII.</hi><hi rendition="#g">Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh</hi>.</fw><lb/> einen ſo unmittelbaren Einfluß auf das Innerſte der Per-<lb/> ſoͤnlichkeiten ausuͤbten, gaben ſie eine Wendung die auf<lb/> alle Zeiten merkwuͤrdig iſt.</p><lb/> <p>Wir haben hieruͤber unzweifelhafte Documente. In<lb/> zahlreichen ausfuͤhrlichen Werken haben ſie die Grundſaͤtze<lb/> vorgelegt, die ſie bei Beichte und Abſolution ſelbſt beob-<lb/> achteten und Andern an die Hand gaben. Es ſind im All-<lb/> gemeinen wirklich die nemlichen, die ihnen ſo oft zum Vor-<lb/> wurfe gemacht worden. Suchen wir wenigſtens die Haupt-<lb/> principien zu faſſen, von denen aus ſie ſich das geſammte<lb/> Gebiet zu eigen machen.</p><lb/> <p>Bei der Beichte wird aber ohnfehlbar alles davon ab-<lb/> hangen, welchen Begriff man von der Vergehung, von der<lb/> Suͤnde aufſtellt.</p><lb/> <p>Sie erklaͤren die Suͤnde fuͤr die freiwillige Abweichung<lb/> von Gottes Gebot <note place="foot" n="1)">Definition von Fr. Toledo: <hi rendition="#aq">„voluntarius recessus a regula<lb/> divina.“</hi></note>.</p><lb/> <p>Und worin, fragen wir weiter, beſteht nun dieſe Frei-<lb/> willigkeit? Ihre Antwort iſt: in Einſicht von dem Feh-<lb/> ler und vollkommener Beiſtimmung des Willens <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Busembaum: Medulla theologiae moralis lib. V, c. II,<lb/> dub. III</hi> druͤckt ſich ſo aus: <hi rendition="#aq">Tria requiruntur ad peccatum mor-<lb/> tale (quod gratiam et amicitiam cum deo solvit), quorum si unum<lb/> desit, fit veniale (quod ob suam levitatem gratiam et amicitiam<lb/> non tollit): 1. ex parte intellectus, plena advertentia et delibe-<lb/> ratio, 2. ex parte voluntatis, perfectus consensus, 3. gravitas<lb/> materiae.</hi></note>.</p><lb/> <p>Dieſen Grundſatz ergreifen ſie mit dem Ehrgeiz etwas<lb/> Neues vorzutragen und dem Beſtreben ſich mit den Gewohn-<lb/> heiten des Lebens abzufinden. Mit ſcholaſtiſcher Spitzfin-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [132/0144]
Buch VIII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
einen ſo unmittelbaren Einfluß auf das Innerſte der Per-
ſoͤnlichkeiten ausuͤbten, gaben ſie eine Wendung die auf
alle Zeiten merkwuͤrdig iſt.
Wir haben hieruͤber unzweifelhafte Documente. In
zahlreichen ausfuͤhrlichen Werken haben ſie die Grundſaͤtze
vorgelegt, die ſie bei Beichte und Abſolution ſelbſt beob-
achteten und Andern an die Hand gaben. Es ſind im All-
gemeinen wirklich die nemlichen, die ihnen ſo oft zum Vor-
wurfe gemacht worden. Suchen wir wenigſtens die Haupt-
principien zu faſſen, von denen aus ſie ſich das geſammte
Gebiet zu eigen machen.
Bei der Beichte wird aber ohnfehlbar alles davon ab-
hangen, welchen Begriff man von der Vergehung, von der
Suͤnde aufſtellt.
Sie erklaͤren die Suͤnde fuͤr die freiwillige Abweichung
von Gottes Gebot 1).
Und worin, fragen wir weiter, beſteht nun dieſe Frei-
willigkeit? Ihre Antwort iſt: in Einſicht von dem Feh-
ler und vollkommener Beiſtimmung des Willens 2).
Dieſen Grundſatz ergreifen ſie mit dem Ehrgeiz etwas
Neues vorzutragen und dem Beſtreben ſich mit den Gewohn-
heiten des Lebens abzufinden. Mit ſcholaſtiſcher Spitzfin-
1) Definition von Fr. Toledo: „voluntarius recessus a regula
divina.“
2) Busembaum: Medulla theologiae moralis lib. V, c. II,
dub. III druͤckt ſich ſo aus: Tria requiruntur ad peccatum mor-
tale (quod gratiam et amicitiam cum deo solvit), quorum si unum
desit, fit veniale (quod ob suam levitatem gratiam et amicitiam
non tollit): 1. ex parte intellectus, plena advertentia et delibe-
ratio, 2. ex parte voluntatis, perfectus consensus, 3. gravitas
materiae.
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