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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Viertes Buch. Zweites Capitel.
Tages in Torgau vernehmen, die lutherische Sache werde
nicht lange Bestand haben: man möge wohl zusehn was
man thue.

Nothwendig aber veranlaßte das nun auch die ent-
gegengesetzte Partei, alle ihre Kräfte zusammenzunehmen,
wie sie denn dazu schon einige Fürsorge getroffen. Jener
Bund der am Ende des vorigen Jahres besprochen wor-
den, war nunmehr wirklich zu Stande gekommen.

Man nennt ihn gewöhnlich den Torgauer Bund; in
Torgau hat man ihn aber nur von sächsischer Seite rati-
ficirt: geschlossen ward er gegen Ende Februar 1526 zu
Gotha.

Hier kamen nach der in Augsburg genommenen Ab-
rede der beiderseitigen Gesandten der Churfürst von Sach-
sen und der Landgraf von Hessen persönlich zusammen, und
vereinigten sich, einander mit allen ihren Kräften beizustehn,
im Falle sie wegen des göttlichen Wortes oder der Ab-
schaffung der Mißbräuche angegriffen würden. Dem er-
sten Entwurf zufolge sollte die Einung nur so lange dauern,
"bis auf nächstem Reichstag eine christliche Gleichmäßig-
keit angenommen werde:" diese Bestimmung mochte aber
denn doch zu beschränkend scheinen und man ließ sie weg.
Dagegen setzte man hinzu, man werde einander die nö-
thige Hülfe leisten, "auf eigne Kosten und Schaden." Da
die regierenden Fürsten persönlich verhandelten, so ist kein
Protocoll über ihre Conferenzen aufgenommen worden; aber

Räthe könnten wenn sie wollten Churfürsten von Sachsen seyn, d. i.
das Churfürstenthum verwesen. Es scheint fast, als suche er nur
auszuweichen.

Viertes Buch. Zweites Capitel.
Tages in Torgau vernehmen, die lutheriſche Sache werde
nicht lange Beſtand haben: man möge wohl zuſehn was
man thue.

Nothwendig aber veranlaßte das nun auch die ent-
gegengeſetzte Partei, alle ihre Kräfte zuſammenzunehmen,
wie ſie denn dazu ſchon einige Fürſorge getroffen. Jener
Bund der am Ende des vorigen Jahres beſprochen wor-
den, war nunmehr wirklich zu Stande gekommen.

Man nennt ihn gewöhnlich den Torgauer Bund; in
Torgau hat man ihn aber nur von ſächſiſcher Seite rati-
ficirt: geſchloſſen ward er gegen Ende Februar 1526 zu
Gotha.

Hier kamen nach der in Augsburg genommenen Ab-
rede der beiderſeitigen Geſandten der Churfürſt von Sach-
ſen und der Landgraf von Heſſen perſönlich zuſammen, und
vereinigten ſich, einander mit allen ihren Kräften beizuſtehn,
im Falle ſie wegen des göttlichen Wortes oder der Ab-
ſchaffung der Mißbräuche angegriffen würden. Dem er-
ſten Entwurf zufolge ſollte die Einung nur ſo lange dauern,
„bis auf nächſtem Reichstag eine chriſtliche Gleichmäßig-
keit angenommen werde:“ dieſe Beſtimmung mochte aber
denn doch zu beſchränkend ſcheinen und man ließ ſie weg.
Dagegen ſetzte man hinzu, man werde einander die nö-
thige Hülfe leiſten, „auf eigne Koſten und Schaden.“ Da
die regierenden Fürſten perſönlich verhandelten, ſo iſt kein
Protocoll über ihre Conferenzen aufgenommen worden; aber

Raͤthe koͤnnten wenn ſie wollten Churfuͤrſten von Sachſen ſeyn, d. i.
das Churfuͤrſtenthum verweſen. Es ſcheint faſt, als ſuche er nur
auszuweichen.
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[350/0360] Viertes Buch. Zweites Capitel. Tages in Torgau vernehmen, die lutheriſche Sache werde nicht lange Beſtand haben: man möge wohl zuſehn was man thue. Nothwendig aber veranlaßte das nun auch die ent- gegengeſetzte Partei, alle ihre Kräfte zuſammenzunehmen, wie ſie denn dazu ſchon einige Fürſorge getroffen. Jener Bund der am Ende des vorigen Jahres beſprochen wor- den, war nunmehr wirklich zu Stande gekommen. Man nennt ihn gewöhnlich den Torgauer Bund; in Torgau hat man ihn aber nur von ſächſiſcher Seite rati- ficirt: geſchloſſen ward er gegen Ende Februar 1526 zu Gotha. Hier kamen nach der in Augsburg genommenen Ab- rede der beiderſeitigen Geſandten der Churfürſt von Sach- ſen und der Landgraf von Heſſen perſönlich zuſammen, und vereinigten ſich, einander mit allen ihren Kräften beizuſtehn, im Falle ſie wegen des göttlichen Wortes oder der Ab- ſchaffung der Mißbräuche angegriffen würden. Dem er- ſten Entwurf zufolge ſollte die Einung nur ſo lange dauern, „bis auf nächſtem Reichstag eine chriſtliche Gleichmäßig- keit angenommen werde:“ dieſe Beſtimmung mochte aber denn doch zu beſchränkend ſcheinen und man ließ ſie weg. Dagegen ſetzte man hinzu, man werde einander die nö- thige Hülfe leiſten, „auf eigne Koſten und Schaden.“ Da die regierenden Fürſten perſönlich verhandelten, ſo iſt kein Protocoll über ihre Conferenzen aufgenommen worden; aber 3 3 Raͤthe koͤnnten wenn ſie wollten Churfuͤrſten von Sachſen ſeyn, d. i. das Churfuͤrſtenthum verweſen. Es ſcheint faſt, als ſuche er nur auszuweichen.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/360>, abgerufen am 20.05.2024.