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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Bulle gegen Luther.
nigen. Auch ein paar angesehene Rathsglieder von Nürn-
berg, Spengler und Pirkheimer hatte er sich nicht gescheut
zu nennen; die Verwendung ihrer Stadt, des Bischofs
von Bamberg, selbst der Herzöge von Baiern half ihnen
nichts: sie mußten vor Eck sich beugen, der sie das ganze
Gewicht eines Beauftragten des römischen Stuhles fühlen
ließ. 1 In Ingolstadt wurden die Bücher Luthers im
October 1520 aus den Buchläden weggenommen und ver-
siegelt. 2 So gemäßigt der Churfürst von Mainz auch
war, so mußte er doch Ulrich von Hutten, der auch in den
Niederlanden nur eine schlechte Aufnahme gefunden, von
seinem Hofe ausschließen, und den Drucker seiner Schrif-
ten ins Gefängniß werfen. Zuerst in Mainz wurden die
Schriften Luthers verbrannt. Aleander ward ganz über-
müthig durch diese Erfolge. Er ließ sich vernehmen wie
Mazzolini, der römische Papst könne Kaiser und Könige
absetzen: er könne zu dem Kaiser sagen: du bist ein Ger-
ber; er werde wohl auch mit ein paar elenden Gramma-
tikern fertig werden: und auch diesen Herzog Friedrich werde
man zu finden wissen. 3

Allein so weit dieser Sturm auch tobte, über den ei-
nen Ort auf den es ankam, über Wittenberg gieng er ohne
Schaden hinweg. Eck hatte wirklich den Auftrag, wenn
Luther sich nicht unterwerfe, die Drohungen der Bulle mit

1 Riederers Werkchen Beitrag zu den Reformationsurkunden
ist diesen Vorfällen ganz eigentlich gewidmet. Die Befugniß Ecks
ergiebt sich aus einem von ihm wörtlich angeführten Paragraphen
seiner Instruction p. 79.
2 Schreiben Baumgärtners an den Rath zu Nürnberg 17 Oct.
3 Erasmi Responsio ad Albertum Pium bei Hardt Hist. lit.
ref. I, 169.
Denn kein Andrer als Aleander ist der diplomatophoros.

Bulle gegen Luther.
nigen. Auch ein paar angeſehene Rathsglieder von Nürn-
berg, Spengler und Pirkheimer hatte er ſich nicht geſcheut
zu nennen; die Verwendung ihrer Stadt, des Biſchofs
von Bamberg, ſelbſt der Herzöge von Baiern half ihnen
nichts: ſie mußten vor Eck ſich beugen, der ſie das ganze
Gewicht eines Beauftragten des römiſchen Stuhles fühlen
ließ. 1 In Ingolſtadt wurden die Bücher Luthers im
October 1520 aus den Buchläden weggenommen und ver-
ſiegelt. 2 So gemäßigt der Churfürſt von Mainz auch
war, ſo mußte er doch Ulrich von Hutten, der auch in den
Niederlanden nur eine ſchlechte Aufnahme gefunden, von
ſeinem Hofe ausſchließen, und den Drucker ſeiner Schrif-
ten ins Gefängniß werfen. Zuerſt in Mainz wurden die
Schriften Luthers verbrannt. Aleander ward ganz über-
müthig durch dieſe Erfolge. Er ließ ſich vernehmen wie
Mazzolini, der römiſche Papſt könne Kaiſer und Könige
abſetzen: er könne zu dem Kaiſer ſagen: du biſt ein Ger-
ber; er werde wohl auch mit ein paar elenden Gramma-
tikern fertig werden: und auch dieſen Herzog Friedrich werde
man zu finden wiſſen. 3

Allein ſo weit dieſer Sturm auch tobte, über den ei-
nen Ort auf den es ankam, über Wittenberg gieng er ohne
Schaden hinweg. Eck hatte wirklich den Auftrag, wenn
Luther ſich nicht unterwerfe, die Drohungen der Bulle mit

1 Riederers Werkchen Beitrag zu den Reformationsurkunden
iſt dieſen Vorfaͤllen ganz eigentlich gewidmet. Die Befugniß Ecks
ergiebt ſich aus einem von ihm woͤrtlich angefuͤhrten Paragraphen
ſeiner Inſtruction p. 79.
2 Schreiben Baumgaͤrtners an den Rath zu Nuͤrnberg 17 Oct.
3 Erasmi Responsio ad Albertum Pium bei Hardt Hist. lit.
ref. I, 169.
Denn kein Andrer als Aleander iſt der διπλωματοφόϱος.
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[431/0449] Bulle gegen Luther. nigen. Auch ein paar angeſehene Rathsglieder von Nürn- berg, Spengler und Pirkheimer hatte er ſich nicht geſcheut zu nennen; die Verwendung ihrer Stadt, des Biſchofs von Bamberg, ſelbſt der Herzöge von Baiern half ihnen nichts: ſie mußten vor Eck ſich beugen, der ſie das ganze Gewicht eines Beauftragten des römiſchen Stuhles fühlen ließ. 1 In Ingolſtadt wurden die Bücher Luthers im October 1520 aus den Buchläden weggenommen und ver- ſiegelt. 2 So gemäßigt der Churfürſt von Mainz auch war, ſo mußte er doch Ulrich von Hutten, der auch in den Niederlanden nur eine ſchlechte Aufnahme gefunden, von ſeinem Hofe ausſchließen, und den Drucker ſeiner Schrif- ten ins Gefängniß werfen. Zuerſt in Mainz wurden die Schriften Luthers verbrannt. Aleander ward ganz über- müthig durch dieſe Erfolge. Er ließ ſich vernehmen wie Mazzolini, der römiſche Papſt könne Kaiſer und Könige abſetzen: er könne zu dem Kaiſer ſagen: du biſt ein Ger- ber; er werde wohl auch mit ein paar elenden Gramma- tikern fertig werden: und auch dieſen Herzog Friedrich werde man zu finden wiſſen. 3 Allein ſo weit dieſer Sturm auch tobte, über den ei- nen Ort auf den es ankam, über Wittenberg gieng er ohne Schaden hinweg. Eck hatte wirklich den Auftrag, wenn Luther ſich nicht unterwerfe, die Drohungen der Bulle mit 1 Riederers Werkchen Beitrag zu den Reformationsurkunden iſt dieſen Vorfaͤllen ganz eigentlich gewidmet. Die Befugniß Ecks ergiebt ſich aus einem von ihm woͤrtlich angefuͤhrten Paragraphen ſeiner Inſtruction p. 79. 2 Schreiben Baumgaͤrtners an den Rath zu Nuͤrnberg 17 Oct. 3 Erasmi Responsio ad Albertum Pium bei Hardt Hist. lit. ref. I, 169. Denn kein Andrer als Aleander iſt der διπλωματοφόϱος.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/449>, abgerufen am 22.11.2024.