Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Buch. Fünftes Capitel.
erließ eine Bulle, in welcher einer geistlichen Commission
die Befugniß ertheilt ward, auch ohne Mitwirkung der
Bischöfe schuldig befundene Geistliche zu degradiren und der
weltlichen Strafgewalt zu überliefern. Adrian fügte nur
die Beschränkung hinzu, daß die Bischöfe noch einmal in
einem bestimmten Termin ihre Pflicht zu erfüllen erinnert
werden sollten: später ist auch diese weggefallen.

Man sieht wohl, nicht die Autonomie des großen
geistlichen Institutes ist es, was die Herzoge in ihren Schutz
nehmen: neben demselben gründen sie eine Autorität die
unter ihrem Einfluß steht, und in die eigensten Kreise der
geistlichen Pflichten und Rechte eingreift.

Doctor Eck ist nicht allein als ein Gegner Luthers
auf dem theologischen Gebiete zu betrachten. Auf Staat
und Kirche von Baiern hatte er einen außerordentlichen
Einfluß. Ihm hauptsächlich ist die Verbindung zwischen
der herzoglichen Gewalt, der Universität Ingolstadt und
der päpstlichen Autorität zuzuschreiben, durch welche dort
der nationalen Bewegung Einhalt geschah.

Und nicht bloß um die geistliche Autorität war es
zu thun, sondern auch die geistlichen Güter wurden sogleich
in Anspruch genommen.

Papst Adrian bewilligte den Herzogen den fünften
Theil sämmtlicher geistlichen Einkünfte in ihrem Gebiete:
"denn die Herzöge," sagt er, "haben sich erboten gegen
die Feinde des rechten Glaubens die Waffen zu ergreifen." 1

1 Bulle vom 1sten Juni. Von den Herzogen heißt es da:
"ad arma contra perfidos orthodoxae fidei hostes sumenda sese
obtulerunt." (ib.
279.) Damit sind jedoch auch die Türken gemeint.

Drittes Buch. Fuͤnftes Capitel.
erließ eine Bulle, in welcher einer geiſtlichen Commiſſion
die Befugniß ertheilt ward, auch ohne Mitwirkung der
Biſchöfe ſchuldig befundene Geiſtliche zu degradiren und der
weltlichen Strafgewalt zu überliefern. Adrian fügte nur
die Beſchränkung hinzu, daß die Biſchöfe noch einmal in
einem beſtimmten Termin ihre Pflicht zu erfüllen erinnert
werden ſollten: ſpäter iſt auch dieſe weggefallen.

Man ſieht wohl, nicht die Autonomie des großen
geiſtlichen Inſtitutes iſt es, was die Herzoge in ihren Schutz
nehmen: neben demſelben gründen ſie eine Autorität die
unter ihrem Einfluß ſteht, und in die eigenſten Kreiſe der
geiſtlichen Pflichten und Rechte eingreift.

Doctor Eck iſt nicht allein als ein Gegner Luthers
auf dem theologiſchen Gebiete zu betrachten. Auf Staat
und Kirche von Baiern hatte er einen außerordentlichen
Einfluß. Ihm hauptſächlich iſt die Verbindung zwiſchen
der herzoglichen Gewalt, der Univerſität Ingolſtadt und
der päpſtlichen Autorität zuzuſchreiben, durch welche dort
der nationalen Bewegung Einhalt geſchah.

Und nicht bloß um die geiſtliche Autorität war es
zu thun, ſondern auch die geiſtlichen Güter wurden ſogleich
in Anſpruch genommen.

Papſt Adrian bewilligte den Herzogen den fünften
Theil ſämmtlicher geiſtlichen Einkünfte in ihrem Gebiete:
„denn die Herzöge,“ ſagt er, „haben ſich erboten gegen
die Feinde des rechten Glaubens die Waffen zu ergreifen.“ 1

1 Bulle vom 1ſten Juni. Von den Herzogen heißt es da:
„ad arma contra perfidos orthodoxae fidei hostes sumenda sese
obtulerunt.“ (ib.
279.) Damit ſind jedoch auch die Tuͤrken gemeint.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0164" n="154"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Drittes Buch. Fu&#x0364;nftes Capitel</hi>.</fw><lb/>
erließ eine Bulle, in welcher einer gei&#x017F;tlichen Commi&#x017F;&#x017F;ion<lb/>
die Befugniß ertheilt ward, auch ohne Mitwirkung der<lb/>
Bi&#x017F;chöfe &#x017F;chuldig befundene Gei&#x017F;tliche zu degradiren und der<lb/>
weltlichen Strafgewalt zu überliefern. Adrian fügte nur<lb/>
die Be&#x017F;chränkung hinzu, daß die Bi&#x017F;chöfe noch einmal in<lb/>
einem be&#x017F;timmten Termin ihre Pflicht zu erfüllen erinnert<lb/>
werden &#x017F;ollten: &#x017F;päter i&#x017F;t auch die&#x017F;e weggefallen.</p><lb/>
          <p>Man &#x017F;ieht wohl, nicht die Autonomie des großen<lb/>
gei&#x017F;tlichen In&#x017F;titutes i&#x017F;t es, was die Herzoge in ihren Schutz<lb/>
nehmen: neben dem&#x017F;elben gründen &#x017F;ie eine Autorität die<lb/>
unter ihrem Einfluß &#x017F;teht, und in die eigen&#x017F;ten Krei&#x017F;e der<lb/>
gei&#x017F;tlichen Pflichten und Rechte eingreift.</p><lb/>
          <p>Doctor Eck i&#x017F;t nicht allein als ein Gegner Luthers<lb/>
auf dem theologi&#x017F;chen Gebiete zu betrachten. Auf Staat<lb/>
und Kirche von Baiern hatte er einen außerordentlichen<lb/>
Einfluß. Ihm haupt&#x017F;ächlich i&#x017F;t die Verbindung zwi&#x017F;chen<lb/>
der herzoglichen Gewalt, der Univer&#x017F;ität Ingol&#x017F;tadt und<lb/>
der päp&#x017F;tlichen Autorität zuzu&#x017F;chreiben, durch welche dort<lb/>
der nationalen Bewegung Einhalt ge&#x017F;chah.</p><lb/>
          <p>Und nicht bloß um die gei&#x017F;tliche Autorität war es<lb/>
zu thun, &#x017F;ondern auch die gei&#x017F;tlichen Güter wurden &#x017F;ogleich<lb/>
in An&#x017F;pruch genommen.</p><lb/>
          <p>Pap&#x017F;t Adrian bewilligte den Herzogen den fünften<lb/>
Theil &#x017F;ämmtlicher gei&#x017F;tlichen Einkünfte in ihrem Gebiete:<lb/>
&#x201E;denn die Herzöge,&#x201C; &#x017F;agt er, &#x201E;haben &#x017F;ich erboten gegen<lb/>
die Feinde des rechten Glaubens die Waffen zu ergreifen.&#x201C; <note place="foot" n="1">Bulle vom 1&#x017F;ten Juni. Von den Herzogen heißt es da:<lb/><hi rendition="#aq">&#x201E;ad arma contra perfidos orthodoxae fidei hostes sumenda sese<lb/>
obtulerunt.&#x201C; (ib.</hi> 279.) Damit &#x017F;ind jedoch auch die Tu&#x0364;rken gemeint.</note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[154/0164] Drittes Buch. Fuͤnftes Capitel. erließ eine Bulle, in welcher einer geiſtlichen Commiſſion die Befugniß ertheilt ward, auch ohne Mitwirkung der Biſchöfe ſchuldig befundene Geiſtliche zu degradiren und der weltlichen Strafgewalt zu überliefern. Adrian fügte nur die Beſchränkung hinzu, daß die Biſchöfe noch einmal in einem beſtimmten Termin ihre Pflicht zu erfüllen erinnert werden ſollten: ſpäter iſt auch dieſe weggefallen. Man ſieht wohl, nicht die Autonomie des großen geiſtlichen Inſtitutes iſt es, was die Herzoge in ihren Schutz nehmen: neben demſelben gründen ſie eine Autorität die unter ihrem Einfluß ſteht, und in die eigenſten Kreiſe der geiſtlichen Pflichten und Rechte eingreift. Doctor Eck iſt nicht allein als ein Gegner Luthers auf dem theologiſchen Gebiete zu betrachten. Auf Staat und Kirche von Baiern hatte er einen außerordentlichen Einfluß. Ihm hauptſächlich iſt die Verbindung zwiſchen der herzoglichen Gewalt, der Univerſität Ingolſtadt und der päpſtlichen Autorität zuzuſchreiben, durch welche dort der nationalen Bewegung Einhalt geſchah. Und nicht bloß um die geiſtliche Autorität war es zu thun, ſondern auch die geiſtlichen Güter wurden ſogleich in Anſpruch genommen. Papſt Adrian bewilligte den Herzogen den fünften Theil ſämmtlicher geiſtlichen Einkünfte in ihrem Gebiete: „denn die Herzöge,“ ſagt er, „haben ſich erboten gegen die Feinde des rechten Glaubens die Waffen zu ergreifen.“ 1 1 Bulle vom 1ſten Juni. Von den Herzogen heißt es da: „ad arma contra perfidos orthodoxae fidei hostes sumenda sese obtulerunt.“ (ib. 279.) Damit ſind jedoch auch die Tuͤrken gemeint.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/164
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/164>, abgerufen am 11.05.2024.