Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.Buch VIII. Spätere Epochen. gesammte Gesellschaft die Verpflichtungen Lavalette's zu er-füllen. Aber hiebei blieb man nicht stehn. Man machte den Jesuiten die unumschränkte Gewalt des Generals, die mit den Reichsgesetzen nicht vereinbar sey, aufs neue zum Verbrechen, und zog die Gesetzlichkeit ihres Daseyns über- haupt in Zweifel. Gern hätte Ludwig XV. den Orden gerettet. Nicht Wenn ein Mann wie Acquaviva an der Spitze ge- 1) Schreiben von Praslin 16. Jan. 1762 bei Flassan: Hi- stoire de la diplomatie francaise VI, 498. Die ganze Darstellung ist sehr lehrreich. 2) Erzählung der Jesuiten bei Wolf: Geschichte der Jesuiten III,
365. Dieses Buch ist nur über die Aufhebung des Ordens brauchbar. Buch VIII. Spaͤtere Epochen. geſammte Geſellſchaft die Verpflichtungen Lavalette’s zu er-fuͤllen. Aber hiebei blieb man nicht ſtehn. Man machte den Jeſuiten die unumſchraͤnkte Gewalt des Generals, die mit den Reichsgeſetzen nicht vereinbar ſey, aufs neue zum Verbrechen, und zog die Geſetzlichkeit ihres Daſeyns uͤber- haupt in Zweifel. Gern haͤtte Ludwig XV. den Orden gerettet. Nicht Wenn ein Mann wie Acquaviva an der Spitze ge- 1) Schreiben von Praslin 16. Jan. 1762 bei Flassan: Hi- stoire de la diplomatie française VI, 498. Die ganze Darſtellung iſt ſehr lehrreich. 2) Erzaͤhlung der Jeſuiten bei Wolf: Geſchichte der Jeſuiten III,
365. Dieſes Buch iſt nur uͤber die Aufhebung des Ordens brauchbar. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0206" n="194"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">VIII.</hi><hi rendition="#g">Spaͤtere Epochen</hi>.</fw><lb/> geſammte Geſellſchaft die Verpflichtungen Lavalette’s zu er-<lb/> fuͤllen. Aber hiebei blieb man nicht ſtehn. Man machte<lb/> den Jeſuiten die unumſchraͤnkte Gewalt des Generals, die<lb/> mit den Reichsgeſetzen nicht vereinbar ſey, aufs neue zum<lb/> Verbrechen, und zog die Geſetzlichkeit ihres Daſeyns uͤber-<lb/> haupt in Zweifel.</p><lb/> <p>Gern haͤtte Ludwig <hi rendition="#aq">XV.</hi> den Orden gerettet. Nicht<lb/> um ihn zu verderben, ſondern um ihn ſo viel als moͤglich<lb/> zu ſchuͤtzen, und nur weil die oͤffentliche Stimme, das Ur-<lb/> theil der Gerichte, die Mehrzahl ſeines Conſeils ihn dahin<lb/> draͤngte, ſchlug er dem General vor, einen Vicar in Frank-<lb/> reich zu ernennen <note place="foot" n="1)">Schreiben von Praslin 16. Jan. 1762 bei <hi rendition="#aq">Flassan: Hi-<lb/> stoire de la diplomatie française VI,</hi> 498. Die ganze Darſtellung<lb/> iſt ſehr lehrreich.</note>.</p><lb/> <p>Wenn ein Mann wie Acquaviva an der Spitze ge-<lb/> ſtanden haͤtte, ſo wuͤrde man ohne Zweifel auch in die-<lb/> ſem Augenblick noch auf eine Auskunft, eine Vereinba-<lb/> rung gedacht haben. Aber die Geſellſchaft hatte jetzt das<lb/> unbeugſamſte Oberhaupt, Lorenzo Ricci, der nichts als das<lb/> Unrecht fuͤhlte das ihr geſchah. Er entgegnete, eine ſo<lb/> weſentliche Aenderung der Verfaſſung ſtehe nicht in ſeiner<lb/> Macht. Man wandte ſich an den Papſt; Clemens <hi rendition="#aq">XIII.</hi><lb/> erwiederte, durch das h. tridentiniſche Concilium, durch ſo<lb/> viele Conſtitutionen ſeiner Vorfahren ſey dieſe Verfaſſung<lb/> allzu deutlich gutgeheißen, als daß er ſie abaͤndern koͤnne <note place="foot" n="2)">Erzaͤhlung der Jeſuiten bei Wolf: Geſchichte der Jeſuiten <hi rendition="#aq">III,</hi><lb/> 365. Dieſes Buch iſt nur uͤber die Aufhebung des Ordens brauchbar.</note>.<lb/> Jedwede Modification wieſen ſie von ſich. Es iſt ganz der<lb/> Sinn Ricci’s: <hi rendition="#aq">sint ut sunt aut non sint.</hi></p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [194/0206]
Buch VIII. Spaͤtere Epochen.
geſammte Geſellſchaft die Verpflichtungen Lavalette’s zu er-
fuͤllen. Aber hiebei blieb man nicht ſtehn. Man machte
den Jeſuiten die unumſchraͤnkte Gewalt des Generals, die
mit den Reichsgeſetzen nicht vereinbar ſey, aufs neue zum
Verbrechen, und zog die Geſetzlichkeit ihres Daſeyns uͤber-
haupt in Zweifel.
Gern haͤtte Ludwig XV. den Orden gerettet. Nicht
um ihn zu verderben, ſondern um ihn ſo viel als moͤglich
zu ſchuͤtzen, und nur weil die oͤffentliche Stimme, das Ur-
theil der Gerichte, die Mehrzahl ſeines Conſeils ihn dahin
draͤngte, ſchlug er dem General vor, einen Vicar in Frank-
reich zu ernennen 1).
Wenn ein Mann wie Acquaviva an der Spitze ge-
ſtanden haͤtte, ſo wuͤrde man ohne Zweifel auch in die-
ſem Augenblick noch auf eine Auskunft, eine Vereinba-
rung gedacht haben. Aber die Geſellſchaft hatte jetzt das
unbeugſamſte Oberhaupt, Lorenzo Ricci, der nichts als das
Unrecht fuͤhlte das ihr geſchah. Er entgegnete, eine ſo
weſentliche Aenderung der Verfaſſung ſtehe nicht in ſeiner
Macht. Man wandte ſich an den Papſt; Clemens XIII.
erwiederte, durch das h. tridentiniſche Concilium, durch ſo
viele Conſtitutionen ſeiner Vorfahren ſey dieſe Verfaſſung
allzu deutlich gutgeheißen, als daß er ſie abaͤndern koͤnne 2).
Jedwede Modification wieſen ſie von ſich. Es iſt ganz der
Sinn Ricci’s: sint ut sunt aut non sint.
1) Schreiben von Praslin 16. Jan. 1762 bei Flassan: Hi-
stoire de la diplomatie française VI, 498. Die ganze Darſtellung
iſt ſehr lehrreich.
2) Erzaͤhlung der Jeſuiten bei Wolf: Geſchichte der Jeſuiten III,
365. Dieſes Buch iſt nur uͤber die Aufhebung des Ordens brauchbar.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |