Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.Verhältnisse deutscher Fürsten. gegeben hatte: mit allen Banden der Dankbarkeit schiendieser Fürst an den Kaiser geknüpft zu seyn. Grade in Dem aber entwickelte sich sehr bald ein entschlossener, von trotzigem Selbstgefühl genährter Widerstand gegen die Ab- sichten des Kaisers. Es mißfiel ihm, daß er in dem schwä- bischen Bunde so wenig bedeutete. Er fand es unerträg- lich, daß da von den ein und zwanzig Stimmen im Bun- desrath vierzehn den niedern Ständen, Prälaten Grafen Rittern und vor allem den Städten angehörten, von de- nen Krieg und Friede beschlossen werde, so daß "sein Wille und Vermögen in fremden Händen stehe." 1 Schon im Jahr 1512, als der Bund erneuert ward, weigerte er sich hartnäckig, in denselben einzutreten. Indem er aber hie- durch den Bund beleidigte, ihn zu fürchten anfieng und sich an die Gegner desselben anschloß, namentlich die Pfalz und den Bischof von Würzburg, gerieth er mit dem Kai- ser, alle seinen andern Nachbarn, ja seinen Ständen und Räthen, welche lieber an Kaiser und Bund festgehalten hätten, in unzählige Irrungen: in welchen er sich immer stürmischer roher und gewaltthätiger zeigte. Die Bauern empörten sich wider seine Auflagen; seine Landstände nö- thigten ihm einen beschränkenden Vertrag auf, den er nicht zu halten Lust hatte; seine Räthe dachten daran, ihm eine Regentschaft zu setzen, was ihn mit Wuth erfüllte; endlich brach ihm in seinem Hause das volle Unheil aus. Er hatte das Unglück, sich von der Neigung zu der Frau eines 1 Beswerung so wir Herzog Ulrich zu Wirtemperg haben, des
Pundts Swaben Erstreckung anzunemen, bei Sattler Herzoge I Bei- lage nr. 56 p. 129. Verhaͤltniſſe deutſcher Fuͤrſten. gegeben hatte: mit allen Banden der Dankbarkeit ſchiendieſer Fürſt an den Kaiſer geknüpft zu ſeyn. Grade in Dem aber entwickelte ſich ſehr bald ein entſchloſſener, von trotzigem Selbſtgefühl genährter Widerſtand gegen die Ab- ſichten des Kaiſers. Es mißfiel ihm, daß er in dem ſchwä- biſchen Bunde ſo wenig bedeutete. Er fand es unerträg- lich, daß da von den ein und zwanzig Stimmen im Bun- desrath vierzehn den niedern Ständen, Prälaten Grafen Rittern und vor allem den Städten angehörten, von de- nen Krieg und Friede beſchloſſen werde, ſo daß „ſein Wille und Vermögen in fremden Händen ſtehe.“ 1 Schon im Jahr 1512, als der Bund erneuert ward, weigerte er ſich hartnäckig, in denſelben einzutreten. Indem er aber hie- durch den Bund beleidigte, ihn zu fürchten anfieng und ſich an die Gegner deſſelben anſchloß, namentlich die Pfalz und den Biſchof von Würzburg, gerieth er mit dem Kai- ſer, alle ſeinen andern Nachbarn, ja ſeinen Ständen und Räthen, welche lieber an Kaiſer und Bund feſtgehalten hätten, in unzählige Irrungen: in welchen er ſich immer ſtürmiſcher roher und gewaltthätiger zeigte. Die Bauern empörten ſich wider ſeine Auflagen; ſeine Landſtände nö- thigten ihm einen beſchränkenden Vertrag auf, den er nicht zu halten Luſt hatte; ſeine Räthe dachten daran, ihm eine Regentſchaft zu ſetzen, was ihn mit Wuth erfüllte; endlich brach ihm in ſeinem Hauſe das volle Unheil aus. Er hatte das Unglück, ſich von der Neigung zu der Frau eines 1 Beſwerung ſo wir Herzog Ulrich zu Wirtemperg haben, des
Pundts Swaben Erſtreckung anzunemen, bei Sattler Herzoge I Bei- lage nr. 56 p. 129. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0353" n="335"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Verhaͤltniſſe deutſcher Fuͤrſten</hi>.</fw><lb/> gegeben hatte: mit allen Banden der Dankbarkeit ſchien<lb/> dieſer Fürſt an den Kaiſer geknüpft zu ſeyn. Grade in<lb/> Dem aber entwickelte ſich ſehr bald ein entſchloſſener, von<lb/> trotzigem Selbſtgefühl genährter Widerſtand gegen die Ab-<lb/> ſichten des Kaiſers. Es mißfiel ihm, daß er in dem ſchwä-<lb/> biſchen Bunde ſo wenig bedeutete. Er fand es unerträg-<lb/> lich, daß da von den ein und zwanzig Stimmen im Bun-<lb/> desrath vierzehn den niedern Ständen, Prälaten Grafen<lb/> Rittern und vor allem den Städten angehörten, von de-<lb/> nen Krieg und Friede beſchloſſen werde, ſo daß „ſein Wille<lb/> und Vermögen in fremden Händen ſtehe.“ <note place="foot" n="1">Beſwerung ſo wir Herzog Ulrich zu Wirtemperg haben, des<lb/> Pundts Swaben Erſtreckung anzunemen, bei Sattler Herzoge <hi rendition="#aq">I</hi> Bei-<lb/> lage <hi rendition="#aq">nr. 56 p.</hi> 129.</note> Schon im<lb/> Jahr 1512, als der Bund erneuert ward, weigerte er ſich<lb/> hartnäckig, in denſelben einzutreten. Indem er aber hie-<lb/> durch den Bund beleidigte, ihn zu fürchten anfieng und<lb/> ſich an die Gegner deſſelben anſchloß, namentlich die Pfalz<lb/> und den Biſchof von Würzburg, gerieth er mit dem Kai-<lb/> ſer, alle ſeinen andern Nachbarn, ja ſeinen Ständen und<lb/> Räthen, welche lieber an Kaiſer und Bund feſtgehalten<lb/> hätten, in unzählige Irrungen: in welchen er ſich immer<lb/> ſtürmiſcher roher und gewaltthätiger zeigte. Die Bauern<lb/> empörten ſich wider ſeine Auflagen; ſeine Landſtände nö-<lb/> thigten ihm einen beſchränkenden Vertrag auf, den er nicht<lb/> zu halten Luſt hatte; ſeine Räthe dachten daran, ihm eine<lb/> Regentſchaft zu ſetzen, was ihn mit Wuth erfüllte; endlich<lb/> brach ihm in ſeinem Hauſe das volle Unheil aus. Er<lb/> hatte das Unglück, ſich von der Neigung zu der Frau eines<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [335/0353]
Verhaͤltniſſe deutſcher Fuͤrſten.
gegeben hatte: mit allen Banden der Dankbarkeit ſchien
dieſer Fürſt an den Kaiſer geknüpft zu ſeyn. Grade in
Dem aber entwickelte ſich ſehr bald ein entſchloſſener, von
trotzigem Selbſtgefühl genährter Widerſtand gegen die Ab-
ſichten des Kaiſers. Es mißfiel ihm, daß er in dem ſchwä-
biſchen Bunde ſo wenig bedeutete. Er fand es unerträg-
lich, daß da von den ein und zwanzig Stimmen im Bun-
desrath vierzehn den niedern Ständen, Prälaten Grafen
Rittern und vor allem den Städten angehörten, von de-
nen Krieg und Friede beſchloſſen werde, ſo daß „ſein Wille
und Vermögen in fremden Händen ſtehe.“ 1 Schon im
Jahr 1512, als der Bund erneuert ward, weigerte er ſich
hartnäckig, in denſelben einzutreten. Indem er aber hie-
durch den Bund beleidigte, ihn zu fürchten anfieng und
ſich an die Gegner deſſelben anſchloß, namentlich die Pfalz
und den Biſchof von Würzburg, gerieth er mit dem Kai-
ſer, alle ſeinen andern Nachbarn, ja ſeinen Ständen und
Räthen, welche lieber an Kaiſer und Bund feſtgehalten
hätten, in unzählige Irrungen: in welchen er ſich immer
ſtürmiſcher roher und gewaltthätiger zeigte. Die Bauern
empörten ſich wider ſeine Auflagen; ſeine Landſtände nö-
thigten ihm einen beſchränkenden Vertrag auf, den er nicht
zu halten Luſt hatte; ſeine Räthe dachten daran, ihm eine
Regentſchaft zu ſetzen, was ihn mit Wuth erfüllte; endlich
brach ihm in ſeinem Hauſe das volle Unheil aus. Er
hatte das Unglück, ſich von der Neigung zu der Frau eines
1 Beſwerung ſo wir Herzog Ulrich zu Wirtemperg haben, des
Pundts Swaben Erſtreckung anzunemen, bei Sattler Herzoge I Bei-
lage nr. 56 p. 129.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |