Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.Zweites Buch. Drittes Capitel. fechten. Luther erinnerte, daß das Costnitzer Concilium nichtalle Artikel Hussens als ketzerisch bezeichne, und machte einige nahmhaft, die man auch im h. Augustin lese. Eck versetzte, sie seyen doch alle verworfen; der Sinn, in dem sie ver- standen worden, sey für ketzerisch zu halten; denn ein Con- cilium könne nicht irren. Luther antwortete: einen neuen Glaubensartikel könne kein Concilium machen; womit wolle man denn beweisen, daß ein Concilium überhaupt dem Irrthum nicht unterworfen sey? "Ehrwürdiger Vater," sagte hierauf Eck, "wenn Ihr glaubt, daß ein rechtmäßig versammeltes Concilium irren könne, so seyd Ihr mir wie ein Heide und Zöllner." Dahin führte diese Disputation. 1 Man hat sie noch 1 Disputatio excellentissimorum theologorum Johannis Ec-
cii et D. Martini Lutheri Augustiniani quae Lipsiae coepta fuit IV die Julii ao 1519. Opera Lutheri Jen. I, 231. Zweites Buch. Drittes Capitel. fechten. Luther erinnerte, daß das Coſtnitzer Concilium nichtalle Artikel Huſſens als ketzeriſch bezeichne, und machte einige nahmhaft, die man auch im h. Auguſtin leſe. Eck verſetzte, ſie ſeyen doch alle verworfen; der Sinn, in dem ſie ver- ſtanden worden, ſey für ketzeriſch zu halten; denn ein Con- cilium könne nicht irren. Luther antwortete: einen neuen Glaubensartikel könne kein Concilium machen; womit wolle man denn beweiſen, daß ein Concilium überhaupt dem Irrthum nicht unterworfen ſey? „Ehrwürdiger Vater,“ ſagte hierauf Eck, „wenn Ihr glaubt, daß ein rechtmäßig verſammeltes Concilium irren könne, ſo ſeyd Ihr mir wie ein Heide und Zöllner.“ Dahin führte dieſe Disputation. 1 Man hat ſie noch 1 Disputatio excellentissimorum theologorum Johannis Ec-
cii et D. Martini Lutheri Augustiniani quae Lipsiae coepta fuit IV die Julii aō 1519. Opera Lutheri Jen. I, 231. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0426" n="408"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweites Buch. Drittes Capitel</hi>.</fw><lb/> fechten. Luther erinnerte, daß das Coſtnitzer Concilium nicht<lb/> alle Artikel Huſſens als ketzeriſch bezeichne, und machte einige<lb/> nahmhaft, die man auch im h. Auguſtin leſe. Eck verſetzte,<lb/> ſie ſeyen doch alle verworfen; der Sinn, in dem ſie ver-<lb/> ſtanden worden, ſey für ketzeriſch zu halten; denn ein Con-<lb/> cilium könne nicht irren. Luther antwortete: einen neuen<lb/> Glaubensartikel könne kein Concilium machen; womit wolle<lb/> man denn beweiſen, daß ein Concilium überhaupt dem<lb/> Irrthum nicht unterworfen ſey? „Ehrwürdiger Vater,“<lb/> ſagte hierauf Eck, „wenn Ihr glaubt, daß ein rechtmäßig<lb/> verſammeltes Concilium irren könne, ſo ſeyd Ihr mir wie<lb/> ein Heide und Zöllner.“</p><lb/> <p>Dahin führte dieſe Disputation. <note place="foot" n="1"><hi rendition="#aq">Disputatio excellentissimorum theologorum Johannis Ec-<lb/> cii et D. Martini Lutheri Augustiniani quae Lipsiae coepta fuit<lb/> IV die Julii aō 1519. Opera Lutheri Jen. I,</hi> 231.</note> Man hat ſie noch<lb/> eine Weile fortgeſetzt, über Fegfeuer Ablaß Buße mehr oder<lb/> minder entgegengeſetzte Meinungen ausgeſprochen: Eck hat<lb/> den abgebrochenen Streit mit Carlſtadt noch einmal auf-<lb/> genommen: die Acten ſind nach feierlichem Schluß an die<lb/> beiden Univerſitäten verſandt worden; aber alles dieß konnte<lb/> nun zu weiter nichts führen. Das Ergebniß der Zuſam-<lb/> menkunft lag darin, daß Luther die Autoritäten der römi-<lb/> ſchen Kirche in Sachen des Glaubens nicht mehr aner-<lb/> kannte. Anfangs hatte er nur die Inſtruction für die Ab-<lb/> laßprediger, die Satzungen der ſpätern Scholaſtik bekämpft,<lb/> aber die Decrete der Päpſte ausdrücklich feſtgehalten; dann<lb/> hatte er dieſe zwar verworfen, aber den Ausſpruch ei-<lb/> nes Conciliums angerufen; jetzt ſagte er ſich auch von<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [408/0426]
Zweites Buch. Drittes Capitel.
fechten. Luther erinnerte, daß das Coſtnitzer Concilium nicht
alle Artikel Huſſens als ketzeriſch bezeichne, und machte einige
nahmhaft, die man auch im h. Auguſtin leſe. Eck verſetzte,
ſie ſeyen doch alle verworfen; der Sinn, in dem ſie ver-
ſtanden worden, ſey für ketzeriſch zu halten; denn ein Con-
cilium könne nicht irren. Luther antwortete: einen neuen
Glaubensartikel könne kein Concilium machen; womit wolle
man denn beweiſen, daß ein Concilium überhaupt dem
Irrthum nicht unterworfen ſey? „Ehrwürdiger Vater,“
ſagte hierauf Eck, „wenn Ihr glaubt, daß ein rechtmäßig
verſammeltes Concilium irren könne, ſo ſeyd Ihr mir wie
ein Heide und Zöllner.“
Dahin führte dieſe Disputation. 1 Man hat ſie noch
eine Weile fortgeſetzt, über Fegfeuer Ablaß Buße mehr oder
minder entgegengeſetzte Meinungen ausgeſprochen: Eck hat
den abgebrochenen Streit mit Carlſtadt noch einmal auf-
genommen: die Acten ſind nach feierlichem Schluß an die
beiden Univerſitäten verſandt worden; aber alles dieß konnte
nun zu weiter nichts führen. Das Ergebniß der Zuſam-
menkunft lag darin, daß Luther die Autoritäten der römi-
ſchen Kirche in Sachen des Glaubens nicht mehr aner-
kannte. Anfangs hatte er nur die Inſtruction für die Ab-
laßprediger, die Satzungen der ſpätern Scholaſtik bekämpft,
aber die Decrete der Päpſte ausdrücklich feſtgehalten; dann
hatte er dieſe zwar verworfen, aber den Ausſpruch ei-
nes Conciliums angerufen; jetzt ſagte er ſich auch von
1 Disputatio excellentissimorum theologorum Johannis Ec-
cii et D. Martini Lutheri Augustiniani quae Lipsiae coepta fuit
IV die Julii aō 1519. Opera Lutheri Jen. I, 231.
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