zuwider; aber ihm die Spitze zu bieten hatten sie auch den Muth nicht. Die Entschlossenheit Innocenz III trug einen neuen Sieg davon. In dem Streite der beiden Nebenbuh- ler, eines Hohenstaufen und eines Welfen unterstützte er an- fangs den Welfen, weil er aus einer kirchlich gesinnten Fa- milie sey: als dieser aber dennoch, so wie er zur Macht gelangt war, und in Italien erschien, sich den gewohnten Antipathien des Kaiserthums gegen das Papstthum hingab, trug er kein Bedenken, ihm doch wieder einen Hohenstau- fen entgegenzusetzen. Mit welfischen Kräften hatte er den Hohenstaufen bekämpft; jetzt bot er die hohenstaufischen wider den Welfen auf; es war ein Kampf, in den die Be- wegungen auch des übrigen Europa eingriffen; die Ereignisse entwickelten sich hier und dort so vortheilhaft daß sein Can- didat auch dieß Mal den Platz behielt.
Seitdem hatte nun die päpstliche Gewalt einen leiten- den Einfluß auf alle deutsche Wahlen.
Als eben der von dem Papst beförderte Hohenstaufe, Friedrich II, nach einigen Jahrzehnten den Versuch machte die Selbständigkeit des Reiches wenigstens in einigen Ver- hältnissen wiederherzustellen, trug das Papstthum kein Be- denken, ihn auch wieder zu entsetzen. Es trat jetzt mit seinem Anspruch, daß ihm die Zügel so gut der weltlichen wie der geistlichen Gewalt anvertraut seyen, unverholen hervor.
"Wir befehlen Euch", schrieb Innocenz IV 1246 an die deutschen Fürsten, "da unser geliebter Sohn, der Land- graf von Thüringen bereit ist das Reich zu übernehmen, daß ihr denselben ohne allen Verzug einmüthig wählt." 1
1Ex Actis Innocentii. Monum. IV, 361.
Einleitung.
zuwider; aber ihm die Spitze zu bieten hatten ſie auch den Muth nicht. Die Entſchloſſenheit Innocenz III trug einen neuen Sieg davon. In dem Streite der beiden Nebenbuh- ler, eines Hohenſtaufen und eines Welfen unterſtützte er an- fangs den Welfen, weil er aus einer kirchlich geſinnten Fa- milie ſey: als dieſer aber dennoch, ſo wie er zur Macht gelangt war, und in Italien erſchien, ſich den gewohnten Antipathien des Kaiſerthums gegen das Papſtthum hingab, trug er kein Bedenken, ihm doch wieder einen Hohenſtau- fen entgegenzuſetzen. Mit welfiſchen Kräften hatte er den Hohenſtaufen bekämpft; jetzt bot er die hohenſtaufiſchen wider den Welfen auf; es war ein Kampf, in den die Be- wegungen auch des übrigen Europa eingriffen; die Ereigniſſe entwickelten ſich hier und dort ſo vortheilhaft daß ſein Can- didat auch dieß Mal den Platz behielt.
Seitdem hatte nun die päpſtliche Gewalt einen leiten- den Einfluß auf alle deutſche Wahlen.
Als eben der von dem Papſt beförderte Hohenſtaufe, Friedrich II, nach einigen Jahrzehnten den Verſuch machte die Selbſtändigkeit des Reiches wenigſtens in einigen Ver- hältniſſen wiederherzuſtellen, trug das Papſtthum kein Be- denken, ihn auch wieder zu entſetzen. Es trat jetzt mit ſeinem Anſpruch, daß ihm die Zügel ſo gut der weltlichen wie der geiſtlichen Gewalt anvertraut ſeyen, unverholen hervor.
„Wir befehlen Euch“, ſchrieb Innocenz IV 1246 an die deutſchen Fürſten, „da unſer geliebter Sohn, der Land- graf von Thüringen bereit iſt das Reich zu übernehmen, daß ihr denſelben ohne allen Verzug einmüthig wählt.“ 1
1Ex Actis Innocentii. Monum. IV, 361.
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Einleitung.
zuwider; aber ihm die Spitze zu bieten hatten ſie auch den
Muth nicht. Die Entſchloſſenheit Innocenz III trug einen
neuen Sieg davon. In dem Streite der beiden Nebenbuh-
ler, eines Hohenſtaufen und eines Welfen unterſtützte er an-
fangs den Welfen, weil er aus einer kirchlich geſinnten Fa-
milie ſey: als dieſer aber dennoch, ſo wie er zur Macht
gelangt war, und in Italien erſchien, ſich den gewohnten
Antipathien des Kaiſerthums gegen das Papſtthum hingab,
trug er kein Bedenken, ihm doch wieder einen Hohenſtau-
fen entgegenzuſetzen. Mit welfiſchen Kräften hatte er den
Hohenſtaufen bekämpft; jetzt bot er die hohenſtaufiſchen
wider den Welfen auf; es war ein Kampf, in den die Be-
wegungen auch des übrigen Europa eingriffen; die Ereigniſſe
entwickelten ſich hier und dort ſo vortheilhaft daß ſein Can-
didat auch dieß Mal den Platz behielt.
Seitdem hatte nun die päpſtliche Gewalt einen leiten-
den Einfluß auf alle deutſche Wahlen.
Als eben der von dem Papſt beförderte Hohenſtaufe,
Friedrich II, nach einigen Jahrzehnten den Verſuch machte
die Selbſtändigkeit des Reiches wenigſtens in einigen Ver-
hältniſſen wiederherzuſtellen, trug das Papſtthum kein Be-
denken, ihn auch wieder zu entſetzen. Es trat jetzt mit
ſeinem Anſpruch, daß ihm die Zügel ſo gut der weltlichen
wie der geiſtlichen Gewalt anvertraut ſeyen, unverholen
hervor.
„Wir befehlen Euch“, ſchrieb Innocenz IV 1246 an
die deutſchen Fürſten, „da unſer geliebter Sohn, der Land-
graf von Thüringen bereit iſt das Reich zu übernehmen,
daß ihr denſelben ohne allen Verzug einmüthig wählt.“ 1
1 Ex Actis Innocentii. Monum. IV, 361.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/58>, abgerufen am 16.02.2025.
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