Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Reichstag zu Augsburg 1500.

Wie das Gericht, schienen nunmehr auch Regierung
und Verwaltung einen durchaus ständischen Charakter an-
nehmen zu müssen.

Wenn Maximilian sich in Augsburg zu so großen Con-
cessionen bewegen ließ, so geschah das ohne Zweifel nur
deshalb, weil man jene Kriegseinrichtungen daran knüpfte,
weil er nun auch seinerseits von den Ständen des Rei-
ches eine dauernde, freiwillig und herzlich geleistete, entschei-
dende Unterstützung für seine auswärtigen Unternehmun-
gen auszuwirken hoffte. Am 14ten Aug. nachdem alles
beschlossen war, forderte er die Stände auf, sich an sei-
nem Beispiel zu spiegeln und eben so wohl etwas für das
Reich zu thun wie er. Er erhob sich gleichsam mit Ab-
sicht zu der Erwartung, daß das geschehen werde; er wollte
es glauben; insgeheim aber regte sich doch auch die Furcht
daß es am Ende nicht geschehen und er sich seiner Rechte
vergeblich entäußert haben dürfte. Es zeigt die größte Auf-
regung an, ein Gefühl von Bedrohtseyn und Unrechtlei-
den, wie er sich ausdrückte. Indem er die Versammlung
an die Eide und Gelübde erinnerte, womit ein jeder
dem heiligen Reiche verwandt sey, fügte er hinzu, wenn
man nicht anders dazu thue als bisher, so wolle er nicht
warten, bis man ihm die Krone vom Haupt reiße; er
wolle sie eher selbst vor seine Füße werfen. 1

Auch gerieth er unverzüglich in mancherlei Widerspruch
mit den Ständen.


sero quelli avesse (i quali avessero) a chiamar le diete e tuor
le imprese.
1 Schreiben von Reysse. 17 Aug. Fr. A.
Ranke d. Gesch. I. 10
Reichstag zu Augsburg 1500.

Wie das Gericht, ſchienen nunmehr auch Regierung
und Verwaltung einen durchaus ſtändiſchen Charakter an-
nehmen zu müſſen.

Wenn Maximilian ſich in Augsburg zu ſo großen Con-
ceſſionen bewegen ließ, ſo geſchah das ohne Zweifel nur
deshalb, weil man jene Kriegseinrichtungen daran knüpfte,
weil er nun auch ſeinerſeits von den Ständen des Rei-
ches eine dauernde, freiwillig und herzlich geleiſtete, entſchei-
dende Unterſtützung für ſeine auswärtigen Unternehmun-
gen auszuwirken hoffte. Am 14ten Aug. nachdem alles
beſchloſſen war, forderte er die Stände auf, ſich an ſei-
nem Beiſpiel zu ſpiegeln und eben ſo wohl etwas für das
Reich zu thun wie er. Er erhob ſich gleichſam mit Ab-
ſicht zu der Erwartung, daß das geſchehen werde; er wollte
es glauben; insgeheim aber regte ſich doch auch die Furcht
daß es am Ende nicht geſchehen und er ſich ſeiner Rechte
vergeblich entäußert haben dürfte. Es zeigt die größte Auf-
regung an, ein Gefühl von Bedrohtſeyn und Unrechtlei-
den, wie er ſich ausdrückte. Indem er die Verſammlung
an die Eide und Gelübde erinnerte, womit ein jeder
dem heiligen Reiche verwandt ſey, fügte er hinzu, wenn
man nicht anders dazu thue als bisher, ſo wolle er nicht
warten, bis man ihm die Krone vom Haupt reiße; er
wolle ſie eher ſelbſt vor ſeine Füße werfen. 1

Auch gerieth er unverzüglich in mancherlei Widerſpruch
mit den Ständen.


sero quelli avesse (i quali avessero) a chiamar le diete e tuor
le imprese.
1 Schreiben von Reyſſe. 17 Aug. Fr. A.
Ranke d. Geſch. I. 10
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0163" n="145"/>
          <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Reichstag zu Augsburg</hi> 1500.</fw><lb/>
          <p>Wie das Gericht, &#x017F;chienen nunmehr auch Regierung<lb/>
und Verwaltung einen durchaus &#x017F;tändi&#x017F;chen Charakter an-<lb/>
nehmen zu mü&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Wenn Maximilian &#x017F;ich in Augsburg zu &#x017F;o großen Con-<lb/>
ce&#x017F;&#x017F;ionen bewegen ließ, &#x017F;o ge&#x017F;chah das ohne Zweifel nur<lb/>
deshalb, weil man jene Kriegseinrichtungen daran knüpfte,<lb/>
weil er nun auch &#x017F;einer&#x017F;eits von den Ständen des Rei-<lb/>
ches eine dauernde, freiwillig und herzlich gelei&#x017F;tete, ent&#x017F;chei-<lb/>
dende Unter&#x017F;tützung für &#x017F;eine auswärtigen Unternehmun-<lb/>
gen auszuwirken hoffte. Am 14ten Aug. nachdem alles<lb/>
be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en war, forderte er die Stände auf, &#x017F;ich an &#x017F;ei-<lb/>
nem Bei&#x017F;piel zu &#x017F;piegeln und eben &#x017F;o wohl etwas für das<lb/>
Reich zu thun wie er. Er erhob &#x017F;ich gleich&#x017F;am mit Ab-<lb/>
&#x017F;icht zu der Erwartung, daß das ge&#x017F;chehen werde; er wollte<lb/>
es glauben; insgeheim aber regte &#x017F;ich doch auch die Furcht<lb/>
daß es am Ende nicht ge&#x017F;chehen und er &#x017F;ich &#x017F;einer Rechte<lb/>
vergeblich entäußert haben dürfte. Es zeigt die größte Auf-<lb/>
regung an, ein Gefühl von Bedroht&#x017F;eyn und Unrechtlei-<lb/>
den, wie er &#x017F;ich ausdrückte. Indem er die Ver&#x017F;ammlung<lb/>
an die Eide und Gelübde erinnerte, womit ein jeder<lb/>
dem heiligen Reiche verwandt &#x017F;ey, fügte er hinzu, wenn<lb/>
man nicht anders dazu thue als bisher, &#x017F;o wolle er nicht<lb/>
warten, bis man ihm die Krone vom Haupt reiße; er<lb/>
wolle &#x017F;ie eher &#x017F;elb&#x017F;t vor &#x017F;eine Füße werfen. <note place="foot" n="1">Schreiben von Rey&#x017F;&#x017F;e. 17 Aug. Fr. A.</note></p><lb/>
          <p>Auch gerieth er unverzüglich in mancherlei Wider&#x017F;pruch<lb/>
mit den Ständen.</p><lb/>
          <p>
            <note xml:id="seg2pn_14_2" prev="#seg2pn_14_1" place="foot" n="2"> <hi rendition="#aq">sero quelli avesse (i quali avessero) a chiamar le diete e tuor<lb/>
le imprese.</hi> </note>
          </p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">Ranke d. Ge&#x017F;ch. <hi rendition="#aq">I.</hi> 10</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[145/0163] Reichstag zu Augsburg 1500. Wie das Gericht, ſchienen nunmehr auch Regierung und Verwaltung einen durchaus ſtändiſchen Charakter an- nehmen zu müſſen. Wenn Maximilian ſich in Augsburg zu ſo großen Con- ceſſionen bewegen ließ, ſo geſchah das ohne Zweifel nur deshalb, weil man jene Kriegseinrichtungen daran knüpfte, weil er nun auch ſeinerſeits von den Ständen des Rei- ches eine dauernde, freiwillig und herzlich geleiſtete, entſchei- dende Unterſtützung für ſeine auswärtigen Unternehmun- gen auszuwirken hoffte. Am 14ten Aug. nachdem alles beſchloſſen war, forderte er die Stände auf, ſich an ſei- nem Beiſpiel zu ſpiegeln und eben ſo wohl etwas für das Reich zu thun wie er. Er erhob ſich gleichſam mit Ab- ſicht zu der Erwartung, daß das geſchehen werde; er wollte es glauben; insgeheim aber regte ſich doch auch die Furcht daß es am Ende nicht geſchehen und er ſich ſeiner Rechte vergeblich entäußert haben dürfte. Es zeigt die größte Auf- regung an, ein Gefühl von Bedrohtſeyn und Unrechtlei- den, wie er ſich ausdrückte. Indem er die Verſammlung an die Eide und Gelübde erinnerte, womit ein jeder dem heiligen Reiche verwandt ſey, fügte er hinzu, wenn man nicht anders dazu thue als bisher, ſo wolle er nicht warten, bis man ihm die Krone vom Haupt reiße; er wolle ſie eher ſelbſt vor ſeine Füße werfen. 1 Auch gerieth er unverzüglich in mancherlei Widerſpruch mit den Ständen. 2 1 Schreiben von Reyſſe. 17 Aug. Fr. A. 2 sero quelli avesse (i quali avessero) a chiamar le diete e tuor le imprese. Ranke d. Geſch. I. 10

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/163
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/163>, abgerufen am 21.11.2024.