jetzt trat an der Curie der Geist des Genusses, des Besitzes ein. Es bildete sich eine Genossenschaft von Rente-inha- bern aus, die ein gutes Recht auf den Ertrag des Staa- tes und der kirchlichen Verwaltung zu besitzen glaubte. In- dem sie dieß Recht auf eine verderbliche Weise mißbrauchte, hielt sie doch mit demselben Eifer daran fest, als sey das Wesen des Glaubens daran geknüpft.
Eben dadurch geschah aber, daß der Widerspruch sich von entgegengesetzten Seiten unversöhnlich erhob.
Es trat eine Lehre auf, die aus einer neuen An- schauung der Tiefen der Religion hervorgegangen, von dem römischen Hofe verdammt und verfolgt wurde, aber nicht beseitigt zu werden vermochte. Die Staaten nahmen eine unabhängige Haltung an: von der Rücksicht auf die päpst- liche Politik machten sie sich los; in ihren innern Angele- genheiten nahmen sie eine Autonomie in Anspruch, die der Curie auch in kirchlicher Hinsicht immer weniger Einfluß übrig ließ.
Auf diesen beiden Momenten beruht nun die fernere Geschichte des Papstthums.
Es folgen Epochen, in denen es bei weitem weniger eine freie Thätigkeit entwickelt, als daß es, bald von der einen bald von der andern Seite angegriffen, nur bedacht ist sich in jedem Augenblicke so gut als möglich zu ver- theidigen.
Die Aufmerksamkeit wird in der Regel von der Kraft angezogen, und nur von der Seite der Thätigkeit kann ein Ereigniß verstanden werden: auch gehört es nicht zu der Absicht dieses Buches die letzten Epochen zu schildern.
Uebergang auf die ſpaͤteren Epochen.
jetzt trat an der Curie der Geiſt des Genuſſes, des Beſitzes ein. Es bildete ſich eine Genoſſenſchaft von Rente-inha- bern aus, die ein gutes Recht auf den Ertrag des Staa- tes und der kirchlichen Verwaltung zu beſitzen glaubte. In- dem ſie dieß Recht auf eine verderbliche Weiſe mißbrauchte, hielt ſie doch mit demſelben Eifer daran feſt, als ſey das Weſen des Glaubens daran geknuͤpft.
Eben dadurch geſchah aber, daß der Widerſpruch ſich von entgegengeſetzten Seiten unverſoͤhnlich erhob.
Es trat eine Lehre auf, die aus einer neuen An- ſchauung der Tiefen der Religion hervorgegangen, von dem roͤmiſchen Hofe verdammt und verfolgt wurde, aber nicht beſeitigt zu werden vermochte. Die Staaten nahmen eine unabhaͤngige Haltung an: von der Ruͤckſicht auf die paͤpſt- liche Politik machten ſie ſich los; in ihren innern Angele- genheiten nahmen ſie eine Autonomie in Anſpruch, die der Curie auch in kirchlicher Hinſicht immer weniger Einfluß uͤbrig ließ.
Auf dieſen beiden Momenten beruht nun die fernere Geſchichte des Papſtthums.
Es folgen Epochen, in denen es bei weitem weniger eine freie Thaͤtigkeit entwickelt, als daß es, bald von der einen bald von der andern Seite angegriffen, nur bedacht iſt ſich in jedem Augenblicke ſo gut als moͤglich zu ver- theidigen.
Die Aufmerkſamkeit wird in der Regel von der Kraft angezogen, und nur von der Seite der Thaͤtigkeit kann ein Ereigniß verſtanden werden: auch gehoͤrt es nicht zu der Abſicht dieſes Buches die letzten Epochen zu ſchildern.
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Uebergang auf die ſpaͤteren Epochen.
jetzt trat an der Curie der Geiſt des Genuſſes, des Beſitzes
ein. Es bildete ſich eine Genoſſenſchaft von Rente-inha-
bern aus, die ein gutes Recht auf den Ertrag des Staa-
tes und der kirchlichen Verwaltung zu beſitzen glaubte. In-
dem ſie dieß Recht auf eine verderbliche Weiſe mißbrauchte,
hielt ſie doch mit demſelben Eifer daran feſt, als ſey das
Weſen des Glaubens daran geknuͤpft.
Eben dadurch geſchah aber, daß der Widerſpruch ſich
von entgegengeſetzten Seiten unverſoͤhnlich erhob.
Es trat eine Lehre auf, die aus einer neuen An-
ſchauung der Tiefen der Religion hervorgegangen, von dem
roͤmiſchen Hofe verdammt und verfolgt wurde, aber nicht
beſeitigt zu werden vermochte. Die Staaten nahmen eine
unabhaͤngige Haltung an: von der Ruͤckſicht auf die paͤpſt-
liche Politik machten ſie ſich los; in ihren innern Angele-
genheiten nahmen ſie eine Autonomie in Anſpruch, die der
Curie auch in kirchlicher Hinſicht immer weniger Einfluß
uͤbrig ließ.
Auf dieſen beiden Momenten beruht nun die fernere
Geſchichte des Papſtthums.
Es folgen Epochen, in denen es bei weitem weniger
eine freie Thaͤtigkeit entwickelt, als daß es, bald von der
einen bald von der andern Seite angegriffen, nur bedacht
iſt ſich in jedem Augenblicke ſo gut als moͤglich zu ver-
theidigen.
Die Aufmerkſamkeit wird in der Regel von der Kraft
angezogen, und nur von der Seite der Thaͤtigkeit kann ein
Ereigniß verſtanden werden: auch gehoͤrt es nicht zu der
Abſicht dieſes Buches die letzten Epochen zu ſchildern.
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/171>, abgerufen am 25.11.2024.
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