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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Drittes Buch. Viertes Capitel.

Auch das Kammergericht ward einer Reinigung un-
terworfen. Man fragte nicht, ob die Beisitzer fleißig oder
nachläßig, geschickt oder ungeschickt seyen, sondern nur, ob
sie dem Adel gegen die Fürsten beigestanden, ob einer den
Fiscal in Verfolgung der Monopolisten unterstützt habe.
Auch ihre religiöse Haltung ward in Betracht gezogen.
Dr. Kreutner, Assessor für den fränkischen Kreis, ward sei-
nes Amtes entlassen, weil er an einem Fasttage Fleisch ge-
gessen, ohne Rücksicht darauf, daß er noch einen Rückstand
von mehr als 1000 G. zu fordern hatte.

Da kommen wir auf die Hauptfrage, in wie fern
diese große Veränderung auf die Behandlung der religiösen
Angelegenheiten zurückwirkte. Die Sache des Regiments
und der religiösen Neuerung war, wie wir auch hier bei
jedem Schritte sehen, verbündet: wiewohl nicht ununter-
scheidbar; es fragte sich nun ob die Stände die das Re-
giment fallen lassen, auch der religiösen Neuerung Ungunst
beweisen würden.

Nach dem unerwartet frühen Tode Adrians VI war
die strengere Gesinnung, die sich in ihm zu erheben be-
gann, wieder beseitigt worden. In Clemens VII hatte
ein Papst den Thron bestiegen, der wie seine frühern Vor-
gänger vor allem entschlossen war, die päpstlichen Vor-
rechte aufrecht zu erhalten, die weltlichen Kräfte des Kir-
chenstaats für persönliche oder allgemeine politische Zwecke
zu benutzen, ohne daß er sich um die Nothwendigkeit einer
Reform ernstlich gekümmert hätte: einen Mann seiner eig-

schon am 17 April: daß Hannart ihn sampt ihm selbst verführt, wie
wenn ein Blinder den andern führt.
Drittes Buch. Viertes Capitel.

Auch das Kammergericht ward einer Reinigung un-
terworfen. Man fragte nicht, ob die Beiſitzer fleißig oder
nachläßig, geſchickt oder ungeſchickt ſeyen, ſondern nur, ob
ſie dem Adel gegen die Fürſten beigeſtanden, ob einer den
Fiscal in Verfolgung der Monopoliſten unterſtützt habe.
Auch ihre religiöſe Haltung ward in Betracht gezogen.
Dr. Kreutner, Aſſeſſor für den fränkiſchen Kreis, ward ſei-
nes Amtes entlaſſen, weil er an einem Faſttage Fleiſch ge-
geſſen, ohne Rückſicht darauf, daß er noch einen Rückſtand
von mehr als 1000 G. zu fordern hatte.

Da kommen wir auf die Hauptfrage, in wie fern
dieſe große Veränderung auf die Behandlung der religiöſen
Angelegenheiten zurückwirkte. Die Sache des Regiments
und der religiöſen Neuerung war, wie wir auch hier bei
jedem Schritte ſehen, verbündet: wiewohl nicht ununter-
ſcheidbar; es fragte ſich nun ob die Stände die das Re-
giment fallen laſſen, auch der religiöſen Neuerung Ungunſt
beweiſen würden.

Nach dem unerwartet frühen Tode Adrians VI war
die ſtrengere Geſinnung, die ſich in ihm zu erheben be-
gann, wieder beſeitigt worden. In Clemens VII hatte
ein Papſt den Thron beſtiegen, der wie ſeine frühern Vor-
gänger vor allem entſchloſſen war, die päpſtlichen Vor-
rechte aufrecht zu erhalten, die weltlichen Kräfte des Kir-
chenſtaats für perſönliche oder allgemeine politiſche Zwecke
zu benutzen, ohne daß er ſich um die Nothwendigkeit einer
Reform ernſtlich gekümmert hätte: einen Mann ſeiner eig-

ſchon am 17 April: daß Hannart ihn ſampt ihm ſelbſt verfuͤhrt, wie
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[138/0148] Drittes Buch. Viertes Capitel. Auch das Kammergericht ward einer Reinigung un- terworfen. Man fragte nicht, ob die Beiſitzer fleißig oder nachläßig, geſchickt oder ungeſchickt ſeyen, ſondern nur, ob ſie dem Adel gegen die Fürſten beigeſtanden, ob einer den Fiscal in Verfolgung der Monopoliſten unterſtützt habe. Auch ihre religiöſe Haltung ward in Betracht gezogen. Dr. Kreutner, Aſſeſſor für den fränkiſchen Kreis, ward ſei- nes Amtes entlaſſen, weil er an einem Faſttage Fleiſch ge- geſſen, ohne Rückſicht darauf, daß er noch einen Rückſtand von mehr als 1000 G. zu fordern hatte. Da kommen wir auf die Hauptfrage, in wie fern dieſe große Veränderung auf die Behandlung der religiöſen Angelegenheiten zurückwirkte. Die Sache des Regiments und der religiöſen Neuerung war, wie wir auch hier bei jedem Schritte ſehen, verbündet: wiewohl nicht ununter- ſcheidbar; es fragte ſich nun ob die Stände die das Re- giment fallen laſſen, auch der religiöſen Neuerung Ungunſt beweiſen würden. Nach dem unerwartet frühen Tode Adrians VI war die ſtrengere Geſinnung, die ſich in ihm zu erheben be- gann, wieder beſeitigt worden. In Clemens VII hatte ein Papſt den Thron beſtiegen, der wie ſeine frühern Vor- gänger vor allem entſchloſſen war, die päpſtlichen Vor- rechte aufrecht zu erhalten, die weltlichen Kräfte des Kir- chenſtaats für perſönliche oder allgemeine politiſche Zwecke zu benutzen, ohne daß er ſich um die Nothwendigkeit einer Reform ernſtlich gekümmert hätte: einen Mann ſeiner eig- 2 2 ſchon am 17 April: daß Hannart ihn ſampt ihm ſelbſt verfuͤhrt, wie wenn ein Blinder den andern fuͤhrt.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/148>, abgerufen am 23.11.2024.