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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Zweites Buch. Viertes Capitel.
lag, sehr präcis gestellt worden wäre; allein alle seine Er-
klärungen waren so unumwunden, so durchdrungen von
dem religiösen Element, daß sich keine Rücksicht von ihm
erwarten ließ: er hatte sich von den Formen der römi-
schen Kirche auf ewig losgesagt: mit Einem Concilium ver-
warf er die ganze Idee, auf der sie beruhte; an eine Ver-
mittelung war da nicht zu denken.

Aber indem er abreiste, ohne sich zu der mindesten
Beschränkung seiner Meinungen verstanden zu haben, kam
nun der ältere Beschluß der Stände, der zu seiner Berufung
Anlaß gegeben, auch für seine Verdammung in Kraft.

Eine Revision desselben, eine neue Berathung zu ver-
anlassen, konnte wenigstens der Kaiser nicht gemeint seyn:
er war so eben mit dem römischen Stuhle in das genaueste
Verhältniß getreten.

Von der wenig verhehlten feindseligen Stimmung, in
welcher Don Juan Manuel den römischen Hof im Früh-
jahr 1520 fand, hatte er ihn binnen eines Jahres zu der
engsten Verbindung gebracht. Am 8ten Mai 1521 ward
ein Bund zwischen Carl und Leo geschlossen, in welchem
sie einander versprachen "dieselben Freunde und ohne Aus-
nahme dieselben Feinde zu haben: dasselbe Wollen und
Nichtwollen zum Angriff und zur Vertheidigung." Zu-
nächst gegen Frankreich machten sie in diesem Bündniß
gemeinschaftliche Sache; der Papst hatte sich endlich ent-
schlossen, hierin völlig auf die Seite des Kaisers zu treten
und alle seine Kräfte zur Verjagung der Franzosen aus Mai-
land und Genua anzustrengen: jedoch bezog es sich auch un-
mittelbar auf die geistlichen Angelegenheiten in Deutschland.


In

Zweites Buch. Viertes Capitel.
lag, ſehr präcis geſtellt worden wäre; allein alle ſeine Er-
klärungen waren ſo unumwunden, ſo durchdrungen von
dem religiöſen Element, daß ſich keine Rückſicht von ihm
erwarten ließ: er hatte ſich von den Formen der römi-
ſchen Kirche auf ewig losgeſagt: mit Einem Concilium ver-
warf er die ganze Idee, auf der ſie beruhte; an eine Ver-
mittelung war da nicht zu denken.

Aber indem er abreiſte, ohne ſich zu der mindeſten
Beſchränkung ſeiner Meinungen verſtanden zu haben, kam
nun der ältere Beſchluß der Stände, der zu ſeiner Berufung
Anlaß gegeben, auch für ſeine Verdammung in Kraft.

Eine Reviſion deſſelben, eine neue Berathung zu ver-
anlaſſen, konnte wenigſtens der Kaiſer nicht gemeint ſeyn:
er war ſo eben mit dem römiſchen Stuhle in das genaueſte
Verhältniß getreten.

Von der wenig verhehlten feindſeligen Stimmung, in
welcher Don Juan Manuel den römiſchen Hof im Früh-
jahr 1520 fand, hatte er ihn binnen eines Jahres zu der
engſten Verbindung gebracht. Am 8ten Mai 1521 ward
ein Bund zwiſchen Carl und Leo geſchloſſen, in welchem
ſie einander verſprachen „dieſelben Freunde und ohne Aus-
nahme dieſelben Feinde zu haben: daſſelbe Wollen und
Nichtwollen zum Angriff und zur Vertheidigung.“ Zu-
nächſt gegen Frankreich machten ſie in dieſem Bündniß
gemeinſchaftliche Sache; der Papſt hatte ſich endlich ent-
ſchloſſen, hierin völlig auf die Seite des Kaiſers zu treten
und alle ſeine Kräfte zur Verjagung der Franzoſen aus Mai-
land und Genua anzuſtrengen: jedoch bezog es ſich auch un-
mittelbar auf die geiſtlichen Angelegenheiten in Deutſchland.


In
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[488/0506] Zweites Buch. Viertes Capitel. lag, ſehr präcis geſtellt worden wäre; allein alle ſeine Er- klärungen waren ſo unumwunden, ſo durchdrungen von dem religiöſen Element, daß ſich keine Rückſicht von ihm erwarten ließ: er hatte ſich von den Formen der römi- ſchen Kirche auf ewig losgeſagt: mit Einem Concilium ver- warf er die ganze Idee, auf der ſie beruhte; an eine Ver- mittelung war da nicht zu denken. Aber indem er abreiſte, ohne ſich zu der mindeſten Beſchränkung ſeiner Meinungen verſtanden zu haben, kam nun der ältere Beſchluß der Stände, der zu ſeiner Berufung Anlaß gegeben, auch für ſeine Verdammung in Kraft. Eine Reviſion deſſelben, eine neue Berathung zu ver- anlaſſen, konnte wenigſtens der Kaiſer nicht gemeint ſeyn: er war ſo eben mit dem römiſchen Stuhle in das genaueſte Verhältniß getreten. Von der wenig verhehlten feindſeligen Stimmung, in welcher Don Juan Manuel den römiſchen Hof im Früh- jahr 1520 fand, hatte er ihn binnen eines Jahres zu der engſten Verbindung gebracht. Am 8ten Mai 1521 ward ein Bund zwiſchen Carl und Leo geſchloſſen, in welchem ſie einander verſprachen „dieſelben Freunde und ohne Aus- nahme dieſelben Feinde zu haben: daſſelbe Wollen und Nichtwollen zum Angriff und zur Vertheidigung.“ Zu- nächſt gegen Frankreich machten ſie in dieſem Bündniß gemeinſchaftliche Sache; der Papſt hatte ſich endlich ent- ſchloſſen, hierin völlig auf die Seite des Kaiſers zu treten und alle ſeine Kräfte zur Verjagung der Franzoſen aus Mai- land und Genua anzuſtrengen: jedoch bezog es ſich auch un- mittelbar auf die geiſtlichen Angelegenheiten in Deutſchland. In

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/506>, abgerufen am 23.11.2024.