Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.Einleitung. genannt zu werden das Recht hatte, König der Römer. 1Man betrachtete auch in dem funfzehnten Jahrhundert den Kaiser vor allen Dingen als den Nachfolger der altrömi- schen Cäsaren, deren Würde und Recht erst an die Grie- chen, dann in Carl und Otto den Großen auf die Deut- schen übergegangen, als das eigentliche weltliche Oberhaupt der Christenheit. Kaiser Siegmund befahl, seine Leiche ei- nige Tage zu zeigen, damit Jedermann sehen möge, daß "all der Welt Herr todt und gestorben sey." 2 "Wir ha- ben, schreiben die Churfürsten 1440 an Friedrich III, Ew. Kön. Gnade zu einem Haupt, Schützer und Vogt der ganzen Christenheit erwählt:" sie sprechen die Hofnung aus, daß das der römischen Kirche, der ganzen Christenheit, dem hei- ligen Reiche und gemeinen Christenleuten nützlich seyn solle. 3 Selbst ein fremder König Wladislaw von Polen, preist den Erwählten glücklich, daß er einst das Diadem der Monarchie der Welt empfangen werde. 4 Man war in Deutschland unbedenklich der Meinung, daß auch die übri- gen christlichen Könige, namentlich von England, Spanien und von Frankreich dem Kaiserthume von Rechtswegen un- terworfen seyen, und war nur darüber in Streit, ob ihr Ungehorsam entschuldigt werden könne, oder als sündlich 1 Henrici VII Bannitio Florentiae bei Pertz IV, 520. sup- primentes, heißt es da, ipsius veri nominis (Regis Romanorum) dignitatem in ipsius opprobrium et despectum. 2 Eberhard Windeck bei Mencken Scriptt. I, 1278. 3 Schreiben der Churfürsten 2ten Febr. 1440 bei Chmel Ma- terialien zur östreichischen Gesch. Heft II, p. 70. 4 Literae Vladislai ap. Kollar Anal. II, p. 830.
Einleitung. genannt zu werden das Recht hatte, König der Römer. 1Man betrachtete auch in dem funfzehnten Jahrhundert den Kaiſer vor allen Dingen als den Nachfolger der altrömi- ſchen Cäſaren, deren Würde und Recht erſt an die Grie- chen, dann in Carl und Otto den Großen auf die Deut- ſchen übergegangen, als das eigentliche weltliche Oberhaupt der Chriſtenheit. Kaiſer Siegmund befahl, ſeine Leiche ei- nige Tage zu zeigen, damit Jedermann ſehen möge, daß „all der Welt Herr todt und geſtorben ſey.“ 2 „Wir ha- ben, ſchreiben die Churfürſten 1440 an Friedrich III, Ew. Kön. Gnade zu einem Haupt, Schützer und Vogt der ganzen Chriſtenheit erwählt:“ ſie ſprechen die Hofnung aus, daß das der römiſchen Kirche, der ganzen Chriſtenheit, dem hei- ligen Reiche und gemeinen Chriſtenleuten nützlich ſeyn ſolle. 3 Selbſt ein fremder König Wladislaw von Polen, preiſt den Erwählten glücklich, daß er einſt das Diadem der Monarchie der Welt empfangen werde. 4 Man war in Deutſchland unbedenklich der Meinung, daß auch die übri- gen chriſtlichen Könige, namentlich von England, Spanien und von Frankreich dem Kaiſerthume von Rechtswegen un- terworfen ſeyen, und war nur darüber in Streit, ob ihr Ungehorſam entſchuldigt werden könne, oder als ſündlich 1 Henrici VII Bannitio Florentiae bei Pertz IV, 520. sup- primentes, heißt es da, ipsius veri nominis (Regis Romanorum) dignitatem in ipsius opprobrium et despectum. 2 Eberhard Windeck bei Mencken Scriptt. I, 1278. 3 Schreiben der Churfuͤrſten 2ten Febr. 1440 bei Chmel Ma- terialien zur oͤſtreichiſchen Geſch. Heft II, p. 70. 4 Literae Vladislai ap. Kollar Anal. II, p. 830.
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Einleitung.
genannt zu werden das Recht hatte, König der Römer. 1
Man betrachtete auch in dem funfzehnten Jahrhundert den
Kaiſer vor allen Dingen als den Nachfolger der altrömi-
ſchen Cäſaren, deren Würde und Recht erſt an die Grie-
chen, dann in Carl und Otto den Großen auf die Deut-
ſchen übergegangen, als das eigentliche weltliche Oberhaupt
der Chriſtenheit. Kaiſer Siegmund befahl, ſeine Leiche ei-
nige Tage zu zeigen, damit Jedermann ſehen möge, daß
„all der Welt Herr todt und geſtorben ſey.“ 2 „Wir ha-
ben, ſchreiben die Churfürſten 1440 an Friedrich III, Ew.
Kön. Gnade zu einem Haupt, Schützer und Vogt der ganzen
Chriſtenheit erwählt:“ ſie ſprechen die Hofnung aus, daß
das der römiſchen Kirche, der ganzen Chriſtenheit, dem hei-
ligen Reiche und gemeinen Chriſtenleuten nützlich ſeyn ſolle. 3
Selbſt ein fremder König Wladislaw von Polen, preiſt
den Erwählten glücklich, daß er einſt das Diadem der
Monarchie der Welt empfangen werde. 4 Man war in
Deutſchland unbedenklich der Meinung, daß auch die übri-
gen chriſtlichen Könige, namentlich von England, Spanien
und von Frankreich dem Kaiſerthume von Rechtswegen un-
terworfen ſeyen, und war nur darüber in Streit, ob ihr
Ungehorſam entſchuldigt werden könne, oder als ſündlich
1 Henrici VII Bannitio Florentiae bei Pertz IV, 520. sup-
primentes, heißt es da, ipsius veri nominis (Regis Romanorum)
dignitatem in ipsius opprobrium et despectum.
2 Eberhard Windeck bei Mencken Scriptt. I, 1278.
3 Schreiben der Churfuͤrſten 2ten Febr. 1440 bei Chmel Ma-
terialien zur oͤſtreichiſchen Geſch. Heft II, p. 70.
4 Literae Vladislai ap. Kollar Anal. II, p. 830.
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