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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Besitznahme von Ungern.
des Königs, Casimir von Brandenburg, Georg von Sach-
sen und der alte Kriegsmann Erich von Braunschweig be-
wegen lassen, dem König mit einigen Geschwadern deut-
scher Reiter zu Hülfe zu kommen. Casimir, obwohl er
sich fortwährend zu einer zwar gemäßigten, aber doch un-
zweifelhaft evangelischen Meinung bekannte, ward mit der
Oberanführung beauftragt. Nicolaus von Salm, den wir
in der Schlacht von Pavia, Johann Hilchen, den wir in
der Umgebung Sickingens kennen lernten, finden wir bei
diesem Heer. Es zählte 8000 M. z. F., 3000 z. Pf.
Dem König rieth man anfangs, seine Person nicht zu ge-
fährden: damit es ihm nicht etwa gehe, wie so eben sei-
nem Vorgänger; da er aber in diesem Moment die Nach-
richt erhielt, daß ihm ein Sohn geboren worden, und die
Succession dadurch festgestellt war, so ließ er sich nicht
abhalten, dem Feldzug beizuwohnen. 1

Auch entwickelte sich derselbe nicht sehr gefährlich. Die
ersten Festungen fielen ohne viel Widerstand: Comorn,
Tata, Gran: das treffliche Geschütz, die glühenden Kugeln
brachten die Besatzungen in Verzweiflung. Unaufgehalten
rückten die Deutschen vor. So wie sich zeigte, daß Ferdinand
siegen dürfte, begann der Abfall unter den Anhängern Za-
polyas. Zuerst gieng die Donauflotte über, was eben so
viel militärischen wie moralischen Einfluß hatte; dann trat
der Banus Batthyany, der seine Partei schon ein paar
Mal gewechselt, zu Ferdinand zurück; Peter Pereny, den

1 Ursinus Velius de bello Pannonico, ed. Kollar. Aus
den Vergleichungen bei Katona, der ihn ganz aufgenommen, sieht
man wie sehr Isthuanfi und selbst Zerengh gegen diese gleichzeitigen
und ausführlichen Aufzeichnungen zurücktreten.

Beſitznahme von Ungern.
des Königs, Caſimir von Brandenburg, Georg von Sach-
ſen und der alte Kriegsmann Erich von Braunſchweig be-
wegen laſſen, dem König mit einigen Geſchwadern deut-
ſcher Reiter zu Hülfe zu kommen. Caſimir, obwohl er
ſich fortwährend zu einer zwar gemäßigten, aber doch un-
zweifelhaft evangeliſchen Meinung bekannte, ward mit der
Oberanführung beauftragt. Nicolaus von Salm, den wir
in der Schlacht von Pavia, Johann Hilchen, den wir in
der Umgebung Sickingens kennen lernten, finden wir bei
dieſem Heer. Es zählte 8000 M. z. F., 3000 z. Pf.
Dem König rieth man anfangs, ſeine Perſon nicht zu ge-
fährden: damit es ihm nicht etwa gehe, wie ſo eben ſei-
nem Vorgänger; da er aber in dieſem Moment die Nach-
richt erhielt, daß ihm ein Sohn geboren worden, und die
Succeſſion dadurch feſtgeſtellt war, ſo ließ er ſich nicht
abhalten, dem Feldzug beizuwohnen. 1

Auch entwickelte ſich derſelbe nicht ſehr gefährlich. Die
erſten Feſtungen fielen ohne viel Widerſtand: Comorn,
Tata, Gran: das treffliche Geſchütz, die glühenden Kugeln
brachten die Beſatzungen in Verzweiflung. Unaufgehalten
rückten die Deutſchen vor. So wie ſich zeigte, daß Ferdinand
ſiegen dürfte, begann der Abfall unter den Anhängern Za-
polyas. Zuerſt gieng die Donauflotte über, was eben ſo
viel militäriſchen wie moraliſchen Einfluß hatte; dann trat
der Banus Batthyany, der ſeine Partei ſchon ein paar
Mal gewechſelt, zu Ferdinand zurück; Peter Pereny, den

1 Ursinus Velius de bello Pannonico, ed. Kollar. Aus
den Vergleichungen bei Katona, der ihn ganz aufgenommen, ſieht
man wie ſehr Iſthuanfi und ſelbſt Zerengh gegen dieſe gleichzeitigen
und ausfuͤhrlichen Aufzeichnungen zuruͤcktreten.
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[427/0437] Beſitznahme von Ungern. des Königs, Caſimir von Brandenburg, Georg von Sach- ſen und der alte Kriegsmann Erich von Braunſchweig be- wegen laſſen, dem König mit einigen Geſchwadern deut- ſcher Reiter zu Hülfe zu kommen. Caſimir, obwohl er ſich fortwährend zu einer zwar gemäßigten, aber doch un- zweifelhaft evangeliſchen Meinung bekannte, ward mit der Oberanführung beauftragt. Nicolaus von Salm, den wir in der Schlacht von Pavia, Johann Hilchen, den wir in der Umgebung Sickingens kennen lernten, finden wir bei dieſem Heer. Es zählte 8000 M. z. F., 3000 z. Pf. Dem König rieth man anfangs, ſeine Perſon nicht zu ge- fährden: damit es ihm nicht etwa gehe, wie ſo eben ſei- nem Vorgänger; da er aber in dieſem Moment die Nach- richt erhielt, daß ihm ein Sohn geboren worden, und die Succeſſion dadurch feſtgeſtellt war, ſo ließ er ſich nicht abhalten, dem Feldzug beizuwohnen. 1 Auch entwickelte ſich derſelbe nicht ſehr gefährlich. Die erſten Feſtungen fielen ohne viel Widerſtand: Comorn, Tata, Gran: das treffliche Geſchütz, die glühenden Kugeln brachten die Beſatzungen in Verzweiflung. Unaufgehalten rückten die Deutſchen vor. So wie ſich zeigte, daß Ferdinand ſiegen dürfte, begann der Abfall unter den Anhängern Za- polyas. Zuerſt gieng die Donauflotte über, was eben ſo viel militäriſchen wie moraliſchen Einfluß hatte; dann trat der Banus Batthyany, der ſeine Partei ſchon ein paar Mal gewechſelt, zu Ferdinand zurück; Peter Pereny, den 1 Ursinus Velius de bello Pannonico, ed. Kollar. Aus den Vergleichungen bei Katona, der ihn ganz aufgenommen, ſieht man wie ſehr Iſthuanfi und ſelbſt Zerengh gegen dieſe gleichzeitigen und ausfuͤhrlichen Aufzeichnungen zuruͤcktreten.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/437>, abgerufen am 20.05.2024.