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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.

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Deone
der im Nov. 1651 starb, also ungefähr Anfang 1652, schrieb er
dieses Werkchen.

Es fällt mir auf, daß in demselben nicht allein in der Gesinnung,
sondern bis in die einzelnsten Ausdrücke schon ein ganz modernes We-
sen herrscht, das tägliche Leben römischer Prälaten von heute und
gestern.

122.
Diario veridico e spassionato della citta e corte di Roma, dove
si legge tutti li successi della suddetta citta incominciando
dal primo d'Agosto 1640 fino all'ultimo dell' anno 1644,
notato e scritto fedelmente da Deone hora Temi Dio, e
copiato dal proprio originale. Informatt. Politt. Tom.
XL
bis Ende 1642; Tom. XLVII bis Ende 1644; Tom.
XLII
Fortsetzung 1645--1647; Tom. XLIII 1648--1650.
(Zusammen mehr als 2000 Bl.)

Es hat mir nicht gelingen wollen, über den Autor dieses so un-
gemein ausführlichen Tagebuches andere Notizen aufzufinden, als
die welche er selber hie und da mittheilt.

Es ergibt sich, daß er in spanischen Diensten stand und daß er
in den Geschäften der Niederländer mit Rom, vornehmlich mit der
Dataria beschäftigt war. Ich sollte urtheilen, daß er wirklich ein
Spanier und kein Niederländer gewesen. Zu dem Carneval über-
setzt er Comödien aus dem Spanischen ins Italienische und läßt sie
vor einer sehr glänzenden Gesellschaft durch junge Leute aufführen.
Der spanischen Monarchie, welcher er angehört, widmet er eine reli-
giöse Verehrung: er redet oft von der "heiligen Monarchie", ohne
welche das Schifflcin Petri gar bald untergehn würde. Den Wi-
dersachern oder Abtrünnigen tritt er mit heftigem und unverholenem
Hasse entgegen. Die Catalanen, die sich eine Zeit lang unabhän-
gig hielten, erklärt er für eine barbarische Nation: einer oder der
andere hatte ihn um eine Empfehlung bei der Dataria gebeten:
er erklärte, sie möchten erst wieder gute Diener des Königs werden.
Noch bei weitem weniger aber kann er es verschmerzen, daß die Por-
tugiesen sich sogar einen andern König gesetzt haben: sein Buch ist voll
von Invectiven gegen diese Nation. Er meint, wenigstens alle die,
welche in Rom angesessen, seyen geneigt zum Judenthum abzufallen.
So schlecht es auch geht, so verliert er doch den Muth nicht. Er
hofft noch immer, daß sich Holland zu seiner Zeit einmal wieder dem
König unterwerfen werde: die Ketzerei habe ihre Perioden, man müsse
sie zu Ende kommen lassen. Eine der spanischen Monarchie gewid-
mete enthusiastische Rechtgläubigkeit!

Alle vierzehn Tage nun dictirte dieser begeisterte Diener Phi-
lipps IV. ein Schreiben, einen Bericht über die während dieser Zeit
vorgefallenen Merkwürdigkeiten, die er dann irgend einem Großen
der spanischen Monarchie zusandte. Es waren ursprünglich Avvisi,
wie sie damals so häufig vorkommen: zusammengeschrieben bildeten
sie ein Tagebuch.

Es ist nun ganz in dem Sinne verfaßt, der dem Autor natür-

Deone
der im Nov. 1651 ſtarb, alſo ungefaͤhr Anfang 1652, ſchrieb er
dieſes Werkchen.

Es faͤllt mir auf, daß in demſelben nicht allein in der Geſinnung,
ſondern bis in die einzelnſten Ausdruͤcke ſchon ein ganz modernes We-
ſen herrſcht, das taͤgliche Leben roͤmiſcher Praͤlaten von heute und
geſtern.

122.
Diario veridico e spassionato della città e corte di Roma, dove
si legge tutti li successi della suddetta città incominciando
dal primo d’Agosto 1640 fino all’ultimo dell’ anno 1644,
notato e scritto fedelmente da Deone hora Temi Dio, e
copiato dal proprio originale. Informatt. Politt. Tom.
XL
bis Ende 1642; Tom. XLVII bis Ende 1644; Tom.
XLII
Fortſetzung 1645—1647; Tom. XLIII 1648—1650.
(Zuſammen mehr als 2000 Bl.)

Es hat mir nicht gelingen wollen, uͤber den Autor dieſes ſo un-
gemein ausfuͤhrlichen Tagebuches andere Notizen aufzufinden, als
die welche er ſelber hie und da mittheilt.

Es ergibt ſich, daß er in ſpaniſchen Dienſten ſtand und daß er
in den Geſchaͤften der Niederlaͤnder mit Rom, vornehmlich mit der
Dataria beſchaͤftigt war. Ich ſollte urtheilen, daß er wirklich ein
Spanier und kein Niederlaͤnder geweſen. Zu dem Carneval uͤber-
ſetzt er Comoͤdien aus dem Spaniſchen ins Italieniſche und laͤßt ſie
vor einer ſehr glaͤnzenden Geſellſchaft durch junge Leute auffuͤhren.
Der ſpaniſchen Monarchie, welcher er angehoͤrt, widmet er eine reli-
gioͤſe Verehrung: er redet oft von der „heiligen Monarchie“, ohne
welche das Schifflcin Petri gar bald untergehn wuͤrde. Den Wi-
derſachern oder Abtruͤnnigen tritt er mit heftigem und unverholenem
Haſſe entgegen. Die Catalanen, die ſich eine Zeit lang unabhaͤn-
gig hielten, erklaͤrt er fuͤr eine barbariſche Nation: einer oder der
andere hatte ihn um eine Empfehlung bei der Dataria gebeten:
er erklaͤrte, ſie moͤchten erſt wieder gute Diener des Koͤnigs werden.
Noch bei weitem weniger aber kann er es verſchmerzen, daß die Por-
tugieſen ſich ſogar einen andern Koͤnig geſetzt haben: ſein Buch iſt voll
von Invectiven gegen dieſe Nation. Er meint, wenigſtens alle die,
welche in Rom angeſeſſen, ſeyen geneigt zum Judenthum abzufallen.
So ſchlecht es auch geht, ſo verliert er doch den Muth nicht. Er
hofft noch immer, daß ſich Holland zu ſeiner Zeit einmal wieder dem
Koͤnig unterwerfen werde: die Ketzerei habe ihre Perioden, man muͤſſe
ſie zu Ende kommen laſſen. Eine der ſpaniſchen Monarchie gewid-
mete enthuſiaſtiſche Rechtglaͤubigkeit!

Alle vierzehn Tage nun dictirte dieſer begeiſterte Diener Phi-
lipps IV. ein Schreiben, einen Bericht uͤber die waͤhrend dieſer Zeit
vorgefallenen Merkwuͤrdigkeiten, die er dann irgend einem Großen
der ſpaniſchen Monarchie zuſandte. Es waren urſpruͤnglich Avviſi,
wie ſie damals ſo haͤufig vorkommen: zuſammengeſchrieben bildeten
ſie ein Tagebuch.

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[446/0458] Deone der im Nov. 1651 ſtarb, alſo ungefaͤhr Anfang 1652, ſchrieb er dieſes Werkchen. Es faͤllt mir auf, daß in demſelben nicht allein in der Geſinnung, ſondern bis in die einzelnſten Ausdruͤcke ſchon ein ganz modernes We- ſen herrſcht, das taͤgliche Leben roͤmiſcher Praͤlaten von heute und geſtern. 122. Diario veridico e spassionato della città e corte di Roma, dove si legge tutti li successi della suddetta città incominciando dal primo d’Agosto 1640 fino all’ultimo dell’ anno 1644, notato e scritto fedelmente da Deone hora Temi Dio, e copiato dal proprio originale. Informatt. Politt. Tom. XL bis Ende 1642; Tom. XLVII bis Ende 1644; Tom. XLII Fortſetzung 1645—1647; Tom. XLIII 1648—1650. (Zuſammen mehr als 2000 Bl.) Es hat mir nicht gelingen wollen, uͤber den Autor dieſes ſo un- gemein ausfuͤhrlichen Tagebuches andere Notizen aufzufinden, als die welche er ſelber hie und da mittheilt. Es ergibt ſich, daß er in ſpaniſchen Dienſten ſtand und daß er in den Geſchaͤften der Niederlaͤnder mit Rom, vornehmlich mit der Dataria beſchaͤftigt war. Ich ſollte urtheilen, daß er wirklich ein Spanier und kein Niederlaͤnder geweſen. Zu dem Carneval uͤber- ſetzt er Comoͤdien aus dem Spaniſchen ins Italieniſche und laͤßt ſie vor einer ſehr glaͤnzenden Geſellſchaft durch junge Leute auffuͤhren. Der ſpaniſchen Monarchie, welcher er angehoͤrt, widmet er eine reli- gioͤſe Verehrung: er redet oft von der „heiligen Monarchie“, ohne welche das Schifflcin Petri gar bald untergehn wuͤrde. Den Wi- derſachern oder Abtruͤnnigen tritt er mit heftigem und unverholenem Haſſe entgegen. Die Catalanen, die ſich eine Zeit lang unabhaͤn- gig hielten, erklaͤrt er fuͤr eine barbariſche Nation: einer oder der andere hatte ihn um eine Empfehlung bei der Dataria gebeten: er erklaͤrte, ſie moͤchten erſt wieder gute Diener des Koͤnigs werden. Noch bei weitem weniger aber kann er es verſchmerzen, daß die Por- tugieſen ſich ſogar einen andern Koͤnig geſetzt haben: ſein Buch iſt voll von Invectiven gegen dieſe Nation. Er meint, wenigſtens alle die, welche in Rom angeſeſſen, ſeyen geneigt zum Judenthum abzufallen. So ſchlecht es auch geht, ſo verliert er doch den Muth nicht. Er hofft noch immer, daß ſich Holland zu ſeiner Zeit einmal wieder dem Koͤnig unterwerfen werde: die Ketzerei habe ihre Perioden, man muͤſſe ſie zu Ende kommen laſſen. Eine der ſpaniſchen Monarchie gewid- mete enthuſiaſtiſche Rechtglaͤubigkeit! Alle vierzehn Tage nun dictirte dieſer begeiſterte Diener Phi- lipps IV. ein Schreiben, einen Bericht uͤber die waͤhrend dieſer Zeit vorgefallenen Merkwuͤrdigkeiten, die er dann irgend einem Großen der ſpaniſchen Monarchie zuſandte. Es waren urſpruͤnglich Avviſi, wie ſie damals ſo haͤufig vorkommen: zuſammengeſchrieben bildeten ſie ein Tagebuch. Es iſt nun ganz in dem Sinne verfaßt, der dem Autor natuͤr-

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/458>, abgerufen am 24.11.2024.