Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.Zweites Buch. Zweites Capitel. daß er Einfluß wenigstens auf einen Theil der deutschenOpposition gewonnen hatte. Wir sprachen von den Her- zögen von Geldern und von Wirtenberg: die Existenz des einen, alle Hofnungen des andern hiengen von Frankreich ab; mit der Pfalz gab es alte niemals ganz abgebrochene Verhältnisse; jetzt nahm auch Herzog Heinrich der Mittlere von Lüneburg für den König Partei: "sein Glück ist mir lieb," sagt er in einem Briefe, "sein Unglück ist mir leid, er liege oben oder unten, so bin ich der seine." Der König be- hauptet, von Deutschland aus aufgefordert worden zu seyn, sich um die Krone zu bemühen. Seine Anhänger empfah- len ihn besonders deshalb, weil er so tapfer sey, weil kein andrer Fürst sich so gut eigne den Krieg gegen die Tür- ken zu führen, den man doch einen oder den andern Tag unternehmen müsse. Es haben früher und später französische Könige ähn- Das Unternehmen wie es vor ihm lag, hatte zwei Zweites Buch. Zweites Capitel. daß er Einfluß wenigſtens auf einen Theil der deutſchenOppoſition gewonnen hatte. Wir ſprachen von den Her- zögen von Geldern und von Wirtenberg: die Exiſtenz des einen, alle Hofnungen des andern hiengen von Frankreich ab; mit der Pfalz gab es alte niemals ganz abgebrochene Verhältniſſe; jetzt nahm auch Herzog Heinrich der Mittlere von Lüneburg für den König Partei: „ſein Glück iſt mir lieb,“ ſagt er in einem Briefe, „ſein Unglück iſt mir leid, er liege oben oder unten, ſo bin ich der ſeine.“ Der König be- hauptet, von Deutſchland aus aufgefordert worden zu ſeyn, ſich um die Krone zu bemühen. Seine Anhänger empfah- len ihn beſonders deshalb, weil er ſo tapfer ſey, weil kein andrer Fürſt ſich ſo gut eigne den Krieg gegen die Tür- ken zu führen, den man doch einen oder den andern Tag unternehmen müſſe. Es haben früher und ſpäter franzöſiſche Könige ähn- Das Unternehmen wie es vor ihm lag, hatte zwei <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0380" n="362"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweites Buch. Zweites Capitel</hi>.</fw><lb/> daß er Einfluß wenigſtens auf einen Theil der deutſchen<lb/> Oppoſition gewonnen hatte. Wir ſprachen von den Her-<lb/> zögen von Geldern und von Wirtenberg: die Exiſtenz des<lb/> einen, alle Hofnungen des andern hiengen von Frankreich<lb/> ab; mit der Pfalz gab es alte niemals ganz abgebrochene<lb/> Verhältniſſe; jetzt nahm auch Herzog Heinrich der Mittlere<lb/> von Lüneburg für den König Partei: „ſein Glück iſt mir lieb,“<lb/> ſagt er in einem Briefe, „ſein Unglück iſt mir leid, er liege<lb/> oben oder unten, ſo bin ich der ſeine.“ Der König be-<lb/> hauptet, von Deutſchland aus aufgefordert worden zu ſeyn,<lb/> ſich um die Krone zu bemühen. Seine Anhänger empfah-<lb/> len ihn beſonders deshalb, weil er ſo tapfer ſey, weil kein<lb/> andrer Fürſt ſich ſo gut eigne den Krieg gegen die Tür-<lb/> ken zu führen, den man doch einen oder den andern Tag<lb/> unternehmen müſſe.</p><lb/> <p>Es haben früher und ſpäter franzöſiſche Könige ähn-<lb/> liche Abſichten gehegt: Philipp von Valois, Ludwig <hi rendition="#aq">XIV;</hi><lb/> Keiner aber hat je ſo viel Aufforderung in der Lage der<lb/> Dinge, ſo viel Ausſicht gehabt, wie Franz <hi rendition="#aq">I.</hi></p><lb/> <p>Das Unternehmen wie es vor ihm lag, hatte zwei<lb/> Seiten. Die Churfürſten mußten gewonnen, jene anti-<lb/> öſtreichiſche Partei mußte aufrecht erhalten, verſtärkt wer-<lb/> den. König Franz war entſchloſſen, für beiderlei Zwecke<lb/> alles was in ſeinen Kräften ſtehe, zu thun, beſonders kein<lb/> Geld zu ſparen: er ließ ſich vernehmen, er werde drei Mil-<lb/> lionen Kronthaler daran wenden, um Kaiſer zu werden.<lb/> Reich mit Gold verſehen machte ſein Vertrauter, Admiral<lb/> Bonnivet ſich nach dem Rhein auf; in tiefem Geheimniß<lb/> wagte er ſich weiter in das innere Land.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [362/0380]
Zweites Buch. Zweites Capitel.
daß er Einfluß wenigſtens auf einen Theil der deutſchen
Oppoſition gewonnen hatte. Wir ſprachen von den Her-
zögen von Geldern und von Wirtenberg: die Exiſtenz des
einen, alle Hofnungen des andern hiengen von Frankreich
ab; mit der Pfalz gab es alte niemals ganz abgebrochene
Verhältniſſe; jetzt nahm auch Herzog Heinrich der Mittlere
von Lüneburg für den König Partei: „ſein Glück iſt mir lieb,“
ſagt er in einem Briefe, „ſein Unglück iſt mir leid, er liege
oben oder unten, ſo bin ich der ſeine.“ Der König be-
hauptet, von Deutſchland aus aufgefordert worden zu ſeyn,
ſich um die Krone zu bemühen. Seine Anhänger empfah-
len ihn beſonders deshalb, weil er ſo tapfer ſey, weil kein
andrer Fürſt ſich ſo gut eigne den Krieg gegen die Tür-
ken zu führen, den man doch einen oder den andern Tag
unternehmen müſſe.
Es haben früher und ſpäter franzöſiſche Könige ähn-
liche Abſichten gehegt: Philipp von Valois, Ludwig XIV;
Keiner aber hat je ſo viel Aufforderung in der Lage der
Dinge, ſo viel Ausſicht gehabt, wie Franz I.
Das Unternehmen wie es vor ihm lag, hatte zwei
Seiten. Die Churfürſten mußten gewonnen, jene anti-
öſtreichiſche Partei mußte aufrecht erhalten, verſtärkt wer-
den. König Franz war entſchloſſen, für beiderlei Zwecke
alles was in ſeinen Kräften ſtehe, zu thun, beſonders kein
Geld zu ſparen: er ließ ſich vernehmen, er werde drei Mil-
lionen Kronthaler daran wenden, um Kaiſer zu werden.
Reich mit Gold verſehen machte ſein Vertrauter, Admiral
Bonnivet ſich nach dem Rhein auf; in tiefem Geheimniß
wagte er ſich weiter in das innere Land.
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