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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Zweites Buch. Drittes Capitel.
er, empört daß Luther von ihm als einem Mitrichter an den
Papst und sogar an ein Concilium zu appelliren gewagt habe,
demselben vor allem zu beweisen sucht, daß es keinen Richter
über den Papst geben könne, daß dieser der infallible Ent-
scheider aller Streitfragen, aller Zweifel sey, und worin er
dann weiter auseinandersetzt, die päpstliche Herrschaft sey die
einzige wahre Monarchie, die fünfte Monarchie die im Da-
niel vorkomme, der Papst sey der Fürst aller geistlichen der
Vater aller weltlichen Fürsten, das Haupt der ganzen Welt,
ja er sey, dem Wesen nach, die ganze Welt. 1 Früher
hatte er nur gesagt, die gesammte Kirche sey in dem Papst:
jetzt beweist er, er selber sey die ganze Welt. Denn auch
anderwärts trägt er kein Bedenken, alle fürstliche Gewalt
für eine Subdelegation der päpstlichen zu erklären: 2 der
Papst, sagt er, sey erhaben über den Kaiser, mehr als das
Gold über das Blei; ein Papst könne den Kaiser einsetzen
und absetzen: Churfürsten einsetzen und absetzen: positive
Rechte geben und vernichten: der Kaiser, ruft er aus, mit
allen Gesetzen, mit allen christlichen Völkern würde gegen
den Willen des Papstes nicht das Mindeste zu bestimmen

1 c. IV. Etsi ex jam dictis constat Romanum praesulem
esse caput orbis universi, quippe qui primus hierarcha et prin-
ceps sit omnium spiritualium ac pater omnium temporalium prin-
cipum, tamen quia adversarius negat eum esse ecclesiam catho-
licam virtualiter aut etiam esse ecclesiae caput, eapropter osten-
dendum est quod sit caput orbis et consequenter orbis totus
in virtute.
2 De Papa et ejus potestate: ibid. p. 369. Tertia pote-
stas
(die erste ist die des Papstes, die zweite die der Prälaten) est
in ministerium data, ut ea quae est imperatoris et etiam prin-
cipum terrenorum, quae respectu Papae est subdelegata sub-
ordinata.

Zweites Buch. Drittes Capitel.
er, empört daß Luther von ihm als einem Mitrichter an den
Papſt und ſogar an ein Concilium zu appelliren gewagt habe,
demſelben vor allem zu beweiſen ſucht, daß es keinen Richter
über den Papſt geben könne, daß dieſer der infallible Ent-
ſcheider aller Streitfragen, aller Zweifel ſey, und worin er
dann weiter auseinanderſetzt, die päpſtliche Herrſchaft ſey die
einzige wahre Monarchie, die fünfte Monarchie die im Da-
niel vorkomme, der Papſt ſey der Fürſt aller geiſtlichen der
Vater aller weltlichen Fürſten, das Haupt der ganzen Welt,
ja er ſey, dem Weſen nach, die ganze Welt. 1 Früher
hatte er nur geſagt, die geſammte Kirche ſey in dem Papſt:
jetzt beweiſt er, er ſelber ſey die ganze Welt. Denn auch
anderwärts trägt er kein Bedenken, alle fürſtliche Gewalt
für eine Subdelegation der päpſtlichen zu erklären: 2 der
Papſt, ſagt er, ſey erhaben über den Kaiſer, mehr als das
Gold über das Blei; ein Papſt könne den Kaiſer einſetzen
und abſetzen: Churfürſten einſetzen und abſetzen: poſitive
Rechte geben und vernichten: der Kaiſer, ruft er aus, mit
allen Geſetzen, mit allen chriſtlichen Völkern würde gegen
den Willen des Papſtes nicht das Mindeſte zu beſtimmen

1 c. IV. Etsi ex jam dictis constat Romanum praesulem
esse caput orbis universi, quippe qui primus hierarcha et prin-
ceps sit omnium spiritualium ac pater omnium temporalium prin-
cipum, tamen quia adversarius negat eum esse ecclesiam catho-
licam virtualiter aut etiam esse ecclesiae caput, eapropter osten-
dendum est quod sit caput orbis et consequenter orbis totus
in virtute.
2 De Papa et ejus potestate: ibid. p. 369. Tertia pote-
stas
(die erſte iſt die des Papſtes, die zweite die der Praͤlaten) est
in ministerium data, ut ea quae est imperatoris et etiam prin-
cipum terrenorum, quae respectu Papae est subdelegata sub-
ordinata.
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[424/0442] Zweites Buch. Drittes Capitel. er, empört daß Luther von ihm als einem Mitrichter an den Papſt und ſogar an ein Concilium zu appelliren gewagt habe, demſelben vor allem zu beweiſen ſucht, daß es keinen Richter über den Papſt geben könne, daß dieſer der infallible Ent- ſcheider aller Streitfragen, aller Zweifel ſey, und worin er dann weiter auseinanderſetzt, die päpſtliche Herrſchaft ſey die einzige wahre Monarchie, die fünfte Monarchie die im Da- niel vorkomme, der Papſt ſey der Fürſt aller geiſtlichen der Vater aller weltlichen Fürſten, das Haupt der ganzen Welt, ja er ſey, dem Weſen nach, die ganze Welt. 1 Früher hatte er nur geſagt, die geſammte Kirche ſey in dem Papſt: jetzt beweiſt er, er ſelber ſey die ganze Welt. Denn auch anderwärts trägt er kein Bedenken, alle fürſtliche Gewalt für eine Subdelegation der päpſtlichen zu erklären: 2 der Papſt, ſagt er, ſey erhaben über den Kaiſer, mehr als das Gold über das Blei; ein Papſt könne den Kaiſer einſetzen und abſetzen: Churfürſten einſetzen und abſetzen: poſitive Rechte geben und vernichten: der Kaiſer, ruft er aus, mit allen Geſetzen, mit allen chriſtlichen Völkern würde gegen den Willen des Papſtes nicht das Mindeſte zu beſtimmen 1 c. IV. Etsi ex jam dictis constat Romanum praesulem esse caput orbis universi, quippe qui primus hierarcha et prin- ceps sit omnium spiritualium ac pater omnium temporalium prin- cipum, tamen quia adversarius negat eum esse ecclesiam catho- licam virtualiter aut etiam esse ecclesiae caput, eapropter osten- dendum est quod sit caput orbis et consequenter orbis totus in virtute. 2 De Papa et ejus potestate: ibid. p. 369. Tertia pote- stas (die erſte iſt die des Papſtes, die zweite die der Praͤlaten) est in ministerium data, ut ea quae est imperatoris et etiam prin- cipum terrenorum, quae respectu Papae est subdelegata sub- ordinata.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/442>, abgerufen am 22.11.2024.