Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Buch. Siebentes Capitel.
von so viel anweisen, als zu einem anständigen Leben ge-
höre, den Domherrn für den Augenblick nichts entziehen,
aber diese wie jene nach und nach aussterben lassen. Von
den Klöstern könne man wohl nur einige Nonnenconvente
behalten, für junge adliche Fräulein, jedoch mit dem Rechte
wieder auszutreten.

Mit dem nun, was man hiedurch gewinne, müsse
man vor allem die neuen geistlichen Bedürfnisse decken,
Pfarrer und Prediger versorgen, in jedem Kreise einen from-
men gelehrten Mann mit bestimmter Besoldung zum Bi-
schof bestellen, der aber keine weltliche Verwaltung führen,
sondern nur der Vorsteher der übrigen Kirchendiener seyn
dürfe, endlich auch eine hohe Schule in jedem Kreis ein-
richten, um in den Sprachen zu unterweisen und die h.
Schrift nach ihrem rechten Sinn auszulegen.

Allein man dachte auf diese Weise auch Kräfte zu
bekommen um der ganzen weltlichen Verfassung eine andre
Gestalt zu geben.

Der Vorschlag in diesem Entwurfe ist, in jedem Kreise
ein besondres Regiment zu errichten: mit 12 Räthen, je
drei von den vier Ständen, Fürsten -- Grafen und Herrn
-- Adel -- und Reichsstädten: unter einem Hauptmann,
der von den Kreisständen zu wählen, aber von dem Kai-
ser zu bestätigen sey: ungefähr mit denselben Rechten wie
die Hauptleute und Räthe des schwäbischen Bundes. Diese
sollen jene Einrichtung ausführen, eine höhere Gerichtsbe-
hörde bilden und vor allem den gemeinen Frieden hand-
haben: hiezu aber immer eine stehende Truppe zu Pferd
und zu Fuß im Felde halten. Statt der Stifte möge der

Drittes Buch. Siebentes Capitel.
von ſo viel anweiſen, als zu einem anſtändigen Leben ge-
höre, den Domherrn für den Augenblick nichts entziehen,
aber dieſe wie jene nach und nach ausſterben laſſen. Von
den Klöſtern könne man wohl nur einige Nonnenconvente
behalten, für junge adliche Fräulein, jedoch mit dem Rechte
wieder auszutreten.

Mit dem nun, was man hiedurch gewinne, müſſe
man vor allem die neuen geiſtlichen Bedürfniſſe decken,
Pfarrer und Prediger verſorgen, in jedem Kreiſe einen from-
men gelehrten Mann mit beſtimmter Beſoldung zum Bi-
ſchof beſtellen, der aber keine weltliche Verwaltung führen,
ſondern nur der Vorſteher der übrigen Kirchendiener ſeyn
dürfe, endlich auch eine hohe Schule in jedem Kreis ein-
richten, um in den Sprachen zu unterweiſen und die h.
Schrift nach ihrem rechten Sinn auszulegen.

Allein man dachte auf dieſe Weiſe auch Kräfte zu
bekommen um der ganzen weltlichen Verfaſſung eine andre
Geſtalt zu geben.

Der Vorſchlag in dieſem Entwurfe iſt, in jedem Kreiſe
ein beſondres Regiment zu errichten: mit 12 Räthen, je
drei von den vier Ständen, Fürſten — Grafen und Herrn
— Adel — und Reichsſtädten: unter einem Hauptmann,
der von den Kreisſtänden zu wählen, aber von dem Kai-
ſer zu beſtätigen ſey: ungefähr mit denſelben Rechten wie
die Hauptleute und Räthe des ſchwäbiſchen Bundes. Dieſe
ſollen jene Einrichtung ausführen, eine höhere Gerichtsbe-
hörde bilden und vor allem den gemeinen Frieden hand-
haben: hiezu aber immer eine ſtehende Truppe zu Pferd
und zu Fuß im Felde halten. Statt der Stifte möge der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0248" n="238"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Drittes Buch. Siebentes Capitel</hi>.</fw><lb/>
von &#x017F;o viel anwei&#x017F;en, als zu einem an&#x017F;tändigen Leben ge-<lb/>
höre, den Domherrn für den Augenblick nichts entziehen,<lb/>
aber die&#x017F;e wie jene nach und nach aus&#x017F;terben la&#x017F;&#x017F;en. Von<lb/>
den Klö&#x017F;tern könne man wohl nur einige Nonnenconvente<lb/>
behalten, für junge adliche Fräulein, jedoch mit dem Rechte<lb/>
wieder auszutreten.</p><lb/>
          <p>Mit dem nun, was man hiedurch gewinne, mü&#x017F;&#x017F;e<lb/>
man vor allem die neuen gei&#x017F;tlichen Bedürfni&#x017F;&#x017F;e decken,<lb/>
Pfarrer und Prediger ver&#x017F;orgen, in jedem Krei&#x017F;e einen from-<lb/>
men gelehrten Mann mit be&#x017F;timmter Be&#x017F;oldung zum Bi-<lb/>
&#x017F;chof be&#x017F;tellen, der aber keine weltliche Verwaltung führen,<lb/>
&#x017F;ondern nur der Vor&#x017F;teher der übrigen Kirchendiener &#x017F;eyn<lb/>
dürfe, endlich auch eine hohe Schule in jedem Kreis ein-<lb/>
richten, um in den Sprachen zu unterwei&#x017F;en und die h.<lb/>
Schrift nach ihrem rechten Sinn auszulegen.</p><lb/>
          <p>Allein man dachte auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e auch Kräfte zu<lb/>
bekommen um der ganzen weltlichen Verfa&#x017F;&#x017F;ung eine andre<lb/>
Ge&#x017F;talt zu geben.</p><lb/>
          <p>Der Vor&#x017F;chlag in die&#x017F;em Entwurfe i&#x017F;t, in jedem Krei&#x017F;e<lb/>
ein be&#x017F;ondres Regiment zu errichten: mit 12 Räthen, je<lb/>
drei von den vier Ständen, Für&#x017F;ten &#x2014; Grafen und Herrn<lb/>
&#x2014; Adel &#x2014; und Reichs&#x017F;tädten: unter einem Hauptmann,<lb/>
der von den Kreis&#x017F;tänden zu wählen, aber von dem Kai-<lb/>
&#x017F;er zu be&#x017F;tätigen &#x017F;ey: ungefähr mit den&#x017F;elben Rechten wie<lb/>
die Hauptleute und Räthe des &#x017F;chwäbi&#x017F;chen Bundes. Die&#x017F;e<lb/>
&#x017F;ollen jene Einrichtung ausführen, eine höhere Gerichtsbe-<lb/>
hörde bilden und vor allem den gemeinen Frieden hand-<lb/>
haben: hiezu aber immer eine &#x017F;tehende Truppe zu Pferd<lb/>
und zu Fuß im Felde halten. Statt der Stifte möge der<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[238/0248] Drittes Buch. Siebentes Capitel. von ſo viel anweiſen, als zu einem anſtändigen Leben ge- höre, den Domherrn für den Augenblick nichts entziehen, aber dieſe wie jene nach und nach ausſterben laſſen. Von den Klöſtern könne man wohl nur einige Nonnenconvente behalten, für junge adliche Fräulein, jedoch mit dem Rechte wieder auszutreten. Mit dem nun, was man hiedurch gewinne, müſſe man vor allem die neuen geiſtlichen Bedürfniſſe decken, Pfarrer und Prediger verſorgen, in jedem Kreiſe einen from- men gelehrten Mann mit beſtimmter Beſoldung zum Bi- ſchof beſtellen, der aber keine weltliche Verwaltung führen, ſondern nur der Vorſteher der übrigen Kirchendiener ſeyn dürfe, endlich auch eine hohe Schule in jedem Kreis ein- richten, um in den Sprachen zu unterweiſen und die h. Schrift nach ihrem rechten Sinn auszulegen. Allein man dachte auf dieſe Weiſe auch Kräfte zu bekommen um der ganzen weltlichen Verfaſſung eine andre Geſtalt zu geben. Der Vorſchlag in dieſem Entwurfe iſt, in jedem Kreiſe ein beſondres Regiment zu errichten: mit 12 Räthen, je drei von den vier Ständen, Fürſten — Grafen und Herrn — Adel — und Reichsſtädten: unter einem Hauptmann, der von den Kreisſtänden zu wählen, aber von dem Kai- ſer zu beſtätigen ſey: ungefähr mit denſelben Rechten wie die Hauptleute und Räthe des ſchwäbiſchen Bundes. Dieſe ſollen jene Einrichtung ausführen, eine höhere Gerichtsbe- hörde bilden und vor allem den gemeinen Frieden hand- haben: hiezu aber immer eine ſtehende Truppe zu Pferd und zu Fuß im Felde halten. Statt der Stifte möge der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/248
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/248>, abgerufen am 04.12.2024.