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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Reichstag zu Mainz 1517.

Die kaiserlichen Commissarien trugen, um die Empö-
rungen dämpfen zu können, auf eine stattliche Hülfe an,
nicht mehr den vierhundertsten, sondern den funfzigsten
Mann; aber den Ständen schien es schon nicht mehr rathsam
zu den Waffen zu greifen. Der gemeine Bauersmann, ohne-
hin durch Theurung und Hunger geplagt, möchte dadurch
"in seinem wüthenden Gemüthe" noch mehr gereizt wer-
den: es möchte hervorkommen, was ihm schon lange im
Herzen stecke: eine allgemeine Meuterei sey zu besorgen.
Vielmehr wünschten sie die obwaltenden Unruhen in Güte
zu beseitigen: nach allen Seiten auch mit Sickingen knüpf-
ten sie Verhandlungen an: hauptsächlich setzten sie einen
Ausschuß nieder, um den allgemeinen Zustand, die Ursachen
der allenthalben hervorbrechenden Unruhe in Berathung zu
ziehen. Die kaiserlichen Commissarien hätten die Versamm-
lung lieber aufgelöst, weil sie doch nichts ausrichten könne,
ohne die Meinung kaiserlicher Majestät zu wissen, aber man
ließ sich dadurch nicht abhalten; die Sitzungen des Ausschus-
ses, in dem auch die Städte zwei Mitglieder hatten, wur-
den sehr feierlich mit einer heiligen Geistmesse eröffnet: am
7ten Aug. 1517 legte derselbe sein Gutachten vor.

Da ist es nun sehr merkwürdig, daß die Stände ge-
rade in der vornehmsten Institution die man gegründet, in
dem Kammergericht, den Mängeln seiner Zusammensetzung
und Amtsführung den Hauptgrund des ganzen Übels er-
blicken. Die trefflichsten Glieder, sagen sie, seyen abgegan-
gen, und Untaugliche an deren Stelle getreten; die Procedur
ziehe sich Jahre lang hin, auch deshalb weil man so viel
Appellationen in geringfügigen Sachen annehme, daß man

Reichstag zu Mainz 1517.

Die kaiſerlichen Commiſſarien trugen, um die Empö-
rungen dämpfen zu können, auf eine ſtattliche Hülfe an,
nicht mehr den vierhundertſten, ſondern den funfzigſten
Mann; aber den Ständen ſchien es ſchon nicht mehr rathſam
zu den Waffen zu greifen. Der gemeine Bauersmann, ohne-
hin durch Theurung und Hunger geplagt, möchte dadurch
„in ſeinem wüthenden Gemüthe“ noch mehr gereizt wer-
den: es möchte hervorkommen, was ihm ſchon lange im
Herzen ſtecke: eine allgemeine Meuterei ſey zu beſorgen.
Vielmehr wünſchten ſie die obwaltenden Unruhen in Güte
zu beſeitigen: nach allen Seiten auch mit Sickingen knüpf-
ten ſie Verhandlungen an: hauptſächlich ſetzten ſie einen
Ausſchuß nieder, um den allgemeinen Zuſtand, die Urſachen
der allenthalben hervorbrechenden Unruhe in Berathung zu
ziehen. Die kaiſerlichen Commiſſarien hätten die Verſamm-
lung lieber aufgelöſt, weil ſie doch nichts ausrichten könne,
ohne die Meinung kaiſerlicher Majeſtät zu wiſſen, aber man
ließ ſich dadurch nicht abhalten; die Sitzungen des Ausſchuſ-
ſes, in dem auch die Städte zwei Mitglieder hatten, wur-
den ſehr feierlich mit einer heiligen Geiſtmeſſe eröffnet: am
7ten Aug. 1517 legte derſelbe ſein Gutachten vor.

Da iſt es nun ſehr merkwürdig, daß die Stände ge-
rade in der vornehmſten Inſtitution die man gegründet, in
dem Kammergericht, den Mängeln ſeiner Zuſammenſetzung
und Amtsführung den Hauptgrund des ganzen Übels er-
blicken. Die trefflichſten Glieder, ſagen ſie, ſeyen abgegan-
gen, und Untaugliche an deren Stelle getreten; die Procedur
ziehe ſich Jahre lang hin, auch deshalb weil man ſo viel
Appellationen in geringfügigen Sachen annehme, daß man

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[219/0237] Reichstag zu Mainz 1517. Die kaiſerlichen Commiſſarien trugen, um die Empö- rungen dämpfen zu können, auf eine ſtattliche Hülfe an, nicht mehr den vierhundertſten, ſondern den funfzigſten Mann; aber den Ständen ſchien es ſchon nicht mehr rathſam zu den Waffen zu greifen. Der gemeine Bauersmann, ohne- hin durch Theurung und Hunger geplagt, möchte dadurch „in ſeinem wüthenden Gemüthe“ noch mehr gereizt wer- den: es möchte hervorkommen, was ihm ſchon lange im Herzen ſtecke: eine allgemeine Meuterei ſey zu beſorgen. Vielmehr wünſchten ſie die obwaltenden Unruhen in Güte zu beſeitigen: nach allen Seiten auch mit Sickingen knüpf- ten ſie Verhandlungen an: hauptſächlich ſetzten ſie einen Ausſchuß nieder, um den allgemeinen Zuſtand, die Urſachen der allenthalben hervorbrechenden Unruhe in Berathung zu ziehen. Die kaiſerlichen Commiſſarien hätten die Verſamm- lung lieber aufgelöſt, weil ſie doch nichts ausrichten könne, ohne die Meinung kaiſerlicher Majeſtät zu wiſſen, aber man ließ ſich dadurch nicht abhalten; die Sitzungen des Ausſchuſ- ſes, in dem auch die Städte zwei Mitglieder hatten, wur- den ſehr feierlich mit einer heiligen Geiſtmeſſe eröffnet: am 7ten Aug. 1517 legte derſelbe ſein Gutachten vor. Da iſt es nun ſehr merkwürdig, daß die Stände ge- rade in der vornehmſten Inſtitution die man gegründet, in dem Kammergericht, den Mängeln ſeiner Zuſammenſetzung und Amtsführung den Hauptgrund des ganzen Übels er- blicken. Die trefflichſten Glieder, ſagen ſie, ſeyen abgegan- gen, und Untaugliche an deren Stelle getreten; die Procedur ziehe ſich Jahre lang hin, auch deshalb weil man ſo viel Appellationen in geringfügigen Sachen annehme, daß man

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/237>, abgerufen am 21.11.2024.