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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.

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Anwachs der Schulden.

Es würde dieß aber unmöglich gewesen seyn, wäre
nicht ein Umstand besonderer Art diesem Papste zu Statten
gekommen.

Immer zieht die Macht auch das Geld an. So lange
die spanische Monarchie in ihrem großen Fortschritt war
und die Welt mit ihrem Einfluß beherrschte, hatten die Ge-
nuesen, damals die reichsten Geldbesitzer, ihre Capitalien in
den königlichen Anleihen untergebracht, und sich durch einige
gewaltsame Reductionen und Eingriffe Philipps II, darin
nicht stören lassen. Allmählig aber, da die große Bewe-
gung abnahm, die Kriege und die Bedürfnisse derselben
aufhörten, zogen sie ihr Geld zurück. Sie wandten sich
nach Rom, das indeß wieder eine so gewaltige Weltstellung
eingenommen: die Schätze von Europa strömten aufs neue
dahin zusammen. Unter Paul V. war Rom vielleicht der
vornehmste Geldmarkt von Europa. Die römischen Luo-
ghi di Monte wurden außerordentlich gesucht. Da sie be-
deutende Zinsen abwarfen nnd eine genügende Sicherheit
darboten, so stieg ihr Kaufpreis zuweilen bis auf 150
Procent. So viel ihrer der Papst auch gründen mochte,
so fand er Käufer in Menge.

So geschah es denn daß die Schulden unaufhörlich
stiegen. Im Anfange Urbans VIII. beliefen sie sich auf
18 Millionen. Auch die Einnahmen mußten bei dem Sy-
steme des römischen Hofes hiemit in Verhältniß bleiben;
sie werden im Anfang dieser Regierung auf 1,818104 Sc.
96 Baj. berechnet 1). Ich finde nicht genau, wie viel da-

1) Entrata et uscita della sede apostolica del tempo di Ur-
bano VIII.
Anwachs der Schulden.

Es wuͤrde dieß aber unmoͤglich geweſen ſeyn, waͤre
nicht ein Umſtand beſonderer Art dieſem Papſte zu Statten
gekommen.

Immer zieht die Macht auch das Geld an. So lange
die ſpaniſche Monarchie in ihrem großen Fortſchritt war
und die Welt mit ihrem Einfluß beherrſchte, hatten die Ge-
nueſen, damals die reichſten Geldbeſitzer, ihre Capitalien in
den koͤniglichen Anleihen untergebracht, und ſich durch einige
gewaltſame Reductionen und Eingriffe Philipps II, darin
nicht ſtoͤren laſſen. Allmaͤhlig aber, da die große Bewe-
gung abnahm, die Kriege und die Beduͤrfniſſe derſelben
aufhoͤrten, zogen ſie ihr Geld zuruͤck. Sie wandten ſich
nach Rom, das indeß wieder eine ſo gewaltige Weltſtellung
eingenommen: die Schaͤtze von Europa ſtroͤmten aufs neue
dahin zuſammen. Unter Paul V. war Rom vielleicht der
vornehmſte Geldmarkt von Europa. Die roͤmiſchen Luo-
ghi di Monte wurden außerordentlich geſucht. Da ſie be-
deutende Zinſen abwarfen nnd eine genuͤgende Sicherheit
darboten, ſo ſtieg ihr Kaufpreis zuweilen bis auf 150
Procent. So viel ihrer der Papſt auch gruͤnden mochte,
ſo fand er Kaͤufer in Menge.

So geſchah es denn daß die Schulden unaufhoͤrlich
ſtiegen. Im Anfange Urbans VIII. beliefen ſie ſich auf
18 Millionen. Auch die Einnahmen mußten bei dem Sy-
ſteme des roͤmiſchen Hofes hiemit in Verhaͤltniß bleiben;
ſie werden im Anfang dieſer Regierung auf 1,818104 Sc.
96 Baj. berechnet 1). Ich finde nicht genau, wie viel da-

1) Entrata et uscita della sede apostolica del tempo di Ur-
bano VIII.
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[13/0025] Anwachs der Schulden. Es wuͤrde dieß aber unmoͤglich geweſen ſeyn, waͤre nicht ein Umſtand beſonderer Art dieſem Papſte zu Statten gekommen. Immer zieht die Macht auch das Geld an. So lange die ſpaniſche Monarchie in ihrem großen Fortſchritt war und die Welt mit ihrem Einfluß beherrſchte, hatten die Ge- nueſen, damals die reichſten Geldbeſitzer, ihre Capitalien in den koͤniglichen Anleihen untergebracht, und ſich durch einige gewaltſame Reductionen und Eingriffe Philipps II, darin nicht ſtoͤren laſſen. Allmaͤhlig aber, da die große Bewe- gung abnahm, die Kriege und die Beduͤrfniſſe derſelben aufhoͤrten, zogen ſie ihr Geld zuruͤck. Sie wandten ſich nach Rom, das indeß wieder eine ſo gewaltige Weltſtellung eingenommen: die Schaͤtze von Europa ſtroͤmten aufs neue dahin zuſammen. Unter Paul V. war Rom vielleicht der vornehmſte Geldmarkt von Europa. Die roͤmiſchen Luo- ghi di Monte wurden außerordentlich geſucht. Da ſie be- deutende Zinſen abwarfen nnd eine genuͤgende Sicherheit darboten, ſo ſtieg ihr Kaufpreis zuweilen bis auf 150 Procent. So viel ihrer der Papſt auch gruͤnden mochte, ſo fand er Kaͤufer in Menge. So geſchah es denn daß die Schulden unaufhoͤrlich ſtiegen. Im Anfange Urbans VIII. beliefen ſie ſich auf 18 Millionen. Auch die Einnahmen mußten bei dem Sy- ſteme des roͤmiſchen Hofes hiemit in Verhaͤltniß bleiben; ſie werden im Anfang dieſer Regierung auf 1,818104 Sc. 96 Baj. berechnet 1). Ich finde nicht genau, wie viel da- 1) Entrata et uscita della sede apostolica del tempo di Ur- bano VIII.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/25>, abgerufen am 21.11.2024.