Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.Erstes Buch. und Landesfürsten seyen. 1 Über den Grundsatz war mannicht streitig. In den Reichsabschieden ward immer be- stimmt, daß den Ständen alle die Hülfe vorbehalten bleibe, die ihnen von Alters her gehöre: in jedem Fall aber er- neuerte sich doch immer die Frage und der gegenseitige Anspruch. Auch die mächtigsten Fürsten hatten sich zu be- klagen, daß der kaiserliche Fiscal am Kammergericht ihre Vasallen mit Pönalmandaten verfolge. Überhaupt erweckte das Kammergericht Widerspruch 1 Man weiß daß er damit nicht durchdrang. Die Entschei- dang des Reichstags von 1510 ist die Hauptgrundlage der Hambur- gischen Reichsfreiheit. Lünig Reichs A. Pars spec. Cont. IV p. 965. 2 Schreiben Friedrichs von Sachsen an Renner Mittwoch
nach dem h. Dreikönigtag 1509 (Weim. A.); Joachims I die crps Christi 1510. Erſtes Buch. und Landesfürſten ſeyen. 1 Über den Grundſatz war mannicht ſtreitig. In den Reichsabſchieden ward immer be- ſtimmt, daß den Ständen alle die Hülfe vorbehalten bleibe, die ihnen von Alters her gehöre: in jedem Fall aber er- neuerte ſich doch immer die Frage und der gegenſeitige Anſpruch. Auch die mächtigſten Fürſten hatten ſich zu be- klagen, daß der kaiſerliche Fiscal am Kammergericht ihre Vaſallen mit Pönalmandaten verfolge. Überhaupt erweckte das Kammergericht Widerſpruch 1 Man weiß daß er damit nicht durchdrang. Die Entſchei- dang des Reichstags von 1510 iſt die Hauptgrundlage der Hambur- giſchen Reichsfreiheit. Luͤnig Reichs A. Pars spec. Cont. IV p. 965. 2 Schreiben Friedrichs von Sachſen an Renner Mittwoch
nach dem h. Dreikoͤnigtag 1509 (Weim. A.); Joachims I die crps Christi 1510. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0220" n="202"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Erſtes Buch</hi>.</fw><lb/> und Landesfürſten ſeyen. <note place="foot" n="1">Man weiß daß er damit nicht durchdrang. Die Entſchei-<lb/> dang des Reichstags von 1510 iſt die Hauptgrundlage der Hambur-<lb/> giſchen Reichsfreiheit. Luͤnig Reichs A. <hi rendition="#aq">Pars spec. Cont. IV p.</hi> 965.</note> Über den Grundſatz war man<lb/> nicht ſtreitig. In den Reichsabſchieden ward immer be-<lb/> ſtimmt, daß den Ständen alle die Hülfe vorbehalten bleibe,<lb/> die ihnen von Alters her gehöre: in jedem Fall aber er-<lb/> neuerte ſich doch immer die Frage und der gegenſeitige<lb/> Anſpruch. Auch die mächtigſten Fürſten hatten ſich zu be-<lb/> klagen, daß der kaiſerliche Fiscal am Kammergericht ihre<lb/> Vaſallen mit Pönalmandaten verfolge.</p><lb/> <p>Überhaupt erweckte das Kammergericht Widerſpruch<lb/> von allen Seiten. Die Fürſten fanden ſich dadurch be-<lb/> ſchränkt, die unteren Stände nicht geſchützt. Sachſen und<lb/> Brandenburg brachten in Erinnerung, daß ſie ihre fürſt-<lb/> lichen Freiheiten nur unter gewiſſen Bedingungen dem Kam-<lb/> mergericht unterworfen: Joachim <hi rendition="#aq">I</hi> von Brandenburg be-<lb/> ſchwerte ſich, daß das Kammergericht Appellationen von<lb/> ſeinen Landgerichten annehme: was bei ſeines Vaters Zei-<lb/> ten nie geſchehen. <note place="foot" n="2">Schreiben Friedrichs von Sachſen an Renner Mittwoch<lb/> nach dem h. Dreikoͤnigtag 1509 (Weim. A.); Joachims <hi rendition="#aq">I die crps<lb/> Christi</hi> 1510.</note> Die Reichsritterſchaft war dagegen<lb/> über den Einfluß unzufrieden, der von den Mächtigen auf<lb/> das Gericht ausgeübt werde: wenn ein Fürſt ſehe daß<lb/> er unterliegen werde, ſo wiſſe er den Proceß zu verhin-<lb/> dern: und wenigſtens Kaiſer Maximilian giebt ihr nicht<lb/> unrecht; entweder, ſagt er, könne der Arme von Adel gar<lb/> kein Recht bekommen, oder es ſey „ſo ſcharf und ſpitzig“<lb/> daß es ihm nichts fruchte. Da blieben auch die Städte<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [202/0220]
Erſtes Buch.
und Landesfürſten ſeyen. 1 Über den Grundſatz war man
nicht ſtreitig. In den Reichsabſchieden ward immer be-
ſtimmt, daß den Ständen alle die Hülfe vorbehalten bleibe,
die ihnen von Alters her gehöre: in jedem Fall aber er-
neuerte ſich doch immer die Frage und der gegenſeitige
Anſpruch. Auch die mächtigſten Fürſten hatten ſich zu be-
klagen, daß der kaiſerliche Fiscal am Kammergericht ihre
Vaſallen mit Pönalmandaten verfolge.
Überhaupt erweckte das Kammergericht Widerſpruch
von allen Seiten. Die Fürſten fanden ſich dadurch be-
ſchränkt, die unteren Stände nicht geſchützt. Sachſen und
Brandenburg brachten in Erinnerung, daß ſie ihre fürſt-
lichen Freiheiten nur unter gewiſſen Bedingungen dem Kam-
mergericht unterworfen: Joachim I von Brandenburg be-
ſchwerte ſich, daß das Kammergericht Appellationen von
ſeinen Landgerichten annehme: was bei ſeines Vaters Zei-
ten nie geſchehen. 2 Die Reichsritterſchaft war dagegen
über den Einfluß unzufrieden, der von den Mächtigen auf
das Gericht ausgeübt werde: wenn ein Fürſt ſehe daß
er unterliegen werde, ſo wiſſe er den Proceß zu verhin-
dern: und wenigſtens Kaiſer Maximilian giebt ihr nicht
unrecht; entweder, ſagt er, könne der Arme von Adel gar
kein Recht bekommen, oder es ſey „ſo ſcharf und ſpitzig“
daß es ihm nichts fruchte. Da blieben auch die Städte
1 Man weiß daß er damit nicht durchdrang. Die Entſchei-
dang des Reichstags von 1510 iſt die Hauptgrundlage der Hambur-
giſchen Reichsfreiheit. Luͤnig Reichs A. Pars spec. Cont. IV p. 965.
2 Schreiben Friedrichs von Sachſen an Renner Mittwoch
nach dem h. Dreikoͤnigtag 1509 (Weim. A.); Joachims I die crps
Christi 1510.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |