sondern durch eine Matrikel. Der Unterschied ist unermeß- lich. Jene Entwürfe gründeten sich auf die Idee der Ein- heit, der Reichsangehörigkeit sämmtlicher Unterthanen, die Matrikel, in welcher die Stände jeder nach seiner Macht angeschlagen waren, beruhte gleich von vorn herein auf dem Gedanken der Absonderung der Territorialmacht der einzelnen Gewalten.
An einem Reichsregiment Theil zu nehmen, lehnten sie ab. Sie sagten, S. Maj. habe bisher wohl und weise regiert, sie seyen nicht geneigt, ihm darin Maaß zu geben.
Die Ideen nahmen eine bei weitem weniger ideale, allgemein-vaterländische Wünsche befriedigende aber eine ausführbarere praktischere Richtung.
Maximilian verlangte Hülfe zu einem Zuge nach Un- gern, nicht wider den König, mit dem er vielmehr im be- sten Vernehmen stand, sondern wider einen Theil der un- grischen Großen. Den letzten Vertrag, durch den sein Erbrecht erneuert worden, hatten doch nur Einzelne an- genommen, auf dem Reichstag war er nicht bestätigt wor- den. Jetzt aber erhob sich in den Ungern der Gedanke, niemals wieder einen Ausländer auf ihren Thron zu heben: denn noch sey keiner von allen dem Reiche nützlich gewe- sen; einen Beschluß dieses Inhalts, der für ihren König eben so ehrenrührig als für die östreichischen Rechte ver- letzend war, nahmen sie feierlich an und sandten ihn in alle Comitate. 1 Dagegen nun wollte sich Maximilian er- heben. Er bemerkte, seine Rechte seyen auch für das hei-
1Istuanffy Historia regni Hungarici p. 32.
Reichstag zu Coͤlln 1505.
ſondern durch eine Matrikel. Der Unterſchied iſt unermeß- lich. Jene Entwürfe gründeten ſich auf die Idee der Ein- heit, der Reichsangehörigkeit ſämmtlicher Unterthanen, die Matrikel, in welcher die Stände jeder nach ſeiner Macht angeſchlagen waren, beruhte gleich von vorn herein auf dem Gedanken der Abſonderung der Territorialmacht der einzelnen Gewalten.
An einem Reichsregiment Theil zu nehmen, lehnten ſie ab. Sie ſagten, S. Maj. habe bisher wohl und weiſe regiert, ſie ſeyen nicht geneigt, ihm darin Maaß zu geben.
Die Ideen nahmen eine bei weitem weniger ideale, allgemein-vaterländiſche Wünſche befriedigende aber eine ausführbarere praktiſchere Richtung.
Maximilian verlangte Hülfe zu einem Zuge nach Un- gern, nicht wider den König, mit dem er vielmehr im be- ſten Vernehmen ſtand, ſondern wider einen Theil der un- griſchen Großen. Den letzten Vertrag, durch den ſein Erbrecht erneuert worden, hatten doch nur Einzelne an- genommen, auf dem Reichstag war er nicht beſtätigt wor- den. Jetzt aber erhob ſich in den Ungern der Gedanke, niemals wieder einen Ausländer auf ihren Thron zu heben: denn noch ſey keiner von allen dem Reiche nützlich gewe- ſen; einen Beſchluß dieſes Inhalts, der für ihren König eben ſo ehrenrührig als für die öſtreichiſchen Rechte ver- letzend war, nahmen ſie feierlich an und ſandten ihn in alle Comitate. 1 Dagegen nun wollte ſich Maximilian er- heben. Er bemerkte, ſeine Rechte ſeyen auch für das hei-
1Istuanffy Historia regni Hungarici p. 32.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0185"n="167"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Reichstag zu Coͤlln</hi> 1505.</fw><lb/>ſondern durch eine Matrikel. Der Unterſchied iſt unermeß-<lb/>
lich. Jene Entwürfe gründeten ſich auf die Idee der Ein-<lb/>
heit, der Reichsangehörigkeit ſämmtlicher Unterthanen, die<lb/>
Matrikel, in welcher die Stände jeder nach ſeiner Macht<lb/>
angeſchlagen waren, beruhte gleich von vorn herein auf<lb/>
dem Gedanken der Abſonderung der Territorialmacht der<lb/>
einzelnen Gewalten.</p><lb/><p>An einem Reichsregiment Theil zu nehmen, lehnten<lb/>ſie ab. Sie ſagten, S. Maj. habe bisher wohl und weiſe<lb/>
regiert, ſie ſeyen nicht geneigt, ihm darin Maaß zu geben.</p><lb/><p>Die Ideen nahmen eine bei weitem weniger ideale,<lb/>
allgemein-vaterländiſche Wünſche befriedigende aber eine<lb/>
ausführbarere praktiſchere Richtung.</p><lb/><p>Maximilian verlangte Hülfe zu einem Zuge nach Un-<lb/>
gern, nicht wider den König, mit dem er vielmehr im be-<lb/>ſten Vernehmen ſtand, ſondern wider einen Theil der un-<lb/>
griſchen Großen. Den letzten Vertrag, durch den ſein<lb/>
Erbrecht erneuert worden, hatten doch nur Einzelne an-<lb/>
genommen, auf dem Reichstag war er nicht beſtätigt wor-<lb/>
den. Jetzt aber erhob ſich in den Ungern der Gedanke,<lb/>
niemals wieder einen Ausländer auf ihren Thron zu heben:<lb/>
denn noch ſey keiner von allen dem Reiche nützlich gewe-<lb/>ſen; einen Beſchluß dieſes Inhalts, der für ihren König<lb/>
eben ſo ehrenrührig als für die öſtreichiſchen Rechte ver-<lb/>
letzend war, nahmen ſie feierlich an und ſandten ihn in<lb/>
alle Comitate. <noteplace="foot"n="1"><hirendition="#aq">Istuanffy Historia regni Hungarici p.</hi> 32.</note> Dagegen nun wollte ſich Maximilian er-<lb/>
heben. Er bemerkte, ſeine Rechte ſeyen auch für das hei-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[167/0185]
Reichstag zu Coͤlln 1505.
ſondern durch eine Matrikel. Der Unterſchied iſt unermeß-
lich. Jene Entwürfe gründeten ſich auf die Idee der Ein-
heit, der Reichsangehörigkeit ſämmtlicher Unterthanen, die
Matrikel, in welcher die Stände jeder nach ſeiner Macht
angeſchlagen waren, beruhte gleich von vorn herein auf
dem Gedanken der Abſonderung der Territorialmacht der
einzelnen Gewalten.
An einem Reichsregiment Theil zu nehmen, lehnten
ſie ab. Sie ſagten, S. Maj. habe bisher wohl und weiſe
regiert, ſie ſeyen nicht geneigt, ihm darin Maaß zu geben.
Die Ideen nahmen eine bei weitem weniger ideale,
allgemein-vaterländiſche Wünſche befriedigende aber eine
ausführbarere praktiſchere Richtung.
Maximilian verlangte Hülfe zu einem Zuge nach Un-
gern, nicht wider den König, mit dem er vielmehr im be-
ſten Vernehmen ſtand, ſondern wider einen Theil der un-
griſchen Großen. Den letzten Vertrag, durch den ſein
Erbrecht erneuert worden, hatten doch nur Einzelne an-
genommen, auf dem Reichstag war er nicht beſtätigt wor-
den. Jetzt aber erhob ſich in den Ungern der Gedanke,
niemals wieder einen Ausländer auf ihren Thron zu heben:
denn noch ſey keiner von allen dem Reiche nützlich gewe-
ſen; einen Beſchluß dieſes Inhalts, der für ihren König
eben ſo ehrenrührig als für die öſtreichiſchen Rechte ver-
letzend war, nahmen ſie feierlich an und ſandten ihn in
alle Comitate. 1 Dagegen nun wollte ſich Maximilian er-
heben. Er bemerkte, ſeine Rechte ſeyen auch für das hei-
1 Istuanffy Historia regni Hungarici p. 32.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/185>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.