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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Verhältnisse deutscher Fürsten.
sition standen das ernestinische Sachsen, Pommern, Lauen-
burg, Lüneburg, die fränkische Ritterschaft, Wirtenberg und
Geldern. Der Herzog von Geldern war sogar in offenem
Krieg begriffen: im Jahr 1517 durchstreiften seine Schaa-
ren brandschatzend und verwüstend ganz Holland: Alkmar
plünderte er acht Tage lang; im J. 1518 erschien der frie-
sische Corsar Groote Pier in der Südersee, die er eine Zeit-
lang vollkommen beherrschte: der Herzog wandte alle seinen
Einfluß an, die Friesen in fortwährender Empörung zu
halten. Eine minder entschiedne, vermittelnde Stellung zwi-
schen den beiden Hinneigungen nahmen die Pfalz und Mek-
lenburg ein. Sonderbarer Weise näherte sich der Churfürst
von der Pfalz dem Hause Östreich auch deshalb weil sein
Bruder Friedrich, der lange Jahre an dem burgundischen
Hofe gedient, dort mit der Prinzessin Leonore in ein Lie-
besverhältniß gerathen war; einen seiner Briefe hatte man
bei ihr gefunden und dieß so ungnädig vermerkt, daß der
arme Fürst sich entfernen mußte, und alle die Ansprüche auf
Erkenntlichkeit welche er sich wohl erworben, verscherzt zu
haben glaubte, wenn er sie nicht durch fernere größere
Dienste erneuere. Allein darum vergaß der Churfürst doch
nicht, was ihm in dem Erbfolgekriege begegnet war. Der
tapfere Ritter der in seinem Dienst emporgekommen, Franz
von Sickingen nahm eben jetzt Rache deshalb an Hessen. 1
Während des Reichstags zu Augsburg überzog er mit ei-
nem Heer von 500 M. zu Pf. und 8000 z. F. das feste
Darmstadt, und erzwang sich einen Vertrag, worin ihm

1 Daß dieß das Motiv war, sagt die Flersheimer Chronik
bei Münch III, 210.

Verhaͤltniſſe deutſcher Fuͤrſten.
ſition ſtanden das erneſtiniſche Sachſen, Pommern, Lauen-
burg, Lüneburg, die fränkiſche Ritterſchaft, Wirtenberg und
Geldern. Der Herzog von Geldern war ſogar in offenem
Krieg begriffen: im Jahr 1517 durchſtreiften ſeine Schaa-
ren brandſchatzend und verwüſtend ganz Holland: Alkmar
plünderte er acht Tage lang; im J. 1518 erſchien der frie-
ſiſche Corſar Groote Pier in der Süderſee, die er eine Zeit-
lang vollkommen beherrſchte: der Herzog wandte alle ſeinen
Einfluß an, die Frieſen in fortwährender Empörung zu
halten. Eine minder entſchiedne, vermittelnde Stellung zwi-
ſchen den beiden Hinneigungen nahmen die Pfalz und Mek-
lenburg ein. Sonderbarer Weiſe näherte ſich der Churfürſt
von der Pfalz dem Hauſe Öſtreich auch deshalb weil ſein
Bruder Friedrich, der lange Jahre an dem burgundiſchen
Hofe gedient, dort mit der Prinzeſſin Leonore in ein Lie-
besverhältniß gerathen war; einen ſeiner Briefe hatte man
bei ihr gefunden und dieß ſo ungnädig vermerkt, daß der
arme Fürſt ſich entfernen mußte, und alle die Anſprüche auf
Erkenntlichkeit welche er ſich wohl erworben, verſcherzt zu
haben glaubte, wenn er ſie nicht durch fernere größere
Dienſte erneuere. Allein darum vergaß der Churfürſt doch
nicht, was ihm in dem Erbfolgekriege begegnet war. Der
tapfere Ritter der in ſeinem Dienſt emporgekommen, Franz
von Sickingen nahm eben jetzt Rache deshalb an Heſſen. 1
Während des Reichstags zu Augsburg überzog er mit ei-
nem Heer von 500 M. zu Pf. und 8000 z. F. das feſte
Darmſtadt, und erzwang ſich einen Vertrag, worin ihm

1 Daß dieß das Motiv war, ſagt die Flersheimer Chronik
bei Muͤnch III, 210.
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[349/0367] Verhaͤltniſſe deutſcher Fuͤrſten. ſition ſtanden das erneſtiniſche Sachſen, Pommern, Lauen- burg, Lüneburg, die fränkiſche Ritterſchaft, Wirtenberg und Geldern. Der Herzog von Geldern war ſogar in offenem Krieg begriffen: im Jahr 1517 durchſtreiften ſeine Schaa- ren brandſchatzend und verwüſtend ganz Holland: Alkmar plünderte er acht Tage lang; im J. 1518 erſchien der frie- ſiſche Corſar Groote Pier in der Süderſee, die er eine Zeit- lang vollkommen beherrſchte: der Herzog wandte alle ſeinen Einfluß an, die Frieſen in fortwährender Empörung zu halten. Eine minder entſchiedne, vermittelnde Stellung zwi- ſchen den beiden Hinneigungen nahmen die Pfalz und Mek- lenburg ein. Sonderbarer Weiſe näherte ſich der Churfürſt von der Pfalz dem Hauſe Öſtreich auch deshalb weil ſein Bruder Friedrich, der lange Jahre an dem burgundiſchen Hofe gedient, dort mit der Prinzeſſin Leonore in ein Lie- besverhältniß gerathen war; einen ſeiner Briefe hatte man bei ihr gefunden und dieß ſo ungnädig vermerkt, daß der arme Fürſt ſich entfernen mußte, und alle die Anſprüche auf Erkenntlichkeit welche er ſich wohl erworben, verſcherzt zu haben glaubte, wenn er ſie nicht durch fernere größere Dienſte erneuere. Allein darum vergaß der Churfürſt doch nicht, was ihm in dem Erbfolgekriege begegnet war. Der tapfere Ritter der in ſeinem Dienſt emporgekommen, Franz von Sickingen nahm eben jetzt Rache deshalb an Heſſen. 1 Während des Reichstags zu Augsburg überzog er mit ei- nem Heer von 500 M. zu Pf. und 8000 z. F. das feſte Darmſtadt, und erzwang ſich einen Vertrag, worin ihm 1 Daß dieß das Motiv war, ſagt die Flersheimer Chronik bei Muͤnch III, 210.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/367>, abgerufen am 22.11.2024.