such. Als der Herzog von Parma so weit ging, auch den Recurs an römische Tribunale, so wie alle Verleihung der Pfründen des Landes an Nichteingeborne zu verbieten, ermannte sich der Papst zu einem Monitorium, worin er diesem seinem Lehensmann die geistlichen Censuren ankün- digte 1). Der erste Schritt einer den Angriff zurückgeben- den Vertheidigung. Aber er hatte die schlimmsten Folgen: der Herzog antwortete auf eine Weise wie es in frühern Jahrhunderten der mächtigste König nicht gewagt haben würde: die Bourbonen nahmen sich seiner insgesammt an. Avignon, Benevent, Pontecorvo wurden von ihnen besetzt.
Dahin entwickelte sich die Feindseligkeit der bourbo- nischen Höfe. Von der Verfolgung der Jesuiten gingen sie unmittelbar zum Angriff auf den römischen Stuhl über.
An wen sollte der Papst sich wenden? Alle italieni- schen Staaten nahmen wider ihn Partei, Genua, Modena, Venedig. Er richtete seine Augen noch einmal auf Oest- reich. Er schrieb der Kaiserin Maria Theresia, sie sey auf Erden sein einziger Trost; sie möge nicht zugeben, daß man sein Alter mit Gewaltthätigkeiten erdrücke.
Die Kaiserin entgegnete, wie einst Urban VIII. dem Kaiser Ferdinand, es sey eine Sache des Staates und nicht der Religion, sie würde unrecht thun sich darin ein- zumischen.
Der Muth Clemens XIII. war gebrochen. Im An- fang des Jahres 1769 erschienen die Gesandten der bour- bonischen Höfe, einer nach dem andern, erst der neapolita- nische, dann der spanische, endlich der französische, um die
1)Botta: Storia d'Italia tom. XIV, p. 147.
BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
ſuch. Als der Herzog von Parma ſo weit ging, auch den Recurs an roͤmiſche Tribunale, ſo wie alle Verleihung der Pfruͤnden des Landes an Nichteingeborne zu verbieten, ermannte ſich der Papſt zu einem Monitorium, worin er dieſem ſeinem Lehensmann die geiſtlichen Cenſuren ankuͤn- digte 1). Der erſte Schritt einer den Angriff zuruͤckgeben- den Vertheidigung. Aber er hatte die ſchlimmſten Folgen: der Herzog antwortete auf eine Weiſe wie es in fruͤhern Jahrhunderten der maͤchtigſte Koͤnig nicht gewagt haben wuͤrde: die Bourbonen nahmen ſich ſeiner insgeſammt an. Avignon, Benevent, Pontecorvo wurden von ihnen beſetzt.
Dahin entwickelte ſich die Feindſeligkeit der bourbo- niſchen Hoͤfe. Von der Verfolgung der Jeſuiten gingen ſie unmittelbar zum Angriff auf den roͤmiſchen Stuhl uͤber.
An wen ſollte der Papſt ſich wenden? Alle italieni- ſchen Staaten nahmen wider ihn Partei, Genua, Modena, Venedig. Er richtete ſeine Augen noch einmal auf Oeſt- reich. Er ſchrieb der Kaiſerin Maria Thereſia, ſie ſey auf Erden ſein einziger Troſt; ſie moͤge nicht zugeben, daß man ſein Alter mit Gewaltthaͤtigkeiten erdruͤcke.
Die Kaiſerin entgegnete, wie einſt Urban VIII. dem Kaiſer Ferdinand, es ſey eine Sache des Staates und nicht der Religion, ſie wuͤrde unrecht thun ſich darin ein- zumiſchen.
Der Muth Clemens XIII. war gebrochen. Im An- fang des Jahres 1769 erſchienen die Geſandten der bour- boniſchen Hoͤfe, einer nach dem andern, erſt der neapolita- niſche, dann der ſpaniſche, endlich der franzoͤſiſche, um die
1)Botta: Storia d’Italia tom. XIV, p. 147.
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Buch VIII. Spaͤtere Epochen.
ſuch. Als der Herzog von Parma ſo weit ging, auch den
Recurs an roͤmiſche Tribunale, ſo wie alle Verleihung
der Pfruͤnden des Landes an Nichteingeborne zu verbieten,
ermannte ſich der Papſt zu einem Monitorium, worin er
dieſem ſeinem Lehensmann die geiſtlichen Cenſuren ankuͤn-
digte 1). Der erſte Schritt einer den Angriff zuruͤckgeben-
den Vertheidigung. Aber er hatte die ſchlimmſten Folgen:
der Herzog antwortete auf eine Weiſe wie es in fruͤhern
Jahrhunderten der maͤchtigſte Koͤnig nicht gewagt haben
wuͤrde: die Bourbonen nahmen ſich ſeiner insgeſammt an.
Avignon, Benevent, Pontecorvo wurden von ihnen beſetzt.
Dahin entwickelte ſich die Feindſeligkeit der bourbo-
niſchen Hoͤfe. Von der Verfolgung der Jeſuiten gingen
ſie unmittelbar zum Angriff auf den roͤmiſchen Stuhl uͤber.
An wen ſollte der Papſt ſich wenden? Alle italieni-
ſchen Staaten nahmen wider ihn Partei, Genua, Modena,
Venedig. Er richtete ſeine Augen noch einmal auf Oeſt-
reich. Er ſchrieb der Kaiſerin Maria Thereſia, ſie ſey auf
Erden ſein einziger Troſt; ſie moͤge nicht zugeben, daß man
ſein Alter mit Gewaltthaͤtigkeiten erdruͤcke.
Die Kaiſerin entgegnete, wie einſt Urban VIII. dem
Kaiſer Ferdinand, es ſey eine Sache des Staates und
nicht der Religion, ſie wuͤrde unrecht thun ſich darin ein-
zumiſchen.
Der Muth Clemens XIII. war gebrochen. Im An-
fang des Jahres 1769 erſchienen die Geſandten der bour-
boniſchen Hoͤfe, einer nach dem andern, erſt der neapolita-
niſche, dann der ſpaniſche, endlich der franzoͤſiſche, um die
1) Botta: Storia d’Italia tom. XIV, p. 147.
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/208>, abgerufen am 16.02.2025.
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