Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.Drittes Buch. Erstes Capitel. weiter reichende Wirkung, auf das Volk unmittelbar mußtedie Übersetzung des Neuen Testamentes haben, die Luther nach seiner Rückkunft mit Melanchthon nochmals durchar- beitete, und mit der er im September 1522 hervortrat. Indem man sich von den Formen los riß, welche Schule und Hierarchie der Lehre gegeben, bot man dagegen die erste Urkunde des Christenthums, in wortgetreuer Übertra- gung, verstanden und verständlich, der Nation dar. Eben war ihr Geist dazu gereift ihren Inhalt in sich aufzunehmen; von dem ächten Ausdruck der unvermittelten Religion ward er in den wichtigsten Momenten seiner Bildung in seiner Tiefe ergriffen und durchdrungen. Von den Wirkungen die- ser Thätigkeit ließ sich alles erwarten. Luther hegte die groß- artige Zuversicht, daß die Lehre allein zum Ziele führen, daß wenn sie durchdringe, schon ganz von selbst eine Umge- staltung der äußern Verhältnisse eintreten werde. Daß er diese Meinung hegen, und durch baldigen Schrift durch eine Vergleichung des ersten Entwurfes von 1520,
der handschriftlich in viele Hände kam, in Strobel's Neuen Beiträ- gen V, p. 323 mit der ersten Ausgabe von 1521, abgedruckt in v. d. Hardts Hist. lit. ref. IV. Drittes Buch. Erſtes Capitel. weiter reichende Wirkung, auf das Volk unmittelbar mußtedie Überſetzung des Neuen Teſtamentes haben, die Luther nach ſeiner Rückkunft mit Melanchthon nochmals durchar- beitete, und mit der er im September 1522 hervortrat. Indem man ſich von den Formen los riß, welche Schule und Hierarchie der Lehre gegeben, bot man dagegen die erſte Urkunde des Chriſtenthums, in wortgetreuer Übertra- gung, verſtanden und verſtändlich, der Nation dar. Eben war ihr Geiſt dazu gereift ihren Inhalt in ſich aufzunehmen; von dem ächten Ausdruck der unvermittelten Religion ward er in den wichtigſten Momenten ſeiner Bildung in ſeiner Tiefe ergriffen und durchdrungen. Von den Wirkungen die- ſer Thätigkeit ließ ſich alles erwarten. Luther hegte die groß- artige Zuverſicht, daß die Lehre allein zum Ziele führen, daß wenn ſie durchdringe, ſchon ganz von ſelbſt eine Umge- ſtaltung der äußern Verhältniſſe eintreten werde. Daß er dieſe Meinung hegen, und durch baldigen Schrift durch eine Vergleichung des erſten Entwurfes von 1520,
der handſchriftlich in viele Haͤnde kam, in Strobel’s Neuen Beitraͤ- gen V, p. 323 mit der erſten Ausgabe von 1521, abgedruckt in v. d. Hardts Hist. lit. ref. IV. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0046" n="36"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Drittes Buch. Erſtes Capitel</hi>.</fw><lb/> weiter reichende Wirkung, auf das Volk unmittelbar mußte<lb/> die Überſetzung des Neuen Teſtamentes haben, die Luther<lb/> nach ſeiner Rückkunft mit Melanchthon nochmals durchar-<lb/> beitete, und mit der er im September 1522 hervortrat.<lb/> Indem man ſich von den Formen los riß, welche Schule<lb/> und Hierarchie der Lehre gegeben, bot man dagegen die<lb/> erſte Urkunde des Chriſtenthums, in wortgetreuer Übertra-<lb/> gung, verſtanden und verſtändlich, der Nation dar. Eben<lb/> war ihr Geiſt dazu gereift ihren Inhalt in ſich aufzunehmen;<lb/> von dem ächten Ausdruck der unvermittelten Religion ward<lb/> er in den wichtigſten Momenten ſeiner Bildung in ſeiner<lb/> Tiefe ergriffen und durchdrungen. Von den Wirkungen die-<lb/> ſer Thätigkeit ließ ſich alles erwarten. Luther hegte die groß-<lb/> artige Zuverſicht, daß die Lehre allein zum Ziele führen,<lb/> daß wenn ſie durchdringe, ſchon ganz von ſelbſt eine Umge-<lb/> ſtaltung der äußern Verhältniſſe eintreten werde.</p><lb/> <p>Daß er dieſe Meinung hegen, und durch baldigen<lb/> Erfolg darin beſtärkt werden konnte, dazu trug vor allem<lb/> die Haltung bei, welche die indeß umgebildeten Reichsge-<lb/> walten annahmen.</p><lb/> <p> <note xml:id="seg2pn_3_2" prev="#seg2pn_3_1" place="foot" n="2">Schrift durch eine Vergleichung des erſten Entwurfes von 1520,<lb/> der handſchriftlich in viele Haͤnde kam, in Strobel’s Neuen Beitraͤ-<lb/> gen <hi rendition="#aq">V, p. 323</hi> mit der erſten Ausgabe von 1521, abgedruckt in v.<lb/> d. Hardts <hi rendition="#aq">Hist. lit. ref. IV.</hi></note> </p> </div><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [36/0046]
Drittes Buch. Erſtes Capitel.
weiter reichende Wirkung, auf das Volk unmittelbar mußte
die Überſetzung des Neuen Teſtamentes haben, die Luther
nach ſeiner Rückkunft mit Melanchthon nochmals durchar-
beitete, und mit der er im September 1522 hervortrat.
Indem man ſich von den Formen los riß, welche Schule
und Hierarchie der Lehre gegeben, bot man dagegen die
erſte Urkunde des Chriſtenthums, in wortgetreuer Übertra-
gung, verſtanden und verſtändlich, der Nation dar. Eben
war ihr Geiſt dazu gereift ihren Inhalt in ſich aufzunehmen;
von dem ächten Ausdruck der unvermittelten Religion ward
er in den wichtigſten Momenten ſeiner Bildung in ſeiner
Tiefe ergriffen und durchdrungen. Von den Wirkungen die-
ſer Thätigkeit ließ ſich alles erwarten. Luther hegte die groß-
artige Zuverſicht, daß die Lehre allein zum Ziele führen,
daß wenn ſie durchdringe, ſchon ganz von ſelbſt eine Umge-
ſtaltung der äußern Verhältniſſe eintreten werde.
Daß er dieſe Meinung hegen, und durch baldigen
Erfolg darin beſtärkt werden konnte, dazu trug vor allem
die Haltung bei, welche die indeß umgebildeten Reichsge-
walten annahmen.
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2 Schrift durch eine Vergleichung des erſten Entwurfes von 1520,
der handſchriftlich in viele Haͤnde kam, in Strobel’s Neuen Beitraͤ-
gen V, p. 323 mit der erſten Ausgabe von 1521, abgedruckt in v.
d. Hardts Hist. lit. ref. IV.
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