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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Verhältnisse deutscher Fürsten.
ter des Herzogs von Jülich mit dem Erben von Cleve
zu vermählen und beide Länder zu vereinigen. Ein feier-
licher Vertrag ward darüber aufgenommen, welchen Adel
und Städte mit unterzeichneten, der als eine Einigung aller
dieser Landschaften betrachtet werden kann; 1 sie baten den
Kaiser, denselben zu bestätigen, die Prinzessin von Jülich als
rechte Erbin der Besitzungen ihres Vaters anzuerkennen.

Darauf würde nun wohl der Kaiser wenig Rücksicht
genommen, er würde jene Anwartschaft festgehalten haben,
wären nicht einige politische Momente hinzugetreten.

Seitdem der Sohn des einst von Carl dem Kühnen
entsetzten Herzogs von Geldern, Herzog Carl, in sein Erb-
land zurückgekommen, und sich daselbst den ungünstigen Aus-
sprüchen des Reiches zum Trotz mit Hülfe seiner Stände zu
behaupten gewußt, war in jenen Gegenden keinen Augenblick
Ruhe. Er stand in enger Verbindung mit Frankreich; alle
Widersacher von Östreich fanden an ihm einen allzeit fer-
tigen Beschützer. Da war es nun allerdings bedenklich,
sich dort einen neuen starken Feind zuzuziehen. Der Her-
zog von Cleve drohte im Fall einer Verweigerung seiner
Bitte mit dem Herzog von Geldern in Schwägerschaft und
unauflöslichen Bund zu treten; in den Niederlanden er-

1 Heirathsabred und Vergleichung bei Teschenmacher: Anna-
les Cliviae, Cod. dipl. nr.
98. 99, worin die beiden Fürsten einander
versprachen, der Herzog von Jülich, mit seiner Tochter an den Sohn
seines Bruders von Cleve seine Fürstenthümer von Jülich Berg seine
Grafschaft Ravensberg mit allen seinen übrigen Herrschaften, -- der
Herzog von Cleve, mit seinem Sohne an seines Bruders von Jülich
Tochter sein Fürstenthum Cleve Grafschaft Mark und alle seine
übrigen Herrschaften, was er jetzt besitze oder noch erwerben werde,
bringen zu wollen.
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Verhaͤltniſſe deutſcher Fuͤrſten.
ter des Herzogs von Jülich mit dem Erben von Cleve
zu vermählen und beide Länder zu vereinigen. Ein feier-
licher Vertrag ward darüber aufgenommen, welchen Adel
und Städte mit unterzeichneten, der als eine Einigung aller
dieſer Landſchaften betrachtet werden kann; 1 ſie baten den
Kaiſer, denſelben zu beſtätigen, die Prinzeſſin von Jülich als
rechte Erbin der Beſitzungen ihres Vaters anzuerkennen.

Darauf würde nun wohl der Kaiſer wenig Rückſicht
genommen, er würde jene Anwartſchaft feſtgehalten haben,
wären nicht einige politiſche Momente hinzugetreten.

Seitdem der Sohn des einſt von Carl dem Kühnen
entſetzten Herzogs von Geldern, Herzog Carl, in ſein Erb-
land zurückgekommen, und ſich daſelbſt den ungünſtigen Aus-
ſprüchen des Reiches zum Trotz mit Hülfe ſeiner Stände zu
behaupten gewußt, war in jenen Gegenden keinen Augenblick
Ruhe. Er ſtand in enger Verbindung mit Frankreich; alle
Widerſacher von Öſtreich fanden an ihm einen allzeit fer-
tigen Beſchützer. Da war es nun allerdings bedenklich,
ſich dort einen neuen ſtarken Feind zuzuziehen. Der Her-
zog von Cleve drohte im Fall einer Verweigerung ſeiner
Bitte mit dem Herzog von Geldern in Schwägerſchaft und
unauflöslichen Bund zu treten; in den Niederlanden er-

1 Heirathsabred und Vergleichung bei Teſchenmacher: Anna-
les Cliviae, Cod. dipl. nr.
98. 99, worin die beiden Fuͤrſten einander
verſprachen, der Herzog von Juͤlich, mit ſeiner Tochter an den Sohn
ſeines Bruders von Cleve ſeine Fuͤrſtenthuͤmer von Juͤlich Berg ſeine
Grafſchaft Ravensberg mit allen ſeinen uͤbrigen Herrſchaften, — der
Herzog von Cleve, mit ſeinem Sohne an ſeines Bruders von Juͤlich
Tochter ſein Fuͤrſtenthum Cleve Grafſchaft Mark und alle ſeine
uͤbrigen Herrſchaften, was er jetzt beſitze oder noch erwerben werde,
bringen zu wollen.
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[339/0357] Verhaͤltniſſe deutſcher Fuͤrſten. ter des Herzogs von Jülich mit dem Erben von Cleve zu vermählen und beide Länder zu vereinigen. Ein feier- licher Vertrag ward darüber aufgenommen, welchen Adel und Städte mit unterzeichneten, der als eine Einigung aller dieſer Landſchaften betrachtet werden kann; 1 ſie baten den Kaiſer, denſelben zu beſtätigen, die Prinzeſſin von Jülich als rechte Erbin der Beſitzungen ihres Vaters anzuerkennen. Darauf würde nun wohl der Kaiſer wenig Rückſicht genommen, er würde jene Anwartſchaft feſtgehalten haben, wären nicht einige politiſche Momente hinzugetreten. Seitdem der Sohn des einſt von Carl dem Kühnen entſetzten Herzogs von Geldern, Herzog Carl, in ſein Erb- land zurückgekommen, und ſich daſelbſt den ungünſtigen Aus- ſprüchen des Reiches zum Trotz mit Hülfe ſeiner Stände zu behaupten gewußt, war in jenen Gegenden keinen Augenblick Ruhe. Er ſtand in enger Verbindung mit Frankreich; alle Widerſacher von Öſtreich fanden an ihm einen allzeit fer- tigen Beſchützer. Da war es nun allerdings bedenklich, ſich dort einen neuen ſtarken Feind zuzuziehen. Der Her- zog von Cleve drohte im Fall einer Verweigerung ſeiner Bitte mit dem Herzog von Geldern in Schwägerſchaft und unauflöslichen Bund zu treten; in den Niederlanden er- 1 Heirathsabred und Vergleichung bei Teſchenmacher: Anna- les Cliviae, Cod. dipl. nr. 98. 99, worin die beiden Fuͤrſten einander verſprachen, der Herzog von Juͤlich, mit ſeiner Tochter an den Sohn ſeines Bruders von Cleve ſeine Fuͤrſtenthuͤmer von Juͤlich Berg ſeine Grafſchaft Ravensberg mit allen ſeinen uͤbrigen Herrſchaften, — der Herzog von Cleve, mit ſeinem Sohne an ſeines Bruders von Juͤlich Tochter ſein Fuͤrſtenthum Cleve Grafſchaft Mark und alle ſeine uͤbrigen Herrſchaften, was er jetzt beſitze oder noch erwerben werde, bringen zu wollen. 22*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/357>, abgerufen am 22.11.2024.