Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.Viertes Buch Drittes Capitel. weder gar nicht oder doch nur unzureichend von den Geld-zahlungen die Rede war, die dem Heere geleistet werden sollten, dagegen dessen Rückzug in die Lombardei verabre- det wurde. 1 Es war nicht sehr wahrscheinlich, daß dieser Vertrag von dem Kaiser ratificirt, oder von den Heerfüh- rern angenommen, ja selbst nicht, daß er von dem päpst- lichen Befehlshaber ausgeführt werden würde, indem das Heer der Liga sich in diesem Fall ganz von den päpstlichen Truppen zu trennen drohte. 2 Aber das bloße Gerücht da- von, der Anblick eines Gesandten, der von Rom kam und da- hin zurückeilte, brachte das Heer in Bewegung. 3 Zuerst murr- ten die Spanier. Sie drohten, sie würden sich zu einem an- dern Herrn schlagen, der ihre Ansprüche besser befriedige: al- lein wen hätten sie finden sollen, da ihnen der Kaiser 8 Mo- nate den Sold schuldig war! es blieb ihnen nichts übrig, als sich an die Person ihres Heerführers zu halten. Ein Glück daß Bourbon noch entfliehen konnte: sein Zelt ward geplündert, sein bestes Kleid fand man den andern Tag in einem Gra- ben. Und auf der Stelle theilten sie ihre Aufregung auch den Deutschen mit; sie riefen nur immer: Lanz Lanz, Geld Geld: das 1 Vertrag bei Bucholtz III, 605. Die Inhaltsangabe bei Guicciardini (XVIII, 5) stimmt damit nicht ganz zusammen: na- mentlich findet sich in dem Text nichts von den 60000 Duc. die nach Guicciardini gezahlt werden sollten. Ich möchte doch glauben, daß es noch einige geheime Artikel gab, wie in der Ligue von Cognac. Vettori spricht von 65000 Duc. 2 Diese Zweifelhaftigkeiten brachten die päpstl. Agenten in Ver- zweiflung. "Si e sempre consigliato lo accordo, ma s'intendeva un accordo che fusse fermo e non dubio e intrigato, come que- sto che si e fatto in Roma e non osservato in Lombardia." 3 Sepulveda: VI, 1.
Viertes Buch Drittes Capitel. weder gar nicht oder doch nur unzureichend von den Geld-zahlungen die Rede war, die dem Heere geleiſtet werden ſollten, dagegen deſſen Rückzug in die Lombardei verabre- det wurde. 1 Es war nicht ſehr wahrſcheinlich, daß dieſer Vertrag von dem Kaiſer ratificirt, oder von den Heerfüh- rern angenommen, ja ſelbſt nicht, daß er von dem päpſt- lichen Befehlshaber ausgeführt werden würde, indem das Heer der Liga ſich in dieſem Fall ganz von den päpſtlichen Truppen zu trennen drohte. 2 Aber das bloße Gerücht da- von, der Anblick eines Geſandten, der von Rom kam und da- hin zurückeilte, brachte das Heer in Bewegung. 3 Zuerſt murr- ten die Spanier. Sie drohten, ſie würden ſich zu einem an- dern Herrn ſchlagen, der ihre Anſprüche beſſer befriedige: al- lein wen hätten ſie finden ſollen, da ihnen der Kaiſer 8 Mo- nate den Sold ſchuldig war! es blieb ihnen nichts übrig, als ſich an die Perſon ihres Heerführers zu halten. Ein Glück daß Bourbon noch entfliehen konnte: ſein Zelt ward geplündert, ſein beſtes Kleid fand man den andern Tag in einem Gra- ben. Und auf der Stelle theilten ſie ihre Aufregung auch den Deutſchen mit; ſie riefen nur immer: Lanz Lanz, Geld Geld: das 1 Vertrag bei Bucholtz III, 605. Die Inhaltsangabe bei Guicciardini (XVIII, 5) ſtimmt damit nicht ganz zuſammen: na- mentlich findet ſich in dem Text nichts von den 60000 Duc. die nach Guicciardini gezahlt werden ſollten. Ich moͤchte doch glauben, daß es noch einige geheime Artikel gab, wie in der Ligue von Cognac. Vettori ſpricht von 65000 Duc. 2 Dieſe Zweifelhaftigkeiten brachten die paͤpſtl. Agenten in Ver- zweiflung. „Si è sempre consigliato lo accordo, ma s’intendeva un accordo che fusse fermo e non dubio e intrigato, come que- sto che si è fatto in Roma e non osservato in Lombardia.“ 3 Sepulveda: VI, 1.
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Viertes Buch Drittes Capitel.
weder gar nicht oder doch nur unzureichend von den Geld-
zahlungen die Rede war, die dem Heere geleiſtet werden
ſollten, dagegen deſſen Rückzug in die Lombardei verabre-
det wurde. 1 Es war nicht ſehr wahrſcheinlich, daß dieſer
Vertrag von dem Kaiſer ratificirt, oder von den Heerfüh-
rern angenommen, ja ſelbſt nicht, daß er von dem päpſt-
lichen Befehlshaber ausgeführt werden würde, indem das
Heer der Liga ſich in dieſem Fall ganz von den päpſtlichen
Truppen zu trennen drohte. 2 Aber das bloße Gerücht da-
von, der Anblick eines Geſandten, der von Rom kam und da-
hin zurückeilte, brachte das Heer in Bewegung. 3 Zuerſt murr-
ten die Spanier. Sie drohten, ſie würden ſich zu einem an-
dern Herrn ſchlagen, der ihre Anſprüche beſſer befriedige: al-
lein wen hätten ſie finden ſollen, da ihnen der Kaiſer 8 Mo-
nate den Sold ſchuldig war! es blieb ihnen nichts übrig, als
ſich an die Perſon ihres Heerführers zu halten. Ein Glück daß
Bourbon noch entfliehen konnte: ſein Zelt ward geplündert,
ſein beſtes Kleid fand man den andern Tag in einem Gra-
ben. Und auf der Stelle theilten ſie ihre Aufregung auch den
Deutſchen mit; ſie riefen nur immer: Lanz Lanz, Geld Geld:
das
1 Vertrag bei Bucholtz III, 605. Die Inhaltsangabe bei
Guicciardini (XVIII, 5) ſtimmt damit nicht ganz zuſammen: na-
mentlich findet ſich in dem Text nichts von den 60000 Duc. die nach
Guicciardini gezahlt werden ſollten. Ich moͤchte doch glauben, daß
es noch einige geheime Artikel gab, wie in der Ligue von Cognac.
Vettori ſpricht von 65000 Duc.
2 Dieſe Zweifelhaftigkeiten brachten die paͤpſtl. Agenten in Ver-
zweiflung. „Si è sempre consigliato lo accordo, ma s’intendeva
un accordo che fusse fermo e non dubio e intrigato, come que-
sto che si è fatto in Roma e non osservato in Lombardia.“
3 Sepulveda: VI, 1.
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