Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweites Buch. Viertes Capitel.
schweig schickte ihm in dem Gedränge der Versammlung
einen Trunk Eimbecker Biers in silberner Kanne. Beim
Herausgehn will man eine Stimme gehört haben welche
die Mutter eines solchen Mannes selig pries. Auch der
vorsichtige und bedachtsame Friedrich war mit seinem Pro-
fessor zufrieden, "o," sagte er zu Spalatin Abends in sei-
ner Schlafkammer, "o wie gut hat Doctor Martinus vor
Kaiser und Reich gesprochen." Es hatte ihn besonders
gefreut, daß Luther seine deutsche Erklärung so geschickt
lateinisch zu wiederholen verstanden. Seitdem suchten ihn
die Fürsten wetteifernd in seiner Wohnung auf. "Habt
ihr Recht, Herr Doctor," sagte Landgraf Philipp von Hes-
sen, nach einigen Scherzworten, über die ihn dieser lä-
chelnd zurechtgewiesen, "so helf Euch Gott." Man hatte
Luther wohl früher gesagt: ehe ihn die Gegner verbren-
nen sollten, müßten sie alle mitverbrennen. Die entschiedne
Erklärung des Kaisers so außerhalb aller Form des Rei-
ches, brachte diese theilnehmende Gesinnung in Bewegung.
In den kaiserlichen Gemächern fand man einen Zettel mit
den Worten: weh dem Lande, dessen König ein Kind
ist. Ein Anschlag an dem Rathhaus kündigte den Herrn
Romanisten und vor allem dem Erzbischof von Mainz
die Feindschaft angeblich von 400 verbundenen Rittern
an, weil man Ehre und göttlich Recht unterdrücke. Sie
seyen dagegen verschworen den gerechten Luther nicht zu
verlassen. "Schlecht schreib ich," schließt dieser An-
schlag, "doch einen großen Schaden mein' ich: mit 8000
Mann Kriegsvolk: Bundschuh Bundschuh Bundschuh!"
-- Eine Vereinigung der Ritterschaft und der Bauern
schien man den Gegnern Luthers zu dessen Schutze anzu-

Zweites Buch. Viertes Capitel.
ſchweig ſchickte ihm in dem Gedränge der Verſammlung
einen Trunk Eimbecker Biers in ſilberner Kanne. Beim
Herausgehn will man eine Stimme gehört haben welche
die Mutter eines ſolchen Mannes ſelig pries. Auch der
vorſichtige und bedachtſame Friedrich war mit ſeinem Pro-
feſſor zufrieden, „o,“ ſagte er zu Spalatin Abends in ſei-
ner Schlafkammer, „o wie gut hat Doctor Martinus vor
Kaiſer und Reich geſprochen.“ Es hatte ihn beſonders
gefreut, daß Luther ſeine deutſche Erklärung ſo geſchickt
lateiniſch zu wiederholen verſtanden. Seitdem ſuchten ihn
die Fürſten wetteifernd in ſeiner Wohnung auf. „Habt
ihr Recht, Herr Doctor,“ ſagte Landgraf Philipp von Heſ-
ſen, nach einigen Scherzworten, über die ihn dieſer lä-
chelnd zurechtgewieſen, „ſo helf Euch Gott.“ Man hatte
Luther wohl früher geſagt: ehe ihn die Gegner verbren-
nen ſollten, müßten ſie alle mitverbrennen. Die entſchiedne
Erklärung des Kaiſers ſo außerhalb aller Form des Rei-
ches, brachte dieſe theilnehmende Geſinnung in Bewegung.
In den kaiſerlichen Gemächern fand man einen Zettel mit
den Worten: weh dem Lande, deſſen König ein Kind
iſt. Ein Anſchlag an dem Rathhaus kündigte den Herrn
Romaniſten und vor allem dem Erzbiſchof von Mainz
die Feindſchaft angeblich von 400 verbundenen Rittern
an, weil man Ehre und göttlich Recht unterdrücke. Sie
ſeyen dagegen verſchworen den gerechten Luther nicht zu
verlaſſen. „Schlecht ſchreib ich,“ ſchließt dieſer An-
ſchlag, „doch einen großen Schaden mein’ ich: mit 8000
Mann Kriegsvolk: Bundſchuh Bundſchuh Bundſchuh!“
— Eine Vereinigung der Ritterſchaft und der Bauern
ſchien man den Gegnern Luthers zu deſſen Schutze anzu-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0504" n="486"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweites Buch. Viertes Capitel</hi>.</fw><lb/>
&#x017F;chweig &#x017F;chickte ihm in dem Gedränge der Ver&#x017F;ammlung<lb/>
einen Trunk Eimbecker Biers in &#x017F;ilberner Kanne. Beim<lb/>
Herausgehn will man eine Stimme gehört haben welche<lb/>
die Mutter eines &#x017F;olchen Mannes &#x017F;elig pries. Auch der<lb/>
vor&#x017F;ichtige und bedacht&#x017F;ame Friedrich war mit &#x017F;einem Pro-<lb/>
fe&#x017F;&#x017F;or zufrieden, &#x201E;o,&#x201C; &#x017F;agte er zu Spalatin Abends in &#x017F;ei-<lb/>
ner Schlafkammer, &#x201E;o wie gut hat Doctor Martinus vor<lb/>
Kai&#x017F;er und Reich ge&#x017F;prochen.&#x201C; Es hatte ihn be&#x017F;onders<lb/>
gefreut, daß Luther &#x017F;eine deut&#x017F;che Erklärung &#x017F;o ge&#x017F;chickt<lb/>
lateini&#x017F;ch zu wiederholen ver&#x017F;tanden. Seitdem &#x017F;uchten ihn<lb/>
die Für&#x017F;ten wetteifernd in &#x017F;einer Wohnung auf. &#x201E;Habt<lb/>
ihr Recht, Herr Doctor,&#x201C; &#x017F;agte Landgraf Philipp von He&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, nach einigen Scherzworten, über die ihn die&#x017F;er lä-<lb/>
chelnd zurechtgewie&#x017F;en, &#x201E;&#x017F;o helf Euch Gott.&#x201C; Man hatte<lb/>
Luther wohl früher ge&#x017F;agt: ehe ihn die Gegner verbren-<lb/>
nen &#x017F;ollten, müßten &#x017F;ie alle mitverbrennen. Die ent&#x017F;chiedne<lb/>
Erklärung des Kai&#x017F;ers &#x017F;o außerhalb aller Form des Rei-<lb/>
ches, brachte die&#x017F;e theilnehmende Ge&#x017F;innung in Bewegung.<lb/>
In den kai&#x017F;erlichen Gemächern fand man einen Zettel mit<lb/>
den Worten: weh dem Lande, de&#x017F;&#x017F;en König ein Kind<lb/>
i&#x017F;t. Ein An&#x017F;chlag an dem Rathhaus kündigte den Herrn<lb/>
Romani&#x017F;ten und vor allem dem Erzbi&#x017F;chof von Mainz<lb/>
die Feind&#x017F;chaft angeblich von 400 verbundenen Rittern<lb/>
an, weil man Ehre und göttlich Recht unterdrücke. Sie<lb/>
&#x017F;eyen dagegen ver&#x017F;chworen den gerechten Luther nicht zu<lb/>
verla&#x017F;&#x017F;en. &#x201E;Schlecht &#x017F;chreib ich,&#x201C; &#x017F;chließt die&#x017F;er An-<lb/>
&#x017F;chlag, &#x201E;doch einen großen Schaden mein&#x2019; ich: mit 8000<lb/>
Mann Kriegsvolk: Bund&#x017F;chuh Bund&#x017F;chuh Bund&#x017F;chuh!&#x201C;<lb/>
&#x2014; Eine Vereinigung der Ritter&#x017F;chaft und der Bauern<lb/>
&#x017F;chien man den Gegnern Luthers zu de&#x017F;&#x017F;en Schutze anzu-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[486/0504] Zweites Buch. Viertes Capitel. ſchweig ſchickte ihm in dem Gedränge der Verſammlung einen Trunk Eimbecker Biers in ſilberner Kanne. Beim Herausgehn will man eine Stimme gehört haben welche die Mutter eines ſolchen Mannes ſelig pries. Auch der vorſichtige und bedachtſame Friedrich war mit ſeinem Pro- feſſor zufrieden, „o,“ ſagte er zu Spalatin Abends in ſei- ner Schlafkammer, „o wie gut hat Doctor Martinus vor Kaiſer und Reich geſprochen.“ Es hatte ihn beſonders gefreut, daß Luther ſeine deutſche Erklärung ſo geſchickt lateiniſch zu wiederholen verſtanden. Seitdem ſuchten ihn die Fürſten wetteifernd in ſeiner Wohnung auf. „Habt ihr Recht, Herr Doctor,“ ſagte Landgraf Philipp von Heſ- ſen, nach einigen Scherzworten, über die ihn dieſer lä- chelnd zurechtgewieſen, „ſo helf Euch Gott.“ Man hatte Luther wohl früher geſagt: ehe ihn die Gegner verbren- nen ſollten, müßten ſie alle mitverbrennen. Die entſchiedne Erklärung des Kaiſers ſo außerhalb aller Form des Rei- ches, brachte dieſe theilnehmende Geſinnung in Bewegung. In den kaiſerlichen Gemächern fand man einen Zettel mit den Worten: weh dem Lande, deſſen König ein Kind iſt. Ein Anſchlag an dem Rathhaus kündigte den Herrn Romaniſten und vor allem dem Erzbiſchof von Mainz die Feindſchaft angeblich von 400 verbundenen Rittern an, weil man Ehre und göttlich Recht unterdrücke. Sie ſeyen dagegen verſchworen den gerechten Luther nicht zu verlaſſen. „Schlecht ſchreib ich,“ ſchließt dieſer An- ſchlag, „doch einen großen Schaden mein’ ich: mit 8000 Mann Kriegsvolk: Bundſchuh Bundſchuh Bundſchuh!“ — Eine Vereinigung der Ritterſchaft und der Bauern ſchien man den Gegnern Luthers zu deſſen Schutze anzu-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/504
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/504>, abgerufen am 23.11.2024.